Von Fledermäusen, Schleiereulen -einer uralten Scheune

Johann Baptist Hölzern, Üxheim/Heyroth

Sie waren alles andere, als golden, die 30er Jahre, in denen sich noch die negativen Folgen des verlorenen Weltkrieges 1914/18 vergegenwärtigten und dazu beitrugen, dass eine zunehmende wirtschaftliche Stagnation sich drohend abzeichnete. Nur die Tier- und Pflanzenwelt schien dort, wo kleine Kampfhandlungen stattgefunden hatten, sich in einigermaßen heilem Zustand zu befinden. Heute ist manche Art einfach

Scheune in Heyroth um 1925.

Foto: Archiv Farn. Jakob Kaiser, Kirchweiler

verschwunden, oder man kann sie höchstens noch an jenen Orten vorfinden, wo ihnen- nicht durch sogenannten intensiven Fortschritt und unverträglicher Chemikalie ihre Existenz und Lebensgrundlage entzogen wurde. Noch nicht!

Zu jenen Tierarten, die vor den letzten Jahrzehnten noch häufig zu beobachten waren, gehören auch die Schleiereulen und Fledermäuse, die schon allein wegen ihrer Nützlichkeit geschätzt werden und man bedauert es daher heute sehr, dass man nur selten etwas von ihrer Anwesenheit bemerkt.

So war es noch in den zwanziger und dreißiger Jahren ergötzlich zu beobachten, wie zahlreiche Fledermäuse in den Abendstunden mit ihren dünnbehäuteten Flügeln flatternd, im niedrigen Flug zwischen den Häusern kreisend nach Insekten jagten. Und der helle Ruf des Käuzchen zu später Nachtstunde, auch ihn kann man nur noch selten hören.

Aber noch bedauerlicher ist es, die stolze Schleiereule vermissen zu müssen, sie nicht mehr zu sehen, wie sie in den späten Abend- oder Nachtstunden, mit schwerem Flügelschlag ihr örtliches Jagdrevier kontrolliert. Wo sind sie alle jetzt? Warum haben sie sich aus unserer Nähe entfernt? Oder gibt es, aus welchen Gründen auch immer, nur noch wenige von ihnen? In diesem Zusammenhang sei hier eine Begebenheit aus einer Zeit wiedergegeben, in der Schleiereulen, Fledermäuse und auch andere Arten von Tieren oft noch zu beobachten waren, die man heute kaum noch zu Gesicht bekommt. Auch der Abriss einer über 400 Jahre alten Fachwerk-Scheune wird geschildert, deren noch mit Stroh gedecktes Dach stellenweise bereits mit dunkelgrünem Moos überzogen war, und trotzdem keinen Regen durchsickern ließ. Es war nicht das Alter oder etwa eine Baufälligkeit, weshalb sich meine Eltern zum Abriss der Scheune entschließen mussten. Es war einfach in erster Linie der ungünstige Platz, auf dem diese stand, weil der für eine dringend notwendige Baumaßnahme benötigt wurde. Ein Schreck durchfuhr mich, als ich vom Vorhaben meiner Eltern erfuhr. Voller Erregung hatte ich ausgerufen: »Und was passiert mit unseren Eulen, die oben im Giebel ihr Nest haben und jedes Jahr dort brüten?« Mich beruhigend, hatte mein Vater mir versprochen, schon einige Wochen vor dem Brüten die Scheune abzureißen. Dann könnten die Schleiereulen sich noch einen anderen Nestplatz suchen. Trotzdem war ich etwas traurig, in Zukunft nicht mehr die ausgeschlüpften und fast flüggen Schleiereulen hoch im Giebel sitzen zu sehen, die uns mit ihren großen runden Augen unten auf dem Scheunenboden betrachteten. Das Abreißen geschah auf eine schnelle und originelle Art. Alle sechs tragende Pfeiler der Scheune wurden fast durchgesägt, an deren Außenpfeiler sehr lange Ketten befestigt und an diese vier Kühe angespannt. Acht Mann standen noch als zusätzliche Zugkräfte bereit. Auf Kommando wurden die Kühe angetrieben. Die Männer griffen jetzt ebenfalls und gleichzeitig ziehend in die Ketten, und dann krachte es berstend. Eine haushohe gelbliche Staubwolke, entstanden aus den großen Mengen des nusstrockenen Lehms, herausgeschleudert aus den Fachwerkteilen der alten Scheune, in der über 400 Jahre unzählige Getreidegarben und duftendes Heu untergebracht wurden.

Da lag sie nun, ein großer Haufen kerniger Eichenbalken, vermengt mit Lehm und den Überresten der aus Nussheckenruten hergestellten Fachwerkgeflechte und es dauerte eine Weile, bis sich auch der restliche Staub verzogen hatte. Es war nun ganz hell in der Küche geworden, denn die alte Scheune, die nur wenige Meter gegenüber dem damals noch kleinen Wohnhaus gestanden hatte, überließ diesem das ganze Jahr hindurch kaum eine Chance, von der Sonne voll erfasst zu werden. Nach wenigen Tagen war bereits das Restgebälk weggeräumt und mit ihm auch die sichtbaren Spuren der letzten baulichen Zeugin aus dem 15. Jahrhundert von Heyroth.