Von der Mark zum Euro

Erich Mertes, Kolverath

Im Heimatjahrbuch 1991 schrieb ich anlässlich der erfolgten Wirtschafts- und Währungsunion der Bundesrepublik Deutschland mit der untergegangenen DDR zum 1. Juli 1990: »Das zwanzigste Jahrhundert ist nicht nur ein Jahrhundert der Weltkriege, sondern auch der Währungsreformen.«

Nun ist die Einführung des Euro zwar keine Währungsreform, sondern »nur« eine Währungs-Umstellung, aber sie wird dennoch künftig unsere monetären Gewohnheiten so gründlich verändern, wie das für uns Deutsche seit der Reichsgründung 1871 nicht mehr geschehen ist. Damals prägten auch die vielen Bundesstaaten erstmals reichseinheitlich, aber umgekehrt zum Euro prägten die regierenden Fürsten auf der Vorderseite (Avers) der Silbermünzen von 2, 3 und 5 Mark ihr Porträt, während auf der Rückseite (Revers) dieser Silbermünzen einheitlich der Reichsadler zu sehen war. Beim neuen Euro ist das umgekehrt:

Auf der Vorderseite tragen alle Euro-Münzen von l Cent (= 1/100 Euro) bis 2 Euro die gleiche Prägung, während die Rückseiten der Münzen nationale Motive tragen. Für Deutschland wurden zunächst Bundesadler, Brandenburger Tor und Eichenlaub ausgewählt.

Zur Geschichte der Mark

Die Mark ist seit dem hohen Mittelalter eine monetäre Rechnungseinheit, aber zunächst als Gewichtsmark. Vom 8. bis 13. Jahrhundert war der Pfennig, lateinisch Denarius, die einzige Umlaufmünze. Es war eine Silberwährung mit hoher Kaufkraft. Unter den Karolingern (768-918) war der Denar oder Pfennig eine reichseinheitliche Währung. Die Nachfolger Karls des Großen jedoch vergaben zunehmend Münzprägerechte an geistliche und weltliche Herren wie Erzbischöfe und Kurfürsten. Diese prägten aber nicht mehr reichseinheitlich. So war um 1100 die Periode des regionalen Pfennigs entstanden. Mit ihm kam die reichseinheitliche Münzordnung der Pfennigwährung zur Auflösung. Die einzelnen Münzherren prägten ihre Pfennige (noch immer gab es keine anderen Nominale) mit mehr oder minder starkem Silbergehalt, Größe und Gewicht. So unterschied man zum Beispiel in unserem Raum der Ei-fel zwischen Kölner Pfennigen (Denaren) und Trierer Pfennigen (Denaren). Die Kölner Pfennige waren doppelt so viel wert als die Trierer, darum hießen sie auch schwere Pfennige, gegenüber den leichten Trierer Pfennigen.

Dem Pfennig lag ursprünglich das karolingische Pfund (etwa 367g) als Münzgewicht zugrunde. Aus dem Pfund wurden 240 Pfennige geschlagen, das waren 20 Schillinge zu je 12 Pfennig. Dieses Währungsverhältnis bestand in England noch bis 1971 (l Pound = 20 Shilling zu 12 Pence).

Mit der Entwicklung des regionalen Pfennigs wandelte sich die Währungsgrundlage zur Mark. Die Mark war ursprünglich eine nordgermanische Gewichtseinheit von etwa 2/3 des römischen Pfundes (latPondus = 327,5 g). Von den verschiedenen Markgewichten setzte sich im 12. Jahrhundert die Kölner Mark (233,856 g) allgemein durch. Von dieser Mark Feinsilber wurden 144 schwere (Kölner) oder 288 leichte (Trierer) Pfennige geprägt. Im 13. Jahrhundert wurde danach in folgenden Währungsverhältnissen gerechnet: l Pfund = 20 Schilling zu 12 Pfennig (Denare) = 240 Pfennige.

l Mark= 12 Schilling zu 12 Pfennig (Denare) =144 Pfennige.

Diesen Nennwerten begegnen wir stets in alten Urkunden aus jener Zeit. Der Schilling gilt dabei immer als Zählmaß zu 12 Pfennig. Anfangs galt bei den Franken/Merowin-gern ein Schilling (Solidus) sogar 40 Denare (Lex Salica). Es ist schon interessant zu erfahren, dass sich die Bezeichnung Schilling bis heute erhalten hat. In Österreich ist der Schilling bis zur Einführung des Euro noch Staatswährung (seit 1924). Vergleichbar ist unser Groschen, der ja seit der Währungsreform 1871 nicht mehr geprägt wird, sich aber bis heute für das 10-Pfennig-Stück erhalten hat. Das wird mit der Einführung des Euro verschwinden. Ähnlich ist es auch in Holland, wo man heute noch die Fünfcentmünze als Stüber (Stuiver) bezeichnet. Auch das wird sich mit der Einführung des Euro ändern.

Im späten Mittelalter, vom 14. bis 15. Jahrhundert, entfaltet sich die Groschenwährung. Von Frankreich kommt seit 1266 der »Grossus Turonensis« im Wert von einem Schilling, also 12 Pfennigen. Nach diesem Vorbild entwickeln sich Turnose, Groschen und Albus (Weißpfennig). Mit beginnender Neuzeit, im 15. bis 16. Jahrhundert, kommt die Guldenwährung auf. Ursprünglich schon im 13. Jahrhundert als »gülden penning« in Florenz geprägt, eine Goldmünze, nach ihrer Herkunft auch Floren (Florin) genannt. Goldgulden nannte man im 14. Jahrhundert die nach dem Florentiner Vorbild bei uns geprägten Goldmünzen, nach dem Münzverein der vier rheinischen Kurfürsten (1386) auch Rheinischer Gulden, der zuerst als Goldgulden, später als Silbergulden geprägt wurde. 1484 prägte man den Gegenwert erstmals in einer Großsilbermünze, den Guldengroschen oder schlicht Guidiner. Wenige Jahrzehnte später werden diese Großsilbermünzen aus Joachimsthal in Böhmen nach ihrer Herkunft Thaler Groschen und schließlich einfach Thaler genannt. Der Gulden ist bis heute in den Niederlanden Währung (hfl) und mündet mit der deutschen Mark in den Euro. Vom 16. bis 19. Jahrhundert wird der Taler die Hauptsilbermünze, geprägt in Taler, Doppeltaler, Halbtaler, Vierteltaler (= Ort), Sechsteltaler usw. Die Hauptgoldmünze wird nach 1559 der Dukat. Der Gulden tritt gegenüber dem Taler zurück. Er ist geringhaltiger als der Reichstaler, also weniger wert. Der Taler, zuletzt Vereinstaler, wurde erst 1907 außer Kurs gesetzt. Der Name Taler galt noch lange für drei Mark. In den USA lebt er als Dollar (Daler) weiter fort.

Die Bezeichnungen Taler, Reichstaler, Spezietaler, Kuranttaler und Vereinstaler lassen schon die Kompliziertheit der Währungsverhältnisse in den vergangenen Jahrhunderten ahnen. Im deutschen Kaiserreich wurde 1871 die Reichsgoldwährung nach Mark und Pfennig geschaffen (Münzgesetze von 1871 und 1873). Eine Mark hatte seitdem einheitlich 100 Pfennig. Die Durchführung der Währungsumstellung von 1871 dauerte Jahre, ähnlich wie beim Euro. Erst ab 1.1.1875 wurden im Reichspostgebiet neue Postwertzeichen in Reichsmarkwährung, also Pfennige und Mark, eingeführt, und ab 1. Januar 1876 war die neue Reichswährung im gesamten Reichsgebiet verbindlich gültig. Seitdem hatten wir in Deutschland die Markwährung, 1923/24 als Rentenmark, 1924-1948 als Reichsmark, seit 1948 als Deutsche Mark (DM) im Westen des geteilten Deutschlands. Im Osten Deutschlands, in der DDR, galt von 1968-1990 die Mark (DDR-Mark), vorher dort als Mark Deutscher Notenbank (MDN) be-

 

zeichnet. Wenige Monate vor der politischen Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990, schlössen sich die Bundesrepublik Deutschland und die DDR bereits am 1. Juli 1990 zu einer Wirtschafts-, Währungs und Sozialunion zusammen. Seit dieser Zeit (1.7.1990) galt in ganz Deutschland die Deutsche Mark (DM), bis zur Währungsumstellung in Euro.

Zur Geschichte des Euro

Die Geschichte des Euro beginnt mit den Bestrebungen zur Europäischen Gemeinschaft nach dem Zweiten Weltkrieg. Den Anstoß dazu gab der französische Außenminister Robert Schumann 1950. Der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer suchte die Annäherung an Frankreich und unterstützte den »Schumann-Plan«. 1957 kamen die Römischen Verträge zustande; sechs Staaten gründeten die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG): Frankreich, Westdeutschland (BRD), Belgien, Luxemburg, die Niederlande und Italien.

1969 treffen sich die Staatsund Regierungschefs der Europäischen Gemeinschaft (EG) in Den Haag. Dort wird unter anderem die stufenweise Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) bis 1980 beschlossen. 1978 beschließt der Europäische Rat, ein Europäisches Währungssystem (EWS) und eine Europäische Währungseinheit zu schaffen. Das EWS trat am 1.1.1979 in Kraft, die Europäische Währungseinheit »European Currency Unit« (ECU) wurde geboren. Die ECU kann als Vorläufer des Euro betrachtet werden, aber sie war keine greifbare Währung in Münzen und Banknoten, sondern eine künstliche Währung als Recheneinheit, vergleichbar mit der Recheneinheit Mark im deutschen Mittelalter. 1989 beschließt der Europäische Rat in Straßburg die Einberufung einer Regierungskonferenz zur Ausarbeitung von Wirtschafts- und Währungs-Union (WWU) und politischer Union. 1992 Vertrag von Maastricht. Die Mitgliedstaaten einigen sich auf den Vertrag über die Europäische Union (EU). 1993; das Bundesverfassungsgericht bestätigt am 12.10. die Verfassungsmäßigkeit des Vertrages über die Europäische Union. Am 29.10.93 entscheiden die zwölf Regierungschefs in Brüssel, dass der Sitz des Europäischen Währungsinstituts (EWI) in Frankfurt am Main sein soll. Das EWI wird zum Beginn der EG-Währungsunion in die Europäische Zentralbank übergehen. Der Beginn der EG-Währungsunion wird für das Ende des Jahrzehnts geplant. Am 1.11.1993 tritt der Maastrichter Vertrag in Kraft. Die Europäische Union (EU) ist gegründet. Die Wirtschafts- und Währungsunion wird in mehreren Stufen verwirklicht. Die erste Stufe begann bereits 1990. Damals wurden alle Beschränkungen im Kapitalverkehr zwischen den Staaten der Europäischen Union (EU) aufgehoben. Die zweite Stufe begann 1994 und endete 1998. Im Mai 1998 haben die Staats- und Regierungschefs auf der Grundlage der ökonomischen Daten von 1997 geprüft, welche Staaten die strengen Aufnahmebedingungen, die sogenannten Kovergenzkriterien, für die 1999 beginnende Währungsunion erfüllt haben. Es waren elf Länder, welche die Voraussetzungen dafür geschaffen hatten: Belgien, Deutschland, Frankreich, Finnland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien. Der Umrechnungskurs der Landeswährung dieser Länder zum neuen Euro wurde endgültig per 1.1.1999 festgelegt. Er beträgt für:

Belgien 40,3399

Belg. Franc l Euro

Deutschland: 1,95583

D-Mark l Euro

Frankreich 6,55957

Franz. Franc l Euro

Finnland 5,94573

Finnmark l Euro

Irland 0,787564

Irisches Pfund l Euro

Italien 1936,27

Ital. Lira l Euro

Luxemburg 40,3399

Luxemb. Franc l Euro

Niederlande: 2,20371

Holland. Gulden l Euro

Österreich 13,7603

Österr. Schilling l Euro

Portugal 200,482

Portug. Escudo l Euro

Spanien 166,386

Span. Peseta l Euro

Die dritte Stufe zur Einführung des Euro begann am 1.1.1999 und endet im Jahre

2002 unserer Zeitrechnung. Seit dem 1. Januar 1999 kann man Überweisungen in der Landeswährung (für uns Deutsche die DM) oder in dem nun gültigen Euro tätigen.

Währungsschwankungen  gibt es seitdem in diesen elf Ländern der Währungsunion nicht mehr, aber es gibt noch keine Münzen und Banknoten in Euro.

Die Ausgabe des Eurogeldes erfolgt Anfang des Jahres 2002. Der Gesetzgeber hat eine Umtauschfrist von zwei Monaten vorgesehen. Ab dem 1. März 2002 ist unsere geliebte alte D-Mark ungültig als gesetzliches Zahlungsmittel. Aber auch noch später kann man die alte in die neue Währung bei den Banken umtauschen.

Die Euro-Münzen und -Banknoten:

Zunächst sei vorbemerkt, dass seit der Römerzeit der Staat bei uns das Recht der Münzprägung (das Münzregal) hat. So werden also auch künftig die Finanzminister der elf Länder die Euro-Münzen prägen lassen, die diese dann an die Europäische Zentralbank »verkaufen«, denn nur die EZB hat das Recht, die Münzen in Umlauf zu bringen. Vor diesem Hintergrund verstehen wir, warum die neuen Euro-Münzen der verschiedenen Länder auf der Vorderseite alle gleich aussehen, auf der Rückseite aber nationale Symbole tragen. Es gibt fürs erste acht Münz-Nominale, nämlich 1,2,5, 10, 20 und 50 Cent (Pfennig = 1/100), sowie l und 2 Euro.

Die l und 2 Euro-Münzen sind zweifarbig, daran müssen wir Deutschen uns erst gewöhnen. In anderen Ländern, zum Beispiel Italien, gibt es schon seit längerem zweifarbige Müö2eH. Die neuen Euro-Münzen tragen bei unseren deutschen Prägungen auf der Rückseite (Revers) die nationalen Motive Eichenlaub , Brandenburger Tor und Bundesadler. Dabei gilt das Eichenlaub für die kleinen, kupfernen Nominale l, 2 und 5 Euro-Cent; das Brandenburger Tor für die messingfarbenen 10, 20 und 50 Cent. Der Bundesadler steht auf den zweifarbigen ein und zwei Euro-Münzen auf der Rückseite der Münzen.

Das Recht, Banknoten zu drucken, besaß bei uns nur die Bundesbank, unabhängig, frei von politischer Bevormundung. Mit der Einführung des Euro am 1. Januar 1999 ging dieses Recht auf die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt am Main über (ein sichtbares Zeichen übernommener deutscher Geldwertstabilität mit der D-Mark als Vorbild). Der Druck der Euro-Banknoten wird seit 1998 nach Genehmigung der Europäischen Zentralbank (oder des EWI) durch die nationalen Notenbanken vorgenommen. Die Europäische Zentralbank ist genau wie die frühere Deutsche Bundesbank der Geldwertstabilität verpflichtet. Als erstes werden sieben verschiedene Euro-Banknoten herausgegeben, nämlich die Nominalwerte von 5, 10, 20, 50, 100, 200 und 500 Euro. Gemäß der gemeinsamen Währung tragen auch alle Euro-Banknoten auf der Vorder- und Rückseite einheitlich gleiche Abbildungen, die sich von Nennwert 211 Nennwert ändern. Je größer der Nennwert, desto größer ist auch die Banknote im Umfang. Der Fälschungsschutz der Euro-Banknoten wird durch mehrere Sicherheitsmerkmale gekennzeichnet, so das spezielle Banknotenpapier mit integriertem Wasserzeichen, der Sicherheitsstreifen, die reflektierende Folie.

Im Zweifelsfall bringt man eine Banknote zur Bank, bevor man sie annimmt. Dieses Angebot wird jeden Fälscher sofort in die Flucht schlagen. Möge der neue Euro im 21. Jahrhundert unserer Zeitrechnung so stark werden wie unsere geliebte D-Mark, die wir auf dem Euro-Altar opfern und wehmütig verlassen.

Möge der Euro darüber hinaus die Staaten Europas auch zu einer politischen Einheit führen.

Anmerkungen:

Jahrbuch Kreis Daun 1991, 21 ff und 1998, 80 ff. e.m.

Literatur

- Eifeljahrbuch 1992, Währungen in der Eifel, Sonderdruck, e.m.

- Europa 2000, Die Europäische Union, Presse und Informationsamt der Bundesregierung.

- Europa in 100 Stichworten.

- Europäische Gemeinschaft/ Europäische Union, ebda.