Das Bollinger-Haus in Mehren

Zur Erinnerung an Katharina und Rudolf

Oskar Heck, Mehren

Rudolf war meist an der zweiteiligen Haustür zu sehen, deren oberer Teil geöffnet war, während er sich auf dem unteren Teil anlehnte. Da er sehr vorwitzig war, hat er jeden Vorbeikommenden angesprochen mit den Worten: »Wu jest de hin?« oder »Wu küß de her?« Dabei rückte er sein Bäckerkäppchen in die richtige Position. Er war von kleiner Statur und hatte kein Interesse daran, am Zeitgeschehen irgendetwas zu verändern. Er wurde am 14. 12. 1870 geboren und starb am 10. 5. 1956.

Seine Schwester Katharina war ebenfalls, wie ihr Bruder, von sehr kleiner Gestalt. Regelmäßig ging sie sonntags zur Kirche und nahm in einer der vorderen Bänke Platz. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den jüngeren Messebesuchern die Kirchenandacht beizubringen - manche werden sich erinnern! Katharina wurde am 16. 11. 1863 geboren und starb am 1. 12. 1966.

Die Bollingers stammen aus dem Forsthaus Wenzelbach bei Niersbach im Kreis Wittlich. Unsere beiden Bollingers hatten noch zehn Geschwister, so dass ihre Eltern oft nicht wussten, wo sie das tägliche Brot hernehmen sollten. An dieser Stelle sei auch über ihren Vetter Matthias Bollinger berichtet, der Staatshegemeister in Seesbach im Soon-

Das ehemalige Haus Bollinger, nach einem Gemälde von Richard Franzen

wald (Hunsrück) war. Er wurde am 9. 10. 1858 im Forsthaus Wenzelhausen geboren. Im November 1961 widmete ihm die Trierische Landeszeitung einen Bericht - er war damals mit fast 103 Jahren der älteste Einwohner von Rheinland-Pfalz. Mit 101 Jahren erlegte er noch einen kapitalen Zwölfender. Wenige Wochen vor seinem Tod hat er den Wunsch geäußert, dass er so alt werden möchte wie sein Großvater, der mit 107 Jahren starb.

Als er am 20. 6. 1961 die Augen schloss und wenige Tage später beigesetzt wurde, bliesen ihm seine Berufskameraden das ehrenvolle »Jagd vorbei« und legten einen frischen Bruch auf sein Grab.

Das Bollinger-Haus in der Gillenfelder Straße wurde im Jahre 1961 abgerissen, in einer Zeit, in der das Interesse an der Erhaltung alter Bausubstanz leider noch nicht so weit entwickelt war wie heute. An seiner Stelle befindet sich seitdem eine Grünanlage.