»...damit die liebe Jugend

nicht wie das Viehe aufwachse...«

GrafSalentin Ernst gründete die Wiesbaumer Schule

Hubert Pitzen, Stadtkyll

Das Schulwesen lag bis ins 19. Jahrhundert in der Hand der Kirche. Wer den Lehrerberuf ergreifen wollte, musste vor dem Dechant einen glaubwürdigen Beweis seines frommen Lebenswandels ablegen. Küster, die häufig auch den Schuldienst versahen, mussten vor der versammelten Gemeinde bei einer Wiederanstellung eine demütigende Prozedur über sich ergeben lassen. Sie hatten als Anstellungszeremonie eine Rute auf den Altar zu legen oder dem Pfarrer den Kirchenschlüssel zu überreichen. Dann ging es zur Schule, wo man die Anstellung mit einem Umtrunk besiegelte, den der Küster größtenteils zu bezahlen hatte.

Ein geordnetes Schulwesen war damals nicht üblich. Zu sehr waren die Schulkinder in der agrarisch ausgerichteten Eifel dem Zwang unterworfen, in der Landwirtschaft zu helfen. Nur in den Wintermonaten war genug Muße, am Unterricht teilzunehmen. Daher gab es eigentlich nur die Winterschule, in der aber noch lange kein geregelter Unterricht erteilt wurde. Schulgebäude gab es kaum. Die Schulzimmer waren enge Räume, meist ohne Sitzgelegenheit für die Schüler. Oftmals mussten Scheunen als Schulraum herhalten.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass das Schulwesen im Argen lag. Doch ein Landesherr bemühte sich um die Gründung kirchlich geleiteter Schulen in seinem Herrschaftsbereich: Graf Salentin Ernst von Manderscheid-Blankenheim (1630-1705). 1688 schrieb er an den Kölner Generalvikar, dieser möge anordnen, dass Pfarrer Schule hielten, weil die Jugend vielfach keinen Unter-

 

rieht habe. Für die Pfarrer wäre diese eine gute Ausfüllung ihrer Mußestunden. So kam es, dass auch in Wiesbaum im Jahre 1691 eine Schule durch Graf Salentin Ernst gegründet wurde. In einer Verordnung für seine Herrschaft Jünkerath, zu der das Dorf Wiesbaum zeitweise gehörte, schreibt der Graf: »Demnach wir Zeit unserer regierung unsere Unthertanen nichts heilsamere undt nützlicheres finden, als dass aller Orten eine ordentliche Schull ahngestellt werde, damit die liebe Jugendt dadurch von dem schädlichen Müßiggang abgehalten undt hingegen nit allein in guter Ehrbarkeit, nöthiger christl. Lehr, Lesen und Schreiben unterwiesen werde und nicht wie das Vie-he in der Ignorantz aufwachse...« Nachdrücklich bemerkt der Landesherr, dass diese Anordnung »ahn leib und seel« höchstnötig sei. Der Schulmeister sollte von der Herrschaft jährlich eine Korn- und Hafergarbe erhalten. Damit er ein Auskommen habe, sollte der Lehrer auch den Küsterdienst versehen. Von jedem Ehepaar erhielt er jährlich zehn Finten Spelz und die Hälfte von einer halben Ehe (= Witwe oder Witwer). Weil der Lehrer und Küster auch in Mirbach seinen Dienst versah, bekam er zusätzlich noch 10 1/2 Reichstaler und 20 Gulden aus den Kirchenrenten. Schulgeld für das Unterrichten in Lesen und Schreiben sollte entfallen; allerdings musste für den Lateinunterricht gelöhnt werden.

»So verordnen wir hiemit«, schreibt der Graf, »dass der Pastor und Gericht ein hiezu capables Subiectum, auch sooft künfftig ein Schullmeister mit todt (...) abgehet oder auch wegen Unfleiß (...) abge-setzet, vorschlagen sollen.« Die Schulaufsicht sowie die Examinierung der Schulkinder oblag dem Pastor. Nun sollte ein neues Schulgebäude zu Ehren der Kirchenpatrone (hl. Mutter Anna und hl. Martin) in Wiesbaum errichtet werden. Doch durch die allgemeine Armut und Kriegszeiten fehlten die finanziellen Mittel. Graf Salentin Ernst schlug vor, bei »frommen und andächtigen Seelen« wegen dieses Vorhabens »eine christliche Beisteuer« zu erheben. Hierdurch vollbrächten sie »ein Gott gefälliges und nützliches Werk zu Ehre Gottes und notwendiger Unterweisung und Erziehung.«

Einige Jahre nach der Gründung einer Schule gab es dann Ärger. Es war üblich, vor der Neuanstellung eines Lehrers die weltliche Obrigkeit - also den Grafen - um Erlaubnis zu bitten. Dieses Gebot hatte man aber in Wiesbaum vergessen. So beschwerte sich Graf Salentin Ernst am 17. April 1699 über die Anstellung eines neuen Schulmeisters. Es handelte sich um den Bruder des Pfarrers, der gleichzeitig auch den Frühmessnerdienst versehen sollte. Niemand, so der Graf, solle ohne seine Bewilligung ordiniert werden, und er verbat sich in Zukunft solches Verhalten.

Die Wiesbaumer Schulmeisterwohnung war nach Aussage der Akten ein kleiner Anbau an der Kirche mit einer Stube und einer kleinen Küche. Die Wohnung wurde aber nicht vom Lehrer bewohnt.

Der Fachwerkbau, für 172 Reichstaler erstellt, war im Gegensatz zu damaligen Verhältnissen mit Schiefer (Leyen) gedeckt. Jedoch waren alle Fenster von »Nachtvagabunden« eingeschlagen und das Dach an manchen Stellen durchlöchert, sodass die Lehrerwohnung immer mehr zerfiel. Wieder drückten Geldsorgen. Im Spanischen Erbfolgekrieg hatte nämlich ein marodierendes englisches Heer die große Glocke fortgeschleppt. Eine kleine Glocke rief die Wiesbaumer zum Gottesdienst. Aber bei widrigem Wind war diese im tiefer gelegenen Dorfbereich kaum zu hören, sodass viele Pfarrkinder den Gottesdienst versäumten. So stellte sich nun die Frage, ob das Dorf die Schulstube für die Anschaffung einer neuen Glocke verkaufen sollte. Schließlich veräußerte man die »Winterschulstube« für 100 Reichstaler.

Die Gemeinde Wiesbaum verlor 1967 endgültig ihren Schulstandort, als die Wiesbaumer Kinder die Jünkerather Mittelpunktschule besuchten.

Nach der Verwaltungsreform 1970 und der Entstehung der Verbandsgemeinden gelangten die Wiesbaumer Schüler in den Einzugsbereich der Hillesheimer Schule.