Wo kauft man Hemmschuhe?

Gertrud Knobloch, Bonn

Die kauft man überhaupt nicht, wird mancher denken, die hat man oder hat man nicht und möchte sie auf jeden Fall lieber loswerden als kaufen!

Zu kaufen gibt es Überschuhe, Arbeitsschuhe, Turn-, Sport- und Skischuhe, normale Schuhe und Spezialschuhe, aber Hemmschuhe? Kein Wunder, dass es wenige gibt, die sie kennen. Heute sind sie, wenn überhaupt, wohl nur noch als Spezialgeräte in Gebrauch, beispielsweise bei der Eisenbahn. Die Redensart: »er oder sie ist ein richtiger Hemmschuh für sie oder ihn« ist schon sehr viel bekannter und wird oft gebraucht, ist also in der Sprache lebendig. Wer aber denkt schon bei diesem Ausdruck an etwas Konkretes? Die einstigen Hemmschuhe werden heute durch Bremsen aller Art ersetzt. Früher mussten die Fuhrleute, wenn die Bremsen bei steilem Gefalle nicht ausreichten, die Radoder Hemmschuhe anlegen. Das waren eiserne Schuhe etwa in der Form eines Schiffes, vorne aufgebogen und an einer Kette ungefähr in der Mitte des Wagens befestigt und zwar immer an der linken Seite. Die Fuhrleute gingen links von ihrem Gefährt. Die Radschuhe hingen an Ketten, die gerade so lang waren, dass sie nicht mehr durchhingen, wenn der Schuh unter das linke Hinterrad geschoben wurde, um es zu blockieren. Auf diese Weise rutschte der Wagen nur noch auf dem Hemmschuh und das bremste gewaltig. Statt der heutigen Straßenschilder konnte man früher an entsprechenden Stellen eher eines finden, auf dem »Radschuh einsetzen« aufgedruckt war. In der Gemeinde Tutzing/Obb. in Monatshausen hat so eine Tafel sogar die Zeiten überdauert, wenn sie nicht inzwischen Beine bekommen hat, denn sie muss doch eine »Ringeltaube« für Schildersammler sein! Auf dem Hemmschuh rutschten und schlitterten dann die Wagen wie geschmiert über das Straßenpflaster, dass oftmals die Funken stoben. An steilen Abhängen wurde der Hemmschuh ordendlich heiß bei seiner Arbeit, dass man ihn kaum mit der bloßen Hand wieder vom Rad entfernen konnte!

So etwas hätte ich mir in meiner Jugend gewünscht, denn rheinische Wagen waren selten mit einem Hemmschuh ausgerüstet. Auch bei uns gibt es steile Abhänge und ich als kindliche Bremserin hinter dem Holz- und Getreidewagen stand Todesängste aus, wenn die Bremse bis aufs letzte von mir zugedreht war und trotzdem der Wagen mit der Deichsel den Pferden fast auf die Hinterbeine schoss, so dass der Vater, der sie führte, vorübergehend leichten Trab einlegen musste. Dabei schaukelten die Wagen, dass man glaubte, sie würden einen gleich unter sich begraben.

Wen wundert es, dass ein Hemmschuh für mich vor jedem Spielzeug rangiert hätte, wenn ich gewusst hätte, dass es so etwas gab!