Vor 100 Jahren

durch das schöne Eifelland

Felicitas Schulz, Hillesheim

Gäste aus den Niederlanden hatten sich in Hillesheim einquartiert und zu einer Stadtführung angemeldet. Sie waren im bequemen Auto angereist und nicht zu Fuß wie ihre Vorfahren von Maastricht kommend über Losheim, Prüm, Büdesheim, Gerolstein auf den Tag genau nach 100 Jahren an einem hochsommerlichen Augusttag 1998 in Hillesheim eingetroffen. Ihr Großvater, der Holländer Door H. C. Albers, und seine zwei Söhne durchwanderten 1898 die Eifel. Der im Mai 1888 von Dr. Adolf Dronke in Bad-Bertrich gegründete Eifelverein hatte sich auch in den Niederlanden mit Beiträgen und vorgegebenen Wanderstrecken bekannt gemacht. Nun kamen fünf zum Teil schon hochbetagte Enkel des H. C. Albers mit dem Auto aus den Niederlanden nach Hillesheim und übernachteten, so wie ihr Großvater und ihre Väter, im Hotel Fasen. Sie hatten es sogleich nach einer Skizze in den Aufzeichnungen freudig wiedererkannt. Unter dem 10. August von 1898 ist folgendes nachzulesen: »Wir waren schon sehr früh von Prüm aufgebrochen, weil an diesem Tage ein hoher Kirchenmann aus Trier kommen sollte und alle Leute ihre Häuser putzten, die Wege kehrten und uns bei allem nicht gebrauchen konnten. Der Nebel ging langsam weg und ließ uns die schöne Landschaft mit den fruchtbaren Äckern, voll mit goldgelbem Korn und grünem Hafer sehen.

Um neun Uhr durchlaufen wir Büdesheim. Es ist ein großes Dorf mit vielen Misthaufen. Am Brunnen, wo wir Wasser tranken, erzählten uns Frauen, dass hier eine Butterfabrik von 24 Ackerbauern ist, die zusammen ihre Milch zu Butter verarbeiten. Weiter ging unsere Fußreise und wir sahen gutes Holz, wilde Blumen und seltene Pflanzen. Einige pflücken wir und legten sie in unsere Wandermappe, um sie am Abend genauer anzusehen und ihren Namen zu erfahren. Im Dorf Lissingen haben wir die Mühle angeschaut, die vom Wasser der Kyll getrieben wird. Schilder sahen wir, die uns auf die Maul- und Klauenseuche aufmerksam machten, die in den Ställen ausgebrochen war. Wir lasen, dass die Menschen hier nur abgekochte Milch verwenden sollen. Wir ziehen weiter nach Gerolstein. Schon aus der Ferne sehen wir Felsen, die uns die Entstehung der Eifel mit ihrer geologischen Vergangenheit in Jahrmillionen zeigt und erkennen auf der anderen Talseite Reste einer Burg, die nur noch traurig in den Himmel ragen. Wir rasten vor einem schönen alten Haus und halten die Füße in einem kühlen Brunnen. Weiter ging es, vorbei am Kasselberg, wo früher Ritter lebten, durch das Kylltal, rechts und links an Felsen vorbei. Unser Weg führte an der Eisenbahnstrecke von Trier nach Euskirchen entlang, wo die Planer sorgfältig die Höhen vermieden. Sieht man zurück, wie die Eisenbahn sich durch das Tal schlängelt, so macht das auf uns den Eindruck, als wäre es Spielzeug für Kinder. In Pelm sehen wir eine besonders große Wassermühle und viele bäuerliche Betriebe, Misthaufen von beträchtlichem Umfange und dementsprechendem Geruch... und nach kurzer Pause kommen wir in das Dorf Rockeskyll mit einigen guten alten Bauernhäusern und vielen Kühen auf den Wiesen. Kinder sitzen unter einer dicken Buche und lassen Ziegen an Hecken fressen. Nachdem wir auch dieses Eifeldorf verlassen haben, schöne weite Blicke uns erfreuten, sehen wir von einer lieblichen Anhöhe aus um fünf Uhr am Nachmittag nach Hillesheim hinein. Im Hotel Fasen übernachteten wir und sammelten Kraft für die Weiterreise. Hillesheim ist ein schönes Städtchen, nicht sehr groß, aber größer als alle anderen Dörfer, die wir auf unserer Fußreise heute sahen. Alte Mauern, teilweise restauriert, ziehen unser Interesse an und wir denken, dieser Eifelplatz muss früher einmal bedeutend gewesen sein.

Die Misthaufen sind hier weniger wie anderswo. Viele gute Handwerker leben in diesem Ort. Das sehen wir an den Schildern und den dazugehörigen Arbeitszeug. Das Umland ist schön, nicht so eingeengt zwischen Felsen und hohen Bergen und man trifft, wie in vielen Dörfern, Gerbereien und Händler an. In der Eifel gibt es gutes Leder von höchster Qualität, was schon der Franzosenkaiser Napoleon Bonaparte zu schätzen wusste. Jeder trägt hier Schuhe, die schwer mit Nägeln beschlagen sind. Holzschuhe werden nicht getragen. Im Winter muss es sehr kalt sein; denn in den Häusern stehen große Öfen und viele Menschen beschäftigen sich, um Holz für den kommenden Winter zu machen, welches an den Häusern aufgestapelt ist. Bei einem Schuhmacher, gleich gegenüber vom Hotel haben wir am Abend noch unsere Schuhe nachbessern lassen, da sie während der Bergreise sehr gelitten haben. Am nächsten Morgen, dem 11. August 1898, laufen wir nach Berndorf. Die Luft war um half fünf Uhr noch sehr frisch und alles von tiefer Ruhe, denn in der Eifel stehen die Menschen nicht so früh auf. Bald kamen die ersten Sonnenstrahlen hervor und die Glocken von Berndorf vermischten sich mit anderen Dorfglocken im Tal. Allmählich wurde es auf dem Weg lebhafter durch Menschen und Tiere, die uns begegneten, weil in Hillesheim heute Viehmarkt ist. Wir kamen zu dem Dorf Kerpen, wo ein Herr aus Köln Bauarbeiten an seinem neuen Haus, das wie eine Villa aussah, machen ließ. Wir passierten Nollenbach und erfreuten uns an mehreren vulkanischen Bergen in der Ferne, sahen Kalbrennereien, wo fleißige Männer mit mancherlei beschäftigt waren, gingen bergauf, bergab und erreichten Ahütte. Nach einer Pause unter schattigen Laubbäumen marschierten wir mit unseren Bergschuhen weiter nach oben und gelangten bei brennender Hitze an den großen Weg, der uns nach Nohn in ein wunderschönes Bergdorf führte.« Die Geschwister Albers verfolgen im August 1998 nur einen kleinen Teil der eindrucksvollen Eifelreise ihrer Vorfahren und zogen es vor, statt an die Ahr zu wandern, die reizvollen Dauner Maare, das Herzstück der Vulkaneifel im Auto zu erkunden. Einen besonderen Dank sprachen sie dem Eifelverein aus, denn schon ihr Großvater und nun auch sie orientierten sich an Kartenmaterial, welches dieser Verein herausgegeben hatte. Zugleich versicherten sie, dass sie und ihre Familie demnächst wiederkämen, um dieses Land mit seinen grünen Bergen, den Burgen und Vulkankegeln sowie den freundlichen Menschen zu besuchen.