Matthias Hennen aus Boxberg

Ein Bauer und seine Gefühle

Alois Mayer, Daun - Pützborn

Ein kleines Schulheft liegt vor mir, alt und vergilbt, Rechenhäuschen hat das Heft. Und dorthinein hat mit gestochen feiner Schrift ein schlichter Eifeler Mann seine Gedanken und Gefühle in Gedichtform hineingeschrieben.

Es sind einfache Verse, besinnlich und ruhig, Aufforderung zum Mitdenken und Nachfühlen. Verfasst und gedichtet hat sie der Landwirt Matthias Hennen. Geboren wurde er am 15. 5.1887 in Steinborn bei Daun. Dann verheiratete er sich nach Boxberg.

Mit Leidenschaft widmete er sich dort der Landwirtschaft und der Natur. Beim Zeichnen, in seinem Garten, beim Sammeln von Heimatkundlichem, beim Veröffentlichen einiger Berichte über die Landwirtschaft in Regionalzeitungen fand er Ruhe und Entspannung. Kraft und Stärke gab ihm neben seiner Familie der tiefe Glaube an Gott, die Welt und das Gute im Menschen. 1930 gründete er die Boxberger Viehweidengenossenschaft. Allzufrüh verstarb er am 26.2. 1950. Begraben liegt er auf dem einsamen Friedhof im Schatten seiner geliebten Hilgerather Kirche.

Von einigen seiner Gedichte sollte die Nachwelt Kenntnis haben.

Zum Jahreswechsel (1935/36)

Die Jahre gehen, die Jahre kommen, der Weltenzeit sind sie entnommen, dem Mensch gegeben, sich zu frommen. Uns ist der Tag der Arbeitsfülle. Geh zum Wirken! Steh nicht stille! Die Ahnen schufen für dich hienieden. Drum wirke weiter für die Lieben. Vergiss doch nicht das höhere Streben, dafür steht jeder allein im Leben. Schaffe Werke drum, die für dich stehen, lass es Werke sein, die mit dir gehen ins ewige Reich, für's ewige Leben.

Der Bauer und sein Feldkreuz

1936 wurde »Auf Birkheid« ein Kreuz errichtet. »Birkheid« war die Genossenschaftsweideanlage, auf der gemeinschaftlich das Dorfvieh geweidet wurde. Gründer der Genossenschaft war Matthias Hennen.

Und um Tiere und Menschen unter den Schutz Gottes zu stellen, wurde an jener Stelle ein Kreuz errichtet. Gefertigt von dem Boxberger Stellmacher Kaspar Krämer wurde es still und heimlich aufgestellt, denn es war die Zeit des Nationalsozialismus, der religiöse Handlungen in der Öffentlichkeit zu unterdrücken versuchte.

Nach einem Vierteljahrhundert war dieses »Birkheidkreuz« morsch und verwittert. Nun fühlte sich Sohn Leo Hennen verpflichtet, das Mahnmal seines Vaters neu errichten zu lassen. Doch die Vollendung erlebte er nicht mehr, denn Leo Hennen verstarb am 20.4.1987. Seinen letzten Wunsch erfüllte nunmehr seine Witwe.

Aus einem mächtigen Eichenstamm wurde ein über drei Meter großes Kreuz gezimmert, auf dem außer der Dornenkrone und den Kreuznägeln die Worte »Im Kreuz ist Heil« eingeschnitzt sind. Am 20.9.1987 wurde es feierlich aufgestellt und eingeweiht; 51 Jahre vorher hatte Matthias Hennen diesem Birkheidkreuz folgendes Gedicht gewidmet:

 

Birkheidkreuz

Erdgeruch dem Boden entsteigt, Furche an Furche im Feld sich reiht. Erdgebunden, Gottverbunden! Der Bauer zu seinem Schöpfer schaut: »Gib Segen der Arbeit und der Müh, im Kreuzesschutz wir bauen hie!«

Wetterwolken am Himmel steigen. Sorg und Kummer sich im Leben zeigen Erdgebunden, Gottverbunden! Der Bauer zu seinem Schöpfer fleht: »Mögst Du behüten Haus und Auen in Kreuzesschutz wir stets vertrauen!«

Und soll es dereinst zu Ende geh'n,

die Kinder traurig um die Eltern steh'n.

Erdgebunden, Gottverbunden!

Der Bauer noch sterbend seine Kinder segnet.

In Heimaterde zur letzten Ruh' man ihn leget.

In Kreuzesschau die Scholle wird weiter

gepfleget.

Pfarrkirche Hilgerath (Krieg, 1944)

Einsam auf dem Berg unser Kirchlein steht, wuchtig-stark seinen Turm zum Himmel reckt, und Sturmesnacht an seinen Sielen leckt, in Gottesschutz fest jedoch Hilgerath steht.

Im Tal der Mensch mit all den vielen Sorgen erlebt die Zeit, der Welten Bitterkeit; doch ihm verbleibt der Trost der Ewigkeit, und er fühlt sich in seiner Kirch' geborgen.

Wenn gar die dunklen Mächte wütend toben, und die Welt gebiert wilde Stürme, dass die Wogen sich zu Bergen türmen: wir erflehen uns Hilf in Hilgerath oben, dass Gott uns hilft in diesem Erdenringen. Wir auf dem Berge fromme Lieder singen, unser Beten wird zu Gott hindringen: Er wird uns Kraft und Trost fürs Leben bringen.

Erntedank (1. 10. 1938)

Wenn die Sonne wieder höher steigt und der Erde neue Kraft verleiht, der Bauer dann zum Pfluge greift Furch' an Furch' in seinem Felde reißt. Dann wird die Saat der Erd' gegeben: Mög' Gott dazu den Segen geben!

Die Sonne scheint, die Erde taut, die Saat sich hebt, zum Himmel schaut. Schon golden wird der halbe Schaft, der Acker schenkt uns seine Kraft. Die Wolken schwer, der Himmel grau: Beschütz' uns Gott, die Flur und Au!

Am Himmel klar die Sonne blinkt, die Ähre rauscht, die Sense singt; die Maid, sie legt nun Bund an Bund; so müht man sich gar viele Stund', denn heim muss sie, die Ernte groß. Der Hunger ist nicht unser Los.

Zum Erntedank, Stadt und Land, sie geben sich in Treu' die Hand. Wir wirken hier, ihr wirket dort, jeder steht an seinem Ort. Wenn jedes Volk zusammensteht, es weiter lebt und nicht vergeht.