Geschichte und Geschichten

Hochgericht und Fastnachtshuhn

Das Schäffenweistum von Niederstadtfeld

Alois Mayer, Daun - Pützborn

Unter der Nummer l C Nr. 88b' befindet sich im Landeshauptarchiv Koblenz ein bisher unveröffentlichtes Dokument, das hochinteressante Einblicke in spätmittelalterliches Leben vor nahezu 500 Jahren, in die Rechtsprechung, die Steuer- und Gesetzgebung unserer Vorfahren im Vulkaneifelkreis Daun gewährt. Es ist das Schöffenweistum Niederstadtfeld aus dem Jahre 1506. Unter »Weistum« wird ein schriftlicher Rechtsakt verstanden, an dem rechtskundige (Dorf-)Schöffen2, gewählt durch Gemeindemitglieder, Aussagen über geltendes Gewohnheitsrecht und spezielle dörfliche Gesetze trafen. Bei Dienstantritt von 'neuen' weltlichen oder kirchlichen Herren (Graf, Bischof o. ä. oder bei den jährlichen Gerichtstagen) zeigten die Schöffen diesen die Grenzen ihres Herrschaftsgebietes und wiesen (= Weistum) hin auf die Rechte und Pflichten des Herrschers und seiner Untertanen3. Darüber hinaus besaßen sie Ortspolizeigewalt.

In diesem Dokument werden die Grenzen der damaligen Gemeinde und des späteren Amtes Niederstadtfeld, das sich 1225 auf Latein »inferiorem Stadevelt« nannte, beschrieben, die heute noch in ihrem Verlauf nahezu hundertprozentig stimmig sind. Es werden Flurnamen genannt, von denen die meisten heute noch sowohl in Aussprache als auch in ihrer Bedeutung bekannt und identisch sind. Diese Aussage gilt aber nur mit Einschränkung, da

1. die Flurnamen nur noch von wenigen, meist nur älteren Leute gekannt werden; den jüngeren werden sie heute nicht mehr weitervermittelt;

2. durch »Gebietsreformen« unter den Franzosen (um 1800) und unter den Preußen (nach 1815) sowie hauptsächlich durch die in diesem Jahrhundert stattgefundenen Flurzusammenlegungen verschiedene Flurbezeichnungen verschwunden sind. Eintragungen im Kataster und damit verbunden eine

»Eindeutschung« oder »Verständlichmachung« von Namen trugen wesentlich dazu bei, dass viele Flurbezeichnungen nicht mehr identifizierbar sind oder eine ganz andere Sinngebung erhielten [z.B.: »honner 't Heck« (= »hinter der Hecke«) wird zu »Hühnerhecke« u. ä.]. Des Weiteren beweist vorliegende Grenzbeschreibung, dass das gesamte Mittelalter hindurch bis zum Eindringen der Franzosen (1794) in den Eifelraum der Gemeindebezirk Niederstadtfeld weitaus größer war als die heutige Katasterfläche von immer noch beachtlichen 913 ha. Vielleicht erklärt dies, warum Niederstadtfeld, seiner einstigen Bedeutung wegen, von 1876 bis 6.11.1970 Mittelpunkt eines selbständigen Amtsbezirkes war. Darüber hinaus liefert die Urkunde auch den Beweis, warum heute noch 113 ha Wald im sogenannten Dreigemeindewald/Nonnenbusch (Schutz 5 ha; Bleckhausen 123 ha) zu Niederstadtfeld gehören, obwohl dieser Wald längst nicht mehr innerhalb der Gemeindegrenzen liegt. Gemeinsam mit der Gemeinde Schutz bildete Niederstadtfeld eine Gerichtspflege im Amt Manderscheid. Gleichzeitig war Schutz jahrhundertlang als Filiale der Pfarrei Niederstadtfeld zugehörig. Erst 1803 wurde Schutz aus diesem Verband herausgelöst und der neugegründeten Pfarrei Bleckhausen zugewiesen. Auch die Gemeindegrenzen von Schutz sind unklar, denn als im Jahre 1720 das »Landmaß der Gemeinde Schutz« aufgenommen wird4, geben die Schutzer an, dass sie keinen eigenen Wald hätten, als den gemeinschaftlich mit Bleckhausen und Niederstatt-

Markstein mit den Grenzen von Üdersdorf, Ober- u. Niederstadtfeld

feld genutzten Wald »Rückener«, in dem sie Holz- und Äckerungsrechte besäßen. Als Gemeindeweide geben die Schutzer das Wildland hinter dem Bohrberg an; ansonsten erfolgt die Viehtrift mit den Bleckhausenern gemeinsam. Das folgende Weistum ist der Verständlichkeit wegen in Hochdeutsch, mit Zusatzüberschriften wiedergegeben und mit Anmerkungen versehen, um teilweise schwer Verständliches und mittelalterliche Rechtsauffassungen zu erläutern; die Flurnamen sind original, in Klammern die heutige Schreibweise.

Einleitung

Im Jahre des Herrn 1506, am Freitag dem 6. November, habe ich Johann Graman (= von Nickenich), Amtmann zu Manderscheid, die Schöffen von Niederstadtfeld gemahnt6. Sie wiesen den Bezirk ihres Hochgerichts6 und der Gerechtigkeit7 unseres gnädigen Herren8 und anderer, die benannt sind. Zuerst wiesen die Schöffen den Bezirk (= sie beschreiben die Grenzen der damaligen Gemeinde Niederstadtfeld):

Grenzbeschreibung

Angefangen an der lysgis hellen (= Leisjes Held; Eliesenheld) den Eck wyß wasser-falles vor Hockescheyt (= an der Eckwiese am Wasserlauf vor Harscheid); da steht eine Eiche (= uralte Eichen wurden dort nach dem letzten Kriege durch Franzosen abgeholzt); von dieser Eiche auf den Holdenbossen (= auf dem Boos); von dem Holdenbossen den graben ab (= dieser alten Graben ist heute noch vorhanden und erkennbar), den landwerwegen (= heute: Hasenweg) nach bis in die muellenbach (= Mühlenbach); die halbe Mühlenbach (= die Grenze befand sich in der Mitte des Baches) hinab bis in krippen Clais kaulle (= Kaulswies; die ehemalige »Kaul von Klaus Krippen« ist noch im Wald zu erkennen) hin zum hagendorn (= Hagebuttenhecken; heute: Hasenberg); von diesem hagendorn hin zu einem Stein, der bei einer Eiche auf Molscheit (= Mühlscheid) steht; von diesem Stein herunter in die marckwese (= Markwiese); von der Markwiese zu einem Stein; von dem Markstein auf moezenhelt wyß (= Metzenheldwiese) auf die grabe (= Grof[l810]; Gruff); von dem Graben hin zu streytlant (= Streitwies) zu einem Markstein; dort stossen zusammen dreier Herren Gericht (= dicker Stein; hier treffen die Grenzen von Üdersdorf, Ober- und Niederstadtfeld zusammen); von diesem Stein zum Thrumbachs borne (= Quelle des Trombachs); von der Trombach-Quelle die halbe Trombach hinab bis in die Swynkule (In der Abschrift = Schweykule; Sveinkaul [1810]; In der Schweinkaul); die Schweinkaul heraus bis vor kipscheit (= Kipscheid; an dieser Stelle steht heute noch ein mächtiger Grenzstein, 'schwarzer Stein' genannt) und die Hoege straiss vor Kipscheid (= Kipscheider Straße) entlang, der alder straissen nach (= dieser Parallelweg war die einstige vielbenutzte Verbindung von Manderscheid nach Daun) bis hin zum ladeweychs borne (= Ladesborn [1810]; heute eine sehr sumpfige Stelle in der Ladewiese); von dem Ladesborn die halbe walbach (= Wahlbach [1466], Waldbach) hinab bis auf den holdenbessem; von den Holdenbessem heraus den Marken nach bis in die

„Schwarzer Stein" auf Kipscheid

 

honckelsbach (= Hinkelsbach); die Hinkelsbach hinunter bis in die kleyne Kyelle (= kley kyll (1508); Kleine Kyll); die halbe Kleine Kyll hinunter bis an die Spycher Ecke (= Speicher Ecke; der Speicherbach mündet dort in die Kleine Kyll); den Wasserlauf an der Speicher Ecke herauf bis zum Nonnenbusch (= Nonnenbusch; Dreigemeindewald) bis hin zu einem Markstein; von diesem Markstein auf den Nonnenbusch, den gezeichneten Eichen nach; von dem Nonnenbusch dann hinab bis in den blynden borns; von dem Blinden-born rechts über in Richtung desselraidt (= Deserath [1810]; Desserath) hin zu einer Mark-Eiche. Von dieser Eiche hin zu einem Stein, der zwischen dem Stadefelt (=Stadtfelder) und Meyspurgh (= Meisburger) Gericht steht. Von diesem Stein heraus bis in das gefeils (= Unterdemge-fel [1810]; op'em Gefell); da steht eine Mark-Eiche (= wurde um 1970 abgehauen); von dieser Eiche der Straße nach, die von Meisburg nach Wydenbach (= Weidenbach) geht hin zu einem Stein; von diesem Stein rechts hinüber auf Kallenbergh (= Kalen-berg); dort steht ein Markstein; von diesem Stein rechts hinüber zum Weidenbacher Weg (= Weidenbacher Weg), wo ein Markstein steht, und von dort die halbe Geyrsbach (= Geißbach) hinab in die Marscheit (= Marscheid); über die halbe Marscheid-Wiese (= Marscheiderwies) dann bis in die lysgens helte (= Elie-senheld) wie angefangen.

Lehnsherr

Ferner: In diesem obengenannten Bezirk weist der Schöffe meinem gnädigsten Herrn von Trier und seiner f.gl. Stift9 alle Hoheit zu, nämlich den Mann, den Bann, den Zug, den Flug, den Fund, den Brund, das Gebot und Verbot mit aller Hoheit, Herrlichkeit und Gerechtigkeit.10

Gerichtsbarkeit

Der Schöffe weist auch in dem obengenannten Bezirk das Gericht: wenn ein Mann darinnen den Hof verbricht" und ergriffen wird, soll er nach Mancht (= Manderscheid; Dialekt heute: Manicht) in das Gefängnis meines gnädigen Herrn gebracht und daselbst gerechtfertigt und nach seinem Verschulden gerichtet werden; dies erscheint meinem gn. Herrn sein Gut (= gutes Recht). Desweiteren erhält dafür mein gn. Herr gemäß dem Landmodus von jedem Haus zwei Sester Hafer12. Auch sollen alle diejenigen, die »binnen diesem Bezirk gesessen sind« (= Eingesessene, Einwohner oder Bürger) sind, mit dreierlei Gewehr am Hochgericht erscheinen", wenn Hochrichtens Not'11 ist. Wenn aber ein Mann nur zwei gute Gewehre hat, so mag er für das dritte ein Brotmesser mitbringen. Dies alles auf die Burg.

Steuern, Zehnt und Zins

Ferner: Es weist auch der Schöffe, dass niemand in dem oben angeführten Bezirk unentpfänglich Gut15 gebrauchen soll, und dass man nach dem Tode kurmedig16 wird.

Ferner: Der Wittumshof7 bleibt davon frei. Ferner: Der Schöffe weist, dass meinem gn. Herren im Mai 9 Gulden und 4 Albus zustehen und im Herbst noch einmal das gleiche.

Ferner: Der Schöffe weist auch, dass meinem gn. Herren jedes Jahr ungefähr 41/2 Malter Hafer innerhalb der drei JahrgedingeIB zustehen. Das erste Jahrgeding ist auf Dienstag nach Drutzehen Tage", das andere 14 Tage später und das dritte wieder 14 Tage danach. Während dieser Zeit sollen die Schöffen einen Tag ausmachen und den Hafer während den obengenannten Dingtagen nach Manderscheid liefern. Derjenige, der damit säumig wird, verfällt in die Buße20, die der Schöffe weist. Die Buße beträgt 10 Trierische Schillinge. Ferner: Ebenfalls erhält unser gn. Herr zu St. Martin (= 11.Nov.) 28 Malter Bede-Korn21 und 28 Blanken22 aus dem obengenannten Hochgericht.

Ferner: Unser gn. Herr hat in diesem Bezirk auch drei Mühlen; zwei Fruchtmühlen21 und eine Voll-Mühle24; was diese an Lehen geben müssen, steht im Zins-Register. Ferner: Etliche Lehensherren heben auch die Renten und Gülden in dem oben beschriebenen Bezirk. Es sind dies die Herren Johann von Hersell, Gerlach von Manderscheid und Wilhelm zu Wittlich. Sie erhalten ungefähr 10 oder 12 Malter Frucht. Ferner: Es hat auch Richard von Zolffer25 zu Schutz in diesem Bezirk Gefalle, nämlich 5 oder 6 Malter Hafer. In Schutz gibt es auch einen Hof. Von diesem erhält Junker Dietherich, Graf zu Manderscheid, 5 Malter Frucht und etliches an Geld. Ferner: Es liegt auch dort noch ein Höfchen, Kramhof genannt, das verpflichtet ist, jährlich l Malter Korn der Manderscheider Kirche zu liefern.

Ferner: Auch das Gotteshaus von St. Thomas hat dort etliche Zehnte; dasselbe gilt für den Pastor.

Ferner: Auch die Herren von Brandenburg haben an dem Zehnten ein Drittel; einen dritten Teil bekommt auch Philipp von Schöneberg. Ferner: Jedes Haus ist verpflichtet, meinem gn. Herren jedes Jahr ein Fastnachtshuhn26 zu liefern.

Schlussprotokoll

Dieses vorstehende Schöffenweistum habe ich, Petrus Tytetz, Notar von Prüm, auf Geheiß des Johann Graman, Amtmann zu Manderscheid, dem Schultheißen und etlichen Schöffen vorgelesen auf Mittwoch, dem 3. Februar 1505. Dann hat sie der Schultheiß Johendgin27 dort selbst gefragt, ob sie dies alles so anerkennen und weisen würden. Die Schöffen antworteten und sprachen: »Ja«. Dann hat der vorgenannte Schultheiß an mich den vorgenannten Notar und Befehlshaber des vorgenannten Amtmannes protestiert (= Johendgin gibt dem Geschriebenen die amtliche Bestätigung). Dies geschah zu Niederstadtfeld in der Stube des Pastors28 an oben genanntem Tage. Dabei gegenwärtig waren die ehrbaren und frommen: Klaus Zender, Byen Theis und Peter Hoentze29. Sie waren als Zeugen hierher gerufen und gebeten worden. Ich Petrus Tytetz bekenne mit meiner Handschrift, dass diese vorstehende Urkunde der Wahrheit entsprechend ist.

Dank gebührt dem Spezialistenfür Manderscheider Geschichte und Mühlenkunde, Herrn Karl Oehms, Trier, für dessen fachmännische Beratung.

1 Als Original ist anzunehmen LHAK l C Nr. 4198 Schöffenweistum Amt Manderscheid mit den Orten Manderscheid, Uf'flingen, Gipperadt, Niederstattfeldt, Deudesfeld usw.

2 Heute noch werden vielerorts die Bürgermeister als »Schöffe« oder »Scheffe« genannt

3 Für das vorliegende Weisthum gibt der Amtmann an ».....dass von Befehls wegen unseres gnädigsten Fürsten und Herrn von Trier, haben die Schöffen und Hofleute in jeglichem Gebiet des Amtes Manderscheid angegeben......«

4 LHAK Bestand l C 14983

5 gemahnt = rechtsförmliche Vorladung der Schöffen durch den Landesherren, hier: durch den Amtmann Graman im Auftrage des Trierer Kurfürsten Jakob II. von Baden und von Diedrich »dem Weisen«, Graf zu Manderscheid und Blankenheim, -., Herr zuDaun, Schieiden, Kronenburg und Neuerburg (vergleiche: Peter Neu, Geschichte und Struktur der Eifelterritorien des Hauses Manderscheid, Seite 95 ff

6 Hochgericht = Bezeichnung für einen Sprengel, für einen genau umgrenzten Bezirk, in dem der Herr (hier: der Graf von Manderscheid} freies Gericht ausüben durfte.

7 Gerechtigkeit = gemeint ist die Gemeinschaft der Hörigen, der Leibeigenen innerhalb der Herrschaft eines Landesherren, hier des Grafen von Manderscheid.

8 gnädiger Herr = mit Herr wurde das Mittelalter hindurch jeder be-

zeichnet, der irgendwelche Rechte über Personen oder Sachen ausübte. Viele Landesherren führten nur den Titel Herr.

9 gnädigster Herr von Trier und seiner f.gn. Stift = seiner fürstlichen Gnaden Stift, d. h. dem Kurfürsten von Trier, der ja auch gleichzeitig Erzbischof war. Es betont hier die doppelte Funktion des Landesherrn als Bischof (Stift) und Kurfürst (weltlicher Herr)

10 Den Mann, den Bann.... = alte Rechtsformel in Stabreim, die in vielen Weistümem des Trierer Raumes auftaucht; der Mann = (auch Frau und Kind) war als Leibeigener im Besitz des jeweiligen Herren; er musste als Lehnsuntertan dafür sowohl Zehnte bezahlen als auch (Fron-) Dienste leisten; Bann = Bezirk, in dem der Herr eigenmächtig und selbständig schalten und walten durfte; Zug und Flug (der Tiere) = Recht auf Jagd und Fischerei; Fund = Bodenschätze; Pfründe = Teile einer Stiftung oder Erlöse daraus; Recht, Ämter zu verleihen und daraus Einkünfte (Lehnzins) zu beziehen. Gebot und Verbot = Befehls- und Strafgewalt in dem jeweiligen Herrschaftsbereich; Herrlichkeit = anderer Ausdruck für die bereits mehrmals erwähnte herrschaftliche Gerichtsbarkeit.

11 Hof verbrochen = Hofrechtbrechen; der Verstoß gegen allgemeine oder speziell an den Hof gebundene Gesetze; (= Frondienste; Zehntabgaben; Abgaben bei Heirat oder Tod; Bruch des Asylrechts o. äj.

12 Die Bürger von Manderscheid waren von der Ablieferung jener 2 Sester sogenannten Hinrichtungshafers befreit.

13 Hochgerichtsnot = im Kriegs- oder Verteidigungsfalle. Die Bürger waren demnach verpflichtet, mit dreierlei verschiedenen Waffen (= Gewehre; zum Wehren) zu erscheinen, mit Sensen, Dreschflegeln, Mist- oder Heugabeln, Schwertern usw., die als gute Waffen begriffen wurden. Hier: wenn ein Mann zwei gute Gewehre hat, mag er es verantworten, für das dritte ein Brotmesser mitzubringen, »das alles auf die Burg« = das erklärt, das Hochgerichtsnot den Verteidigungsfall meint. Mit diesem seltsamen Bewaffnungsbefehl - im Gegensatz zu heute, wo vor Gericht keinerlei Waffen zugelassen sind -spiegelt dieser bunte »Bauernhaufen« den Rest des sog. frühmittelalterlichen Bauernzuges wider. Uraltes germanisch-fränkisches Volksrecht verpflichtete den Bauern, im Kriegs- oder Notfall seinen Herrn im Heereszug zu unterstützen. Diese Dienste sind nach der Jahrtausendwende größtenteils vom Ritterstand übernommen worden. Von jenem einstigen Bau-em-Heereszug blieb nunmehr jener »Zug zur Gerichtsverhandlung« übrig, die einzige Gelegenheit, bei der die Hofbewohner Waffen tragen durften wie einst ihre freien (germanischen) Vorfahren.

14 Hochrichtens Not = bei der Urteilsvollstreckung einer (Todes-)Strafe.

15 unentpfänglich = nicht empfangen, d. h. es war dem Hörigen nicht gestattet, irgendwelches Gut in Besitz zu nehmen, ohne dass es ihm vom Herren verliehen worden wäre. Kinder konnten also nichts von ihren Eltern erben, sondern höchstens deren Besitz gegen Entgeld von dem Manderscheider Grafen zu Lehen bekommen.

16 Beim Tode des Familienoberhauptes wurde der Besitz »kurmedig«; der Herr besaß die Kurmode (Kur-mede, Churmüde). Da nun der Besitz, das Lehen, auf den nächsten (meist älteren Sohn) wechselte, durfte der Herr wählen, ob er sich für seine 'Gunstbezeigung' der Besitzwechselverleihung von dem Erben das beste Stück Vieh (Besthaupt} oder das beste Gewand (Bestgewand, Bestkleid, Gewandfall o. ä.) geben lassen sollte.

17 Wittumshof = Pfarrgut

18 Jahrgedinge = festgesetzte Termine, an denen der Herr in seinem Bezirk Gericht (Sprechstunde, 'Konferenz') hielt. Für alle in diesem Bezirk wohnenden Untertanen bestand die Pflicht, zu den Terminen dieser feierlichen Gerichtssitzung zu erscheinen. Anderenfalls erhielten sie eine Buße (Strafe). Es waren dies auch häufig Tage, an denen die fälligen Zehntabgaben geliefert werden mussten. Das Jahrgeding wurde oft unter freiem Himmel gehalten.

19 Dienstag nach Drutzehen Tage = Dienstag nach dem 13. Januar. Altere Menschen kennen noch den Spruch: "Dienstag ist Dingtag" oder »Dienstag ist Zinstag«

20 Buße = s. Anmerkung 12; die Buße als Entschädigung für die Arbeit des Untergerichtes betrug im Amt Daun im Jahre 1466 = 8,5 Schilling.

21 Bede = eine Steuer, die vom Landesherren erhoben wurde; es gab mehrere Termine innerhalb eines Jahres, an denen die Bede abgeliefert werden musste. Je nach Art des Dienstes oder der zu entrichtenden Produkte hieß diese auch Baubede, Bierbede, Kuhbede, Haferbede, Küchenbede usw.

22 Blanken = dies war eine spätmittelalterliche Groschenmünze in der Bedeutung von Weißpfennig (Al~ bus) oder Witten.

23 In dieser Angabe scheinen die »Schutzer Mühlen« eingerechnet zu sein. 1720 werden beim Landmaß der Gemeinde Schutz folgende Mühlen aufgezählt: Auff der Wallenborner bach in hiesiger ge-marckung betten 1.) Mattheis Webers Erben eine mahlmühle (Reeg-mühle, welche, wan umb sicheren pfacht Verlehnen werden sollten, zwey mltr Korn ahn jährlichem pfacht ertragen könne; 2.) Item Joes Webers Erben eine mahlmühle in der stattfelderbach (Hinkels-mühle) ad 2 mltr pfacht; 3.) Item hanß Mattheis Zirves und Mattheis Zirves, beyde von Meyßburg eine mahlmühle (Binsenmühle) auff der Sallm stehend ad 2 mltr jährlichs pfacht; 4.) Sodann Lorens Maus, da sey eine mahlmühle (Mausenmühle) auff der Salm ad 3 mltr Korn jährlicher pfacht. (Vergleiche: Familienbuch Bleckhausen-Schutz von Matthias Heinen, Bleckhausen) Das Schöffenweisthum für Niederstadtfeld aus dem Jahre 1607 (LHAK Bestand 4192) weist für »Niederstadtfeld« nur eine Mühle aus: item gibt Christian Stadtfelts Erben daselbsten von der Müllen, so noch irer sammter handt ist (das Erbe war noch »un-verteilt« 1/2 Malter Korns und gibt die Mhüll alle Jahr an Glich l Pott und noch gibt die Mhüll ahn gelt l Florin.

24 folmoelen = Voll-/Walkmühle = (Raechsmühl, 1810) Regmühle zu Schutz, in der Öl gewonnen, Stoffe und Leder gewalkt wurden; sie erhielt ihr Wasser aus dem »Wallmer«- oder »Wallenborner«- Bach; (-> F. Wißkirchen, Jahrbuch Kreis Daun, 1985, S. 240). Der Ausdruck »Vollmühle« ist ausgestorben. In einer solchen Anlage wurde das Tuch »gevollt«. Die beim Weben verbliebenen Zwischenräume wurden dichter, voller. Dies wurde durch Stampfen des Tuches in einem mit Ton und Wasser gefüllten Bottich erreicht, ähnlich dem Walken in einer Walkmühle (nach Dr. F. Milz).

25 Familie Zolver = Burgmänner in Daun; entfernt verwandt mit dem Dauner Grafengeschlecht.

26 Fastnachtshuhn = übliche Form des Kopfzinses; an bestimmten Tagen (hier: Fastnacht) musste dem Herren ein Huhn abgeliefert werden. 1478 waren nach der Kellnerei-Rechnung Manderscheids davon ausgenommen die Schöffen und die Kindbetts-Frauwen. (LHAK l C 6124). Das Weisthum des Jahres 1607 erklärt es genauer: Item gibt jedes Haus »da Rauch uffgesetzt« ein Fasnachtshuhn, ausgenommen der Schultheiß und die Scheffen und auch der Wittumshof. Das Fastnachtshuhn war also eine frühe Form der Rauchsteuer, die im Jahre 1654 im Amt Manderscheid offiziell erhoben wird (Stadtarchiv Trier L 10/10)

27 Schultheiß (Johendges) ist nicht gleichzusetzen mit Bürgermeister. Schultheißen wurden von der Obrigkeit (dem Bischof) eingesetzt! Bürgermeister = Zender aus der Gemeinde erwählt. Dem Schultheiß kann bereits eine Art von Beamtenstatus zugesprochen werden.

28 Dies der Beweis, dass um 1505 ein Pfarrhaus bestand, das möglicherweise mit dem Kirchenbau Mitte des 12. Jahrhunderts erbaut wurde. Um 1743 entsprach es in keiner Weise mehr den Ansprüchen des Pastors. Pfarrer Simon Schmilz (1793-1838), ältester Sohn des bekannten und äußerst reichen »Medizingebers« Schmilz aus Niederstadtfeld, bezog dieses baufällige Pfarrhaus nicht mehr. Er bewohnte sein Vaterhaus. Die Kirchengemeinde kaufte ihm dieses Haus 1828 für 3400 Taler ab. Diesen Geldbetrag leilten sich Oberstadifeld (1133 Taler) und Niederstadtfeld (2267 Taler). Seit dieser Zeit war es Pfarrhaus, wurde 1843 erweitert und hatte zehn Zimmer. Ein Raum darin hieß stets das »Doktorzimmer«. Zu schlicht und baufällig, wurde es 1954 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.

29 Die Familiennamen Zender, Theis und Heinz sind heute noch im Stadtfelder Bereich geläufig; bei »Byen-Theis« handelt es sich vermutlich um 'Bienen-Matthias' (Beien = Bienen); ein ähnlich klingender Vorname ist nicht bekannl; vgl. Büdde-Bernd; Hunds-Pitter und andere.