Jugend und Kultur

Fair Play Tour d1 Europe -ein Riesen-Schulprojekt

Herbert Ehlen, Dollendorf

»Der Sport leistet noch immer die preiswerteste Sozialarbeit in der Gesellschaft. Vereinsmitglieder sind keine Radaubrüder und Extremisten, Sportler werfen keine Brandsätze auf Flüchtlingsheime, sie gehören auch keiner Drogenszene an. Der Sport hat einen hohen Bildungswert, er integriert problemlos Randgruppen der Gesellschaft.« Dieses Zitat stammt von Wolf-Rüdiger Umbach, früherer Bundesligaschiedsrichter und heutiger Präsident des Landessportbundes Niedersachsen. Ist Sport nun wirklich präventiv und erziehend? Bei näherem Betrachten muss man diese These leider verneinen. Die Zeitung steht voll von Berichten über Doping, Schiebung, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit, Umweltbelastung und vielen anderen negativen Dingen, die im Sport genauso wie auch sonst wo in der Gesellschaft auftauchen, so dass man zum Schluss kommen muss, dass der Sport genau so gut und so schlecht wie die Gesellschaft ist, in der er betrieben wird. Dieser Problematik ist man sich durchaus auch in den Schulen bewusst, denen laut Schulgesetz ein hohes Maß an Erziehungsauftrag zukommt. Herbert Ehlen von der Graf Salentin Schule Jünkerath hat in den vergangenen Jahren schon einige Fair Play Projekte mit seinen Schülern durchgeführt. Er ist sich mit vielen seiner Kollegen einig, dass man die Gesellschaft ein wenig besser machen kann, wenn man den Fair Play Gedanken im Sport stärker in den Vordergrund stellt. Damit wird dann auch der Sport selbst sauberer. So initiierte er in diesem Jahr vom 4. 9.-10. 9. 1999 eine Fair Play Tour d'Europe zusammen mit dem Bischöflichen Gymnasium St. Vith -Lycee Hubert Clement Esch sur Alzette Lycee Classique Diekirch / Mersch, Jugendhof Wolf Traben Trarbach, Hubertus Rader Förderschule Gerolstein, Emil Fischer Gymnasium Euskirchen - Privatschule St. Maxim Trier - Privatschule Helenenberg, um dem Fair Play Gedanken Stellenwert und Bedeutung zu verleihen und ihn zum Handlungsmaßstab in unserer Gesellschaft zu verhelfen. In diesem Projekt wurden zudem durch den Sport Jugendliche verschiedener Nationalitäten, die heutzutage in einer Gesellschaft von Kommerz und Konkurrenzdenken aufwachsen, zusammengeführt und Werte wie Fairness und Kooperation in den Mittelpunkt gestellt. Die Jugendlichen wollten auf dieser Tour nicht nur auf den Fair Play Gedanken aufmerksam machen und Missstände in Sport und Gesellschaft anprangern, sondern auch konkret etwas faires TUN. Sie schlössen sich der Aktion »Lebensläufe« der Deutschen Welthungerhilfe an, die seit 1996 in Zusammenarbeit mit dem DLV unter der Schirmherrschaft von Roman Herzog schon von vielen Schulen und Vereinen durchgeführt wurde. Darin wird der Fair Play Gedanke beispielhaft in die Tat umgesetzt. Kinder, denen es gut geht, tun etwas für Kinder in der Dritten Welt, denen es nicht so gut geht. Sie entschlossen sich, ein Mädchenheim in Namaacha in Mosambik zu unterstützen, das von den Salesianerschwestern Don Boscos geleitet wird.

»Schätzungen besagen, dass bis zu 12.000 Kinder in Mosambik im Krieg missbraucht wurden. Heilung und Betreuung dieser Kinder ist schwierig und braucht Zeit. Die Situation der Mädchen wird dabei wenig bedacht. Die Schwestern des Salesianerordens organisieren den Wiederaufbau dieser Schule in Namaacha. Die Schule ist eine Auffangstätte für Mädchen, die auf der Straße leben, sexuell missbraucht wurden, Waisen, die in Gastfamilien ohne Zukunftschancen aufwachsen. Die Kinder besuchen einen geregelten Unterricht und bewirtschaften Kleintierställe, Felder und Gärten unter Anleitung von Fachkräften. Der Umgang mit Tieren und Pflanzen gilt auch als gute therapeutische Maßnahme für die traumatisierten Mädchen.«

Das Schwesternteam arbeitet seit Jahren mit den Kriegswaisen und Straßenkindern in Mosambik. Der Arbeitstag beginnt morgens um fünf Uhr und endet häufig spät in der Nacht. Die Kosten für den Wiederaufbau der Mädchenschule sind auf 130.000 DM festgesetzt. Da die Schulen der Fair Play d'Europe dieses Geld nicht allein aufbringen konnten, animierten sie eine Reihe von weiteren Schulen unter der Mithilfe der Akademie des Europäisches Sports in Trier unter Leitung von Klaus Klaeren, »Lebensläufe« mit ihren Schülern durchzuführen. Auch die bekannte Fernsehmoderatorin Margarete Schreinemakers unterstützte dieses Projekt durch eine Pressekonferenz in Eupen sowie ihrer Teilnahme am »Lebenslauf« der Schulen im deutschsprachigen Raum Belgiens in Bütgenbach, wo sie sich selbst mit 500 DM sponserte. Weitere »Lebensläufe« fanden in Blankenheim, Kali, Stadtkyll, Hillesheim, TMG Daun, Kelberg, Gillenfeld, Bad Bodenteich, Zingsheim, Euskirchen, Trier, Helenenberg, Bitburg und anderen Orten statt, die bei Redaktionsschluss noch nicht feststanden. So gut und wertvoll viele Ideen auch sind, meist wird die Bevölkerung erst darauf aufmerksam gemacht, wenn bekannte Persönlichkeiten diese unterstützen. So

Alle waren auf den Beinen, zu Fuß, auf zwei Rädern oder acht Rollen und im Schwimmbad.

 

war das Team von Herbert Ehlen auch begeistert, dass sich Deutschlands bekanntester und symphatischster Leichtathlet Dieter Baumann spontan bereit erklärte, die Schirmherrschaft über dieses Fair Play Projekt zu übernehmen. Durch sein vehementes Eintreten für einen sauberen Sport ist er geradezu prädestiniert, die Grundsätze der Fair Play Erziehung, die 1989 von der Canadian Olympic Association verkündet wurden, einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln.

1. Fair Play ist Ausdruck einer menschlichen Haltung

2. Fair Play ist die Kernqualität der Einstellung im zwischenmenschlichen und mitweltbezogenen Bereich.

3. Faires Verhalten ist unter anderem bestimmt von Achtsamkeit, Verständnis, Offenheit, Ehrlichkeit, Rücksichtnahme, Verantwortungsgefühl, Selbständigkeit und

muss vorgelebt werden. 4. Nicht nur was wir tun ist wichtig, sondern vor allem wie wir es tun. Mit einer Sternfahrt nach Trier am 4. 9. 1999 begann die Fair Play Tour d'Europe mit 80 Kindern und 20 Begleitpersonen, sowie fünf Begleitfahrzeugen. Die Sternfahrer trafen gemeinsam im Moselstadion ein, wo sie eine Aktion für Fair Play starteten. Weiter ging die Fahrt über Frankreich auf dem Moselradweg nach Luxemburg. Am dritten Tag folgte eine Rundfahrt durch Luxemburg mit einem Abstecher nach Frankreich bis nach Mersch. Die schwierigste Etappe ging über die Berge und Täler Luxemburgs und Belgiens nach St. Vith, der Schule von Herbert Ehlens Partner Ewald Langer. Mühsam auch der Beginn des fünften Tages von St. Vith bis Rocherath. Ausradeln war dann von der Oleftalsperre bis Euskirchen angesagt. Anstrengend war dann wieder der letzte Teil der Schlussetappe von Bad Münstereifel über Blankenheim nach Jünkerath.

Dort fand am 10. 9. die große Abschlussveranstaltung statt unter der Mitwirkung von Dieter Baumann, DLV Vize Theo Rous, viel Prominenz aus Sport und Politik. Margarete Schreinemakers moderierte das Abschlussfest, welches vom Gemischten Ensemble der Graf Salentin Schule unter Leitung von Hilde Klaeren musikalisch hervorragend abgerundet wurde. Als Talkgäste kamen die Tourteilnehmer zu Wort. Sie berichteten über ihre Erlebnisse und Erfahrungen. In einer weiteren Diskussionsrunde sprachen Dieter Baumann, Theo Rous, Kurt Müller, Klaus Klaeren über die Problematik von Fair Play in Sport und Gesellschaft.