Lob der Handarbeit oder - was Großmutter konnte

Elfrieda Kiuzauskas -  Ehlenz , Walsdorf

Früher, an langen Winterabenden ohne Radio und Fernseher, hatte man viel für Geselligkeit und Handarbeiten übrig, Langeweile kam gar nicht erst auf. Man ging zu Chor- und Theaterproben, schaute bei den Nachbarn vorbei, spielte »Mensch ärgere dich nicht«, »Mühle«, »Dame« oder Karten. Man strickte, stickte, häkelte, bastelte und sang Volkslieder dazu. Die damals üblichen Paradekissen waren kunstvoll bestickt, mit Hohlsaum und bunten Bändern verziert, mit gehäkelter Spitze umrandet. Die Fenster hatten selbstgenähte oder kunstvoll gehäkelte und bestickte Gardinen, die Ohrenkissen auf dem Sofa waren ebenso selbst gestickt, gestrickt, oder handgewebt. Regale, Glasvitrinen und Schränke wurden mit hübschen Spitzen versehen, die entweder gehäkelt oder aus weißem Stoff genäht, mit rot oder blauem Kreuzstichmuster und bunten Seidenbändern verziert wurden. Auch die Handtuchhalter bekamen ein in rot oder blauem Kreuz-Ketten-Stiel und Blattstich verzierten Vorhang mit Blumenbukets, Tiermotiven und netten Sprüchen, die etwa so lauteten: »Tritt ein und bring Glück herein«, »Trautes Heim Glück allein«, »Eigener Herd ist Goldes wert«, »Morgenstund hat Gold im Mund«. Große Wandbehänge kamen über Couch, Sofa, auch Chaiselonge genannt, und die Betten. Über dem Bett meiner Oma stand in kunstvoll verschnörkelten Buchstaben gestickt: »Oh wunderschön ist Gottes Erde, und wert darauf vergnügt zu sein, drum will ich, bis ich Asche werde, mich dieser schönen Erd erfreun«. Tischdecken wurden ohne Naht aus creme- oder goldfarbigen Seidengarn gestrickt und gehäkelt, Leinendecken hübsch bestickt und mit Wollfransen gesäumt. Aus Samt stellte man wahre Kunstwerke an Tischdecken her. Zum Beispiel nahm man roten Baumwollsamt, sengte mit einer bestimmten Technik feine Muster, Blüten und Randabschlüsse ein. Bei diesen Mustern, zum Beispiel Rosensträußen, wurde die Baumwolle oberhalb abgesengt und die Vertiefung mit weißer Ölfarbe ausgefüllt, dasselbe bei den grünen Blättern und den braunen Stengeln. Alles sah wie ein Stilleben auf einem Ölgemälde aus. Diese aparte Arbeit ist mir seit meiner Kindheit nicht mehr begegnet. Doch viele junge Leute schätzen diese Handarbeiten wieder, versuchen sich an überlieferten Techniken. Was da zu wünschen bleibt? Gutes Gelingen.