Eifelland, oh Koniferenland!

Provokanter Beitrag zum Thema Dorferneuerung

Karl-Heinz Böffgen, Gerolstein

Längst sind sie bis in jedes Eifeldorf vorgedrungen, die Koniferen. Gemeint sind die exotischen, nicht die heimischen Nadelgehölze wie Tanne, Fichte, Kiefer. Importierte Koniferen, in Neubaugebieten schon das Nonplusultra für die Bepflanzung von Freiflächen vor und hinter dem Haus, verschandeln nun auch zunehmend die alten Dorfkerne. Steril, langweilig, spießig, völlig untypisch, kleingezüchtet und vor allem ökologisch fast wertlos, haben Einzug gehalten: Japanische Zwergblaufichten (Katalog: »Ein wirkliches Schmuckstück«), Krummholzkiefern (»beliebteste dunkelgrüne Kiefer«), Zuckerhutfichten (»Nadel schillert silbergrau«), Goldzypressen (»interessante säulenförmige Art«), Thuja (»anspruchslos«), Atlaszeder (»mit malerischem, schlanken Wuchs - auch für den kleinsten Garten«) und andere »wertvolle Neuheiten«. Warum nicht gleich alles aus pflegeleichtem Kunststoff, »jedes Jahr kann man drei Ästchen einfügen, abschraubbar und bei Bedarf bei 30 Grad waschbar.« Nachdem wir seit Jahrzehnten viele Dörfer mit unpassenden und modischen Neubauten verderben, rollt nun eine weitere Welle von Gedanken- und Geschmacklosigkeit, auch Angepasstheit, über das Land.

Ein übertriebener Sauberkeits- und Pflegeleichtigkeitsfanatismus führt zum Verschwinden von heimischen Bäumen, Sträuchern, Stauden und Kräutern, der Pflanzen, die sich seit Jahrhunderten bewährt haben und in ihrer Vielfalt kaum zu überbieten sind.

Unsere Vorfahren hatten die Erfahrung und das Gefühl dafür, nur das zu pflanzen, was Nutzen brachte, was zum Essen, zum Würzen oder auch als Arznei diente, was Bienen, anderen Insekten, Vögeln und Kleintieren nützte und was mit wenig Aufwand wuchs. Pflanzen, die mit den Jahreszeiten blühten und reiften, die Jahreszeiten anzeigten, für Dorf und Umfeld landschaftsprägend wirkten. Heute muss alles »exotisch«, pflegeleicht und »edel« sein: Edeltanne, Edelrosen, Edelrasen.

Das Umfeld wird vielfach angereichert mit Gartenzwergen, blickgünstig plazierten Pflügen, Wagenrädern, Brunnen und anderem Rustikalkitsch; mit Außengrill, Hollywoodschaukel, Pergolen, Zierteichen und den neuartigen Schutzzelten. Ganz besonders beliebt sind Kübel aller Art, die ganze Palette der Baumärkte findet sich in unseren Dörfern, bestückt mit Blümchen und kümmerlichen Koniferen: Kübel-Übel überall!

Der Samstag ist zum »Deutschen Tag des Rasenmähers« geworden. Es rattert auf allen grünen Flächen, Ergebnis: ein fast lebloser Rasen in Golfqualität, aber ordentlich und unkrautfrei.

Ein ganzes Gerätearsenal wie Mäher, Trimmer, Vertikutierer, Rasensprenger, Hochdruckreiniger, Laubsauger, Sägen, Scheren für alles, Gift- und Unkrautspritzen steht zur Verfügung. Unmengen von Chemikalien werden zum Rundum angriff auf Moos, Pilze und »Unkräuter« aller Art, auf Ameisen, Blattläuse und andere Insekten, auf Schnecken, Wühlmaus und Maulwurf eingesetzt. Im Handel sind »Fernhaltemittel« gegen Hunde, Katzen, Hasen und Marder. Alles was stört und im Garten nichts zu suchen hat, raus! Düngemittel und Gifte, Chemikalien für oder gegen alles was wächst, blüht, kreucht und fleucht. Wir räumen so richtig auf und glauben, alles im Griff zu haben. In Wirklichkeit greifen wir massiv in ein kompliziertes Miteinander und in eine (über-) lebenswichtige Abhängigkeit von Mensch, Tier und Pflanze ein; in ökologische Zusammenhänge. Wir zerstören Nahrungsketten, natürliche Lebensgrundlagen und schaden uns selbst damit. Wir entrüsten uns über das Abholzen der Regenwälder und das Töten von Seehunden. Mit Bedauern nehmen wir zur Kenntnis, dass jeden Tag viele Tierarten für immer ausgestorben und aus der Welt verschwunden sind. Vergessen haben wir jedoch, dass Ökologie buchstäblich vor unserer eigenen Haustür beginnt. Dass wir mit unseren Eingriffen in die Tier- und Pflanzenwelt auch dazu beitragen, dass heimische Tierarten und Pflanzengesellschaften unwiderruflich ausgerottet werden.

Alles Leben ist auf Vielfalt angelegt. Je größer diese Vielfalt, desto reicher, fruchtbarer und stabiler ist das Leben. Haben wir vergessen, dass auch der Mensch ein Teil der Natur ist und auch seine Lebensqualität, auf Dauer gesehen, vom ökologischen Gleichgewicht abhängt?

Was ist zu tun, was müssen wir tun?

Konkret:Statt fremder Zierformen, zum Beispiel Koniferen, heimische Sträucher pflanzen. Sehr wertvoll für Vögel, Kleinsäuger und Insekten sind Schwarzer Holunder, Haselnuss, Vogelbeere, Gewöhnlicher Schneeball, Wilde Johannisbeere, Weißdorn, Schlehe, Wildbirne und Wildapfel, Rote Heckenkirsche, Salweide, Wildrosen, Faulbaum.

Haben wir den Mut, die Wiese (Rasen) nur drei- bis viermal im Jahr zu mähen. Im Garten kann eine Ecke gezielt verwildern. Reisig- und Sammelsteinhaufen sind Zufluchts- und Lebensräume für zahlreiche Kleintiere, Igel und Insekten.

Auf »unnatürliche« Bodendecker kann verzichtet, natürliche Kräuter und Stauden sollen geduldet werden. Den Vor- und Nutzgarten biologisch, ohne Gifte und Kunstdünger bearbeiten! Nicht am Nachbarn, an »falschen« Prospekten, städtischen Vorbildern und Modetrends orientieren, sondern einen naturnahen Garten anlegen. Investieren wir ein wenig mehr Fantasie in Planung, Gestaltung und Pflege. Schauen wir hin! Wir können soviel Lebendigkeit, Lehrreiches, Seltenes und Spannendes kennen lernen. Leisten wir unseren wichtigen Beitrag zum Umweltschutz, gegen die Zerstörung der Umwelt und gegen den Gesichtsverlust unserer Landschaft und Dörfer.