Weihnachtsschnee
Als Kind hab' ich ein Wort gekannt,
ich prägt' es für mich ganz allein.
Nie hab' ich es jemand anderm genannt,
es könnte ja lächerlich sein.
Könnt' ich im Herbst erste Flocken seh'n,
das war für mich der Weihnachtsschnee.
Ein Jahr kam, an das ich nicht denken mag,
die Ernte verdorrte im Feld.
Im Sommer Gewitter und Hagelschlag,
im Herbst ertränkte Regen die Welt.
Früh erstarrten im Frosthauch Tal und Höh';
in jenem Jahr fiel kein Weihnachtsschnee.
Längst ist vergangen die Kinderzeit
und so manches Jahr hat geend't!
Noch immer seh' ich mit stiller Freud'
den Schnee in jedem Advent.
Mit Weihnacht hat's nichts zu tun, ich gesteh'
und warte trotzdem auf Weihnachtsschnee.
Im letzten Spätherbst war's sodann,
nichts gab's, was noch grünt und blüht.
Tief zogen Nebel durch dunklen Tann
und legten sich mir aufs Gemüt.
Leer waren die Felder, es dampfte der See . ..
und dann fiel er endlich,
der Weihnachtsschnee.
Ich lehnt' meinen Kopf an einen Baum
wie früher, ich vergaß es nicht.
Es fiel der Schnee wie im Kindertraum,
er schmolz auf meinem Gesicht.
Dann ging ich heim und still ward mein Weh';
die Welt lag verzaubert im Weihnachtsschnee.
Thekla Heinzen, Feusdorf Zeichnung: Margret Heinzen