Redensarten aus der alten Zeit

Christa Feltgen, Steffeln

Beim Lesen in einem alten Schulbuch aus der Jahrhundertwende geriet ich vor kurzem auch an eine Geschichte, in der der Begriff »auf einen grünen Zweig kommen« erläutert wurde. Danach durfte sich derjenige einen grünen Buschen auf sein Dach stecken, der sein Haus schuldenfrei fertiggestellt hatte.

Viele solcher Redensarten gebrauchen wir auch heute noch ganz selbstverständlich, ohne darüber nachzudenken, woher sie ihren Ursprung haben. So findet sich aus den Handwerksberufen genau so Typisches, wie aus dem Soldatenleben. Die »schössen mit Kanonen auf Spatzen«, hatten von »Tuten und Blasen keine Ahnung« - was sie ganz schön in Schwierigkeiten bringen konnte, oder ihnen kam ein Pferd abhanden und so kamen sie wieder »unter das Fußvolk«. Die Färber hingegen »machten blau«, weil die Stoffe manchmal nicht hintereinanderweg behandelt werden konnten. Der Schneider nähte mit einer »heißen Nadel« und dann konnte man der Haltbarkeit seiner Nähte nicht vertrauen. Der Schuster »schlug alles über einen Leisten« und die Kundschaft wunderte sich, weil die Schuhe nicht passten. Der Bauer hatte »seine Schäfchen im Trockenen« und dem Müller war manches »Wasser auf seine Mühle«. Der Förster hatte auf »den Busch geklopft«, aber die Tiere waren ihm auf der Treibjagd »doch durch die Lappen gegangen«. Die Lappen wurden nämlich an Büschen und Bäumen aufgehängt, damit die Tiere dort nicht durchlaufen sollten. Der Wirt allerdings musste seine Rechnung oft »auf die lange Latte schreiben«, wenn jemand nicht bezahlen konnte. Die meisten solcher Redensarten finden sich allerdings im Gerichtswesen aus der damaligen Zeit wieder. »Alle guten Dinge sind drei«, sagt man. Aber es handelt sich gar nicht um Dinge, sondern um das Thing, die Gerichts- und Volksversammlung aus alter Zeit. War früher jemand eines Verbrechens bezichtigt worden, so ergingen drei Aufforderungen an ihn, sich zu stellen und sich zu verantworten. Kam er nicht, wurde die Verhandlung ohne ihn vorgenommen. Konnte er ergriffen werden, wurde er »dingfest« gemacht. War er durch ein heimliches Gericht geladen, die Feme, wurde ihm heimlich ein Span aus seiner hölzernen Haustür geschnitten und der Brief darunter gesteckt - das war der »Steckbrief«. Was bei den Femegerichten beratschlagt wurde, drang nicht an die Öffentlichkeit. Oft wurde die Anklage auf der Stelle »verhackstückt«, also bis ins kleinste abgesprochen, wenn jemand auf frischer Tat ertappt worden war.

Die Gerichte fanden früher unter freiem Himmel statt und dazu wurde durch Ausrufer oder Glockengeläute eingeladen. Da wurde also oft etwas an die »große Glocke gehängt«. Die Schöffen saßen bei der Verhandlung alle auf einer langen Bank beisammen, dort wurden auch die Akten deponiert. Wenn der Prozess lange dauerte, wurden sie also auf die »lange Bank geschoben«. »Viel Umstände« wurden da oft gemacht, wobei der Umstand aus den Leuten bestand, die sich als Neugierige eingefunden hatten und die vom Richter ebenfalls befragt werden konnten. Im Mittelalter ließen die Menschen oft Gottesurteile zu, man glaubte eben, dass Gott wusste, wer schuldig oder unschuldig war. Der Angeklagte durfte sich dabei aber vertreten lassen, und so ging oft ein Freund oder Verwandter für einen anderen »durchs Feuer«. Oder er versuchte, Steine aus kochendem Wasser zu holen, ohne sich »die Finger zu verbrennen«. In dem Zusammenhang gehören aber die »Kastanien, die man aus dem Feuer holt« zu einer Sprachverwechslung aus der Zeit, in der allgemein noch Dialekt gesprochen wurde. Wurde jemand schuldig gesprochen, zerbrach der Richter einen weißen Stab über seinem Kopf, er hatte »den Stab über ihn gebrochen«. Früher genügten schon Kleinigkeiten, um so abgestraft zu werden. Es sei denn, der Landesherr brauchte Arbeiter für den Frondienst. Dann wurde der Angeklagte zum Zeichen seiner Unfreiheit kahl geschoren. Kam er davon, hatten sie ihn »ungeschoren gelassen«. Eine andere Strafe aus dem Mittelalter war auch das An-den-Pranger-stellen. »Jemand etwas anhängen« hatte dann damit zu tun, dass dem Angeklagten zur Verstärkung der Strafe hässliche Schriften an die Kleider geheftet oder ihm schwere Gegenstände um den Hals gebunden wurden.

Unsere Vorfahren, denen dies alles erspart geblieben war, taten sich viel darauf zugute. »Ich war im Leben noch nicht vor Gericht«, das war der beste Leumund, den man damals haben konnte.