Gelb im Abseits

Marianne Schönberg, Jünkerath

Wer mit dem Auto unterwegs ist, braucht ab und an eine Pause, für den Menschen, für den Hund. Eine stille Ecke am Wald, das ist's. Doch solche Freiräume werden auch zum Entsorgen genutzt, illegal, regelmäßig. Da kommt alles hin, was der Mensch nicht mehr benötigt - Bauschutt und Blech, Obstreste... unser Haltepunkt hatte diesmal in einer Ecke etwas Gelbes, wie überreife Äpfel sah's von weitem aus.

Es waren Quitten. Selten wird diese Frucht in der Eifel angebaut und mit der Verwertung tun sich die Gartenfreunde wohl schwer, weshalb sonst dies Endlager? Herrlich leuchteten die birnenförmigen Früchte, buchstäblich quittegelb. Das verlockte zum Anschnitt. Welch ein Duft! Dann die Enttäuschung, das Innere ist hart wie Holz und sicher gar nicht zu verwerten - oder ?

Da war doch was, als ich Kind war, im Krieg, Mutter bekam einen Korb Quitten geschenkt. Wie sie die verarbeitete, weiß ich nicht mehr, aber Gelee gab's und das aßen wir mit großer Andacht - es schmeckte wunderbar, eine Rarität in dieser Zeit und Mutter erzählte uns, wie mühsam das Schälen und Entkernen war. Also wenn sie das konnte, dann wird's nun auch versucht. Im Auto fand sich eine Plastiktüte und hinein kam der brauchbare Teil der Früchte.

Zu Hause ging's zur Sache. Die überreifen GELB-BIRNEN konnte ein normales Schälmesser nicht zerteilen, das musste was Kräftigeres her. Betörend der Duft, das ganze Haus war voll davon und ich erinnerte mich, dass die Tanten früher davon erzählten, sie haben so eine Frucht in den Wäscheschrank gelegt. Was tut man mit den harten Obststücken? Sie sind Apfel und Birne ähnlich, also kommen sie in den Entsafter. Nach unglaublich langer Garzeit setzt sich unten im Topf eine helle Flüssigkeit ab. Dass sich aus diesem Kochgut Saft bildet, ist beinahe unverständlich. Und dann wird draus Gelee gekocht. Das Ergebnis: vier Glas herrlicher Brotaufstrich von feiner Färbung, eine Mischung aus Honiggelb und Samtrosa - etwas Besonderes. Muss ich betonen, dass es wunderbar schmeckt? In keinem Markt kann man so etwas kaufen, das feine Aroma ist ein Genuss, schade, dass die Besitzer des Baumes nichts davon wissen. Oder scheut man heute die mühevolle Verarbeitung? Dann sollte man die Früchte verschenken, wenn sie reif und gut sind, nicht auf den Müll bringen und verderben lassen.

Die Quitte - von den Griechen wurde sie kydonischer Apfel genannt - ist ein Kernobstgewächs mit weißen, selbstfruchtbaren Blüten, apfel- oder birnenförmigen, meist behaarten Früchten. In Süddeutschland sieht man sie oft zwischen heimischen Obstbäumen, sie fallen durch ihre intensive Farbe auf. Roh sind sie nicht essbar, wegen des harten Fruchtfleisches. In Kydonia auf Kreta war die Quitte der griechischen Liebesgöttin als heiliger Baum geweiht, und als Unterpfand einer glücklichen Ehe erhielt der Ehemann solch eine Frucht bei der Hochzeit. Die Römer weihten die schönen Gelben Aphrodite und Venus, nutzten sie als Liebesgeschenk und so etwas wirft man heute zum Müll. Doch manchmal holt uns die Vergangenheit ein, schenkt der Gegenwart - kaum beachtet - herrliche Gaben. Zugreifen muss man allerdings selbst.