Wie war das denn früher?

Christa Feltgen, Steffeln

Gegen Ende eines jeden Jahres hören die Menschen beim Weihnachtsgottesdienst stets die Worte des Apostels Lukas von der Geburt des Heilands. Dabei machen sie sich nur noch flüchtig Gedanken darüber, warum es wohl heißt: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt... Diese Windeln waren natürlich ein ganz besonderes Zeichen, damit die Hirten das heilige Kind auch finden sollten. Maria und Josef waren ja schließlich nicht die einzigen Gäste, die in Bethlehem untergekommen waren. Normalerweise waren Windeln im Orient nicht üblich. Die Kinder froren in diesem Klima nicht, es wäre eher lästig für sie gewesen und sie hätten darin geschwitzt. Wäre es in einer Nacht doch einmal zu kalt geworden, hätten die Frauen eine Decke über das Kind gelegt oder es mit ihrem eigenen Gewand eingehüllt. Obwohl es in unseren Breiten viel kälter ist, gab es auch hierzulande lange keine Windeln für die kleinen Kinder. Reiche Leute konnten es sich leisten, ihre Nachkömmlinge in leinene Tücher zu wickeln, wobei man manchmal des Guten schon fast zu viel tat. Bei den ärmeren Menschen lagen die Kleinen auf Stroh und alten Leinentüchern, die sonst nicht mehr zu gebrauchen waren. Sie wurden mit den Tüchern und Kissen zugedeckt, die man eben in einem Haushalt zur Verfügung hatte, und oft waren das nicht eben viel. Das war nicht herzlos, man hatte damals ein ganz anderes Verhältnis zur Nachkommenschaft. Wenn die kleinen Kinder, die um die Jahrhundertwende geboren wurden, groß genug waren, um herumlaufen zu können, bekamen sie Röckchen oder Kleidchen angezogen, auch die Knaben, und darunter... nichts! Man war damals einfach nicht in der Lage, Windeln oder Höschen in genügender Menge anzuschaffen und auch nicht in der Lage, sie dauernd zu waschen, wie es heute geschieht und mit Hilfe einer Waschmaschine kein Problem mehr ist. War früher einmal ein Malheur passiert, wurde höchstens der kleine Popo mit einem alten Lappen abgewischt. Es kam aber auch vor, dass man bei schönem Wetter das Hinterteil des Kindes einfach unter die Hofpumpe hielt und mit einem Strohwisch nachputzte. Da kann man sich vorstellen, dass es viele der Kleinen unter diesen Umständen, besonders wenn diese Reinigung von älteren Geschwistern unsanft ausgeführt wurde, vorgezogen haben, schnell sauber zu werden. Es ist eben ein Unterschied, ob es da unten herum kalt ist oder ob man eine warme weiche Pampers anhat. Obwohl um die Jahrhundertwende das Kinderkriegen eine gefährdete Angelegenheit war, weil viele der Kleinen noch vor oder bei der Geburt starben oder die Mütter vom Kindbettfieber hingerafft wurden, ging man trotzdem mit dem Nachwuchs rauher um, wie wir es heute von den Eltern gewöhnt sind. In Familien, die oft mit mehr als zehn Kindern gesegnet waren, konnte man sich solche Hingabe an die Kindererziehung gar nicht leisten. Die gewebten, viereckigen Windeln, die unsere Mütter und Großmütter noch kannten und unzählige Male wuschen und bügelten, bis ihr Kind nicht mehr in die Hosen machte, gab es erst, seitdem mechanische Webstühle Tücher am laufenden Band herstellen konnten. Von da ab gab es auch Verbandszeug genug, woran es vorher oft großen Mangel gegeben hatte.

Als es nach dem 2. Weltkrieg den Menschen wieder etwas besser ging, wurden auch die kleinen Kinder besser versorgt. Die Mütter waren viel aufgeklärter, was die Hygiene angeht. Es gab Fertigbrei und Obst und Gemüse in Gläschen, wenn die Hausfrau einmal keine Zeit hatte, so etwas selbst zu kochen. Aber mit dem Windelwaschen kam eine noch so gute Hausfrau auch damals kaum nach, besonders dann, wenn das Kleine einmal kränkelte. Der Eimer, in dem die Windeln solange eingeweicht wurden, bis man genug zusammen hatte, um die Waschmaschine zu füllen, gab zu manchen Streitgesprächen zwischen den Eheleuten Anlass. Schön war das wirklich nicht, aber erst einmal nicht zu ändern. Bis die Wegwerfwindeln auftauchten. War das eine Erleichterung, wenn die Sache zunächst auch etwas teuer war und jetzt der Abfalleimer überquoll.

Der Fortschritt in der Windelherstellung, der einer Mutter von heute zugute kommt, ist enorm. Es wäre interessant zu erfahren, was sich in weiteren fünfzig Jahren auf diesem Gebiet getan hat. Aber nichts kann vollkommen sein, solange es einem Baby in den unpassendsten Augenblicken einfällt, so eine Windel zu füllen. Und das wird sich nicht ändern.