Frisch vom Bauernhof

Direktvermarktung als Einkommensalternative

Jutta Wirtz, SLVA für Landwirtschaft Bitburg-Prüm

Im Kreis Daun hat die Zahl der professionell arbeitenden landwirtschaftlichen Direktvermarkter in den letzten 20 Jahren erheblich zugenommen. Ob Fleisch, Geflügel, Wild, Fisch, Eier, Käse, Honig, übst oder Gemüse, all diese Produkte kann der Verbraucher heute frisch vom Bauernhof erwerben. Wie kam es zu dieser Entwicklung? Direktvermarktung als Einkommensalternative wurde nicht aus einer Laune heraus geboren, sondern war eine Antwort der landwirtschaftlichen Unternehmer auf den Strukturwandel in der Landwirtschaft. Das Höfesterben in den 80er und 90er Jahren als Folge des Preisverfalls für landwirtschaftliche Produkte wie Milch, Getreide oder Rindfleisch hat im Kreis Daun dramatische Ausmaße angenommen. Von 4470 Betrieben 1971 blieben nur l 454 bis 1997 übrig. Das heißt, zwei von drei Höfen (67,5°/o!) haben ihre Tore für immer geschlossen. Besonders betroffen waren kleine Betriebe, die weniger als 20 ha bewirtschaften, hier ging der Anteil um mehr als 75°/o zurück. Weiteren Aufschluss gibt die Tabelle.

Wer als Landwirt seine Existenz sichern wollte, musste entweder seinen Betrieb vergrößern oder alternative Einkommensmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Direktvermarktung erschließen und die kam den Wünschen vieler Verbraucher entgegen. Sie können nun Lebensmittel dort einkaufen, wo sie die Tierhaltung, den Anbau der Früchte, den Hof selbst in Augenschein nehmen können. Frische Qualitätsprodukte aus umweltverträglicher Erzeugung mit nachvollziehbarer Herkunft vom Erzeuger ihres Vertrauens - das sind die schlagenden Argumente für den Einkauf beim Direktvermarkter. Dank der kurzen Transportwege vom Erzeuger zum Kunden leistet der regionale Einkauf gewissermaßen nebenbei noch einen Beitrag zum Umweltschutz. Die gewachsene Kulturlandschaft wird erhalten und damit ein attraktiver Lebensraum für die Einheimischen und die zahlreichen Gäste der Vulkaneifel.

Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe im Kreis Daun nach Betriebsgrößen

 

 

davon mit einer landwirtschaftlich genutzten Fläche von ... ha

Jahr

Insgesamt

< 20ha

20-30 ha

30-50 ha

> 50ha

1971

4470

4085

287

84

14

1997

1454

974

128

173

179

Gänse in Freilandhaltung in Ellscheid. Die Vermarktung von Geflügel ist eine Marktnische mit guten Entwicklungschancen.

Die Stunde Eins der Direktvermarktung

Eier, Honig und Fleisch gehören zu den Produkten mit langer Tradition in der Direktvermarktung. Der »Eiermann«, der einmal pro Woche von Haus zu Haus fährt, ist in vielen Dörfern schon seit Jahrzehnten eine feste Einrichtung. Im Vergleich dazu deckten die Verbraucher sich mit Honig und Fleisch eher saisonal ein und legten selbst größere Vorräte an. Rind- und Schweinefleisch wurden oft als halbe oder ganze Tiere während der Schlachtsaison (Oktober-Februar) eingekauft und für das restliche Jahr bevorratet. Geschlachtet wurde im dörflichen Schlachthaus, gewissermaßen vor der Haustür der Verbraucher. Ab Mitte der 80er Jahre gab es eine Welle von Neueinsteigern in die Direktvermarktung, schwerpunktmäßig für die Produkte Käse und Fleisch. Die Betriebe richteten Verarbeitungs- und Verkaufsräume auf ihren Höfen ein. Damit schafften sie die baulichen Voraussetzungen für die qualitätsorientierte Herstellung und Vermarktung der Produkte. Parallel dazu wurde am Aufbau neuer Absatzwege gearbeitet, denn Kunden wünschen sich ein vielfältiges Warenangebot an einem gut erreichbaren Standort. In Zusammenarbeit mit der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Landwirtschaft Bitburg-Prüm (SLVA) fand so der erste Bauernmarkt an der SLVA in Daun statt. Ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung der Direktvermarktung im Kreis war 1992 der Aufbau eines regelmäßigen Bauernmarktes in Daun, wiederum in Zusammenarbeit mit der SLVA. Verbraucher haben seitdem die Möglichkeit, jeden zweiten Mittwoch aus dem vielfältigen Angebot der landwirtschaftlichen Erzeuger auszuwählen. Mehr Erfolg durch Kooperation - so der Gedanke. Denn erst die Bündelung des Angebotes der einzelnen Betriebe ergibt in der Regel für den verwöhnten Kunden ein attraktives Sortiment und damit für den Direktvermarkter zufriedenstellende Umsätze.

Chancen von Kooperationen genutzt

Die Direktvermarkter haben die Chancen von strategischen Bündnissen seitdem stets genutzt. So die Bauernmarktgesellschaft, die mit einem Gemeinschaftsstand Wochenmärkte in der Region beschickt. Oder der Zusammenschluss im Verein Direktvermarkter Eifel-Mosel-Saar e.V., der sich regional um die Förderung der Direktvermarktung bemüht, durch Herausgabe eines Einkaufsführers, die Produktbörse oder Aktionen zur Öffentlichkeitsarbeit. Besonders erwähnenswert ist die gute Zusammenarbeit mit Partnern des Tourismus, allen voran »NatUrlaub bei Freunden«. Gemeinsam durchgeführte Projekte haben den Willen zum Miteinander gestärkt, denn die viel strapazierten Synergieeffekte sind hier tatsächlich eingetreten. Für den Tourismus bieten die landwirtschaftlichen Direktvermarkter eine Bereicherung des bestehenden Angebotes und umgekehrt konnten die Selbstvermarkter neue Kunden bei den Urlaubsgästen und in der Gastronomie gewinnen. Nach den Projekten »... und Donnerstag ist Bauerntag«, »Geologie und Landwirtschaft« oder »Genuss für Leib und Seele« wird zur Zeit an »Radfahren zu Erlebnisinseln« gearbeitet. Mehrere Direktvermarkter sind hierbei mit einer bäuerlichen Erlebnisinsel eingebunden.

Neben dem positiven wirtschaftlichen Effekt tragen diese branchenübergreifenden Kooperationen ganz wesentlich zum positiven Erscheinungsbild und Image der Landwirtschaft bei - durch Qualität der Produkte und Kompetenz der Betriebsleiter. Direktvermarktung also doch die glaubwürdigste Form der Öffentlichkeitsarbeit für die Landwirtschaft. Aber nicht nur gemeinschaftliche Projekte sind bei der Erfolgsstory der Direktvermarkter im Kreis Daun zu nennen, sondern auch mehrere herausragende einzelbetriebliche Entwicklungen. Das Geflügellädchen in Daun bietet Verbrauchern seit 1998 an zentralem Standort ein umfangreiches Sortiment an Geflügelspezialitäten, sowie eine breite Palette weiterer Produkte von Berufskollegen aus der Region. Mehrere Hofläden laden ein zum Einkaufserlebnis auf dem Bauernhof. Hier gibt es leckeren Käse von Ziege, Schaf und Kuh, Fleisch und Wurst von Tieren aus eigener Aufzucht, hausgemachte Nudeln und Konfitüre, Honigvariationen, Obstsäfte, Hochprozentiges, und, und,

Frisch auf den Tisch: Landwirtschaftliche Direktvermarkter bieten ein vielfältiges Sortiment an Produkten

und. Schaukäserei, Streicheltiere, Wildgehege oder Besichtigung von Bienenvölkern sind nur einige Attraktionen, die den Besucher zusätzlich erwarten. Einmalig ist bisher der Landgasthof in Eilscheid, der im April 2000 seine Tore geöffnet hat. Hier gesellt sich zum Einkaufserlebnis im Bauernmarkt das kulinarische Angebot zum »Genießen an Ort und Stelle«.

Entwicklungstendenzen und Ausblick

Einige Landwirte haben in den vergangenen Jahren die Direktvermarktung zu einem erfolgreichen Betriebszweig ausgebaut, der einen wesentlichen Einkommensbeitrag leistet. Dies ist nicht nur für die Landwirte selbst, sondern für die gesamte Vulkaneifel ein Gewinn, denn es geht um mehr als die Existenzsicherung einzelner Betriebe. Es geht um:

• Den Erhalt der Kulturlandschaft als Grundvoraussetzung für einen attraktiven Tourismus

• Die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft

• Die Versorgung der Verbraucher mit qualitativ hochwertigen regionalen Produkten

• Die nachhaltige Entwicklung der Region

Bei dem heutigen Grad von Professionalität, den die Direktvermarkter im Kreis Daun bereits erreicht haben, wird die zukünftige Entwicklung vor allem durch weitere Produktdifferenzierung und die Schaffung »intelligenter«, innovativer neuer Angebote besonders im Bereich Service/ Dienstleistung bestimmt werden. Betrachtet man die Entwicklungen der letzten 20 Jahre, scheinen die Betriebe für diese Herausforderung bestens gerüstet zu sein.