Ohne Zweifel -

wir kommen aus der Eifel

Felicitas Schulz, Hillesheim

Bereits seit vielen Jahren gibt es im Hillesheimer Frauenbund eine Abteilung Seniorenreisen. Kürzlich sagte eine Dame: »Ich führe gern mal mit, aber weder bin ich schon berechtigt den Seniorenpass zu beantragen, noch bin ich Großmutter und meine weißen Haare sieht auch keiner. Meint Ihr, ich könnte mich trotzdem bei einer der Fahrten anmelden?« Ich bejahte ihre Frage und verwies sie auf das breitgefächerte Jahresprogramm ohne Altersangabe bei der Anmeldung. Im Mai 2000 war eine »Frühlingsfahrt nach Wien« angesagt. Unsere gutgelaunte Reisegruppe nebst einem höflichen und hilfsbereiten Busfahrer ließ die Eifel alsbald hinter sich und durchfuhr in südöstlicher Richtung mehrere Bundesländer. Der waldreiche Spessart mit seinen Buchen, Eichen und verschiedenen Nadelhölzer ließ uns an Geschichten erinnern, wie man anno dazumal reiste und prompt fiel das Stichwort »Das Wirtshaus im Spessart«. Später verließen wir bei Würzburg zu einer Rast die Autobahn und erblickten am schattigen Ufer des Mains die hochgelegene ehemalige Festung Marienberg, den Dom, die von Balthasar Neumann erbaute Augustinerkirche und einige Wallfahrtskirchen. Bereits im Mittelalter war Würzburg ein Ort des Getreidehandels und des fränkischen Weinanbaues. Inzwischen waren Liederhefte, unsere ständigen Reisebegleiter, verteilt und schon wurde gesungen von der Heimat, der ewigen Liebe und vom Jäger aus Kurpfalz. An Nürnberg vorbei, dem früheren Salzumschlagsplatz und Handelsknotenpunkt, wurden wir an die jährlich stattfindende Spielzeugmesse, Lebkuchen, an wohlklingende Namen wie Albrecht Dürer, Veit Stoß, Hans Sachs sowie an die historische Fahrt der ersten deutschen Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth im Jahre 1835 erinnert. Einige Meilensteine hinter Regensburg, der geschichtsträchtigen ehemaligen Stadt des immerwährenden Reichstages mit seinem gotischen Dom, sichteten wir in der Ferne den Bayerischen Wald und hatten unser Tagesziel, die Drei-Flüsse-Stadt Passau, bald erreicht.

Das Hotel lag in der Fußgängerzone, sodass die Möglichkeit bestand, den Dom mit der größten Orgel der Welt, die barocke Altstadt und die Mündungen von Inn und Hz in die Donau zu besichtigen. Im Speisesaal traf ich am Abend nur gutgelaunte und urlaubsmäßig gekleidete Mitreisende an. Am nächsten Tag ging unsere Urlaubsfahrt wiederum durch eine bezaubernde Landschaft und wenn auch die Männer in der Minderzahl waren, so sorgten sie doch für Unterhaltung und besonders für Stimmgewaltigkeit bei unseren, stetig besser werdenden Liedvorträgen. Keine Passkontrolle, keine Zöllner, nur freie Straße durch Österreich, vorbei an Wels unweit der Meistersingerschule und Linz, dem alten Brückenort an der Donau. Gegen Mittag kam Melk in Sicht. Auf einem Felsenriff erblickten wir das weithin sichtbare Benediktinerstift, eines der großartigsten Barockklöster Europas. Beeindruckt waren wir von der Stiftsbibliothek und erfuhren während der Führung einiges über die Babenberger, die Habsburger und über das Kloster mit seinen Mönchen. Ohne Zweifel, hier ist die Eifel, versuchte ich meine Gruppe zu sammeln, was glänzend gelang; denn dieser, einem Schlachtruf ähnlichem Ausstoß, ließ viele Anwesende und auch unsere Nachzügler in meine Richtung schauen. Einige der umher Stehenden lächelten, andere schauten nachdenklich zu unserer Gruppe hinüber und gar andere fragten neugierig: »Was, aus der Eifel kommt ihr«, was wir stolz bejahten. Die kommenden Tage waren mit dem Besuch in und um Wien ausgefüllt. Unsere bestellte Stadtführerin Emmy war ein Glücksfall. In ihrer erfrischenden Art brachte sie uns an zwei Tagen ihre Stadt mit eindrucksvollen Sehenswürdigkeiten, mal zu Fuß und gemächlich im Bus fahrend, näher.

Auf meine Frage nach dem Palais Daun überlegte sie einige Zeit und erwiderte, da fahren wir später mal vorbei. Was interessiert Sie an dem Bau, der heute einen anderen Namen trägt? Ich deutete auf den unübersehbaren Schriftzug »Eifelgruß« auf unserem Bus, und erklärte, dass wir aus dem Kreis Daun in der Eifel kämen. Am Hundertwasserhaus in der Löwengasse gerieten wir alle ins Staunen und gar manche ins Schwärmen; denn der soziale Wohnungsbau der Donaumetropole hat dieses phantasievolle Miethaus in ihr Angebot mit eingebunden, so wurde uns berichtet und zugleich versichert, dass bei einem Einzug, bedingt durch die schiefen Fußböden auch dementsprechende Möbel angeschafft werden müssten. In einer kurzen Kaffeepause gegenüber im Hundertwasser-Cafe berichtete ich Emmy von unserem und ihrem Wirich aus dem Hause Daun. Er war ihr nicht unbekannt, aber mit den Einzelheiten, die sie nun erfuhr und sogleich niederschrieb, erklärte sie später an der Augustinerkirche ausführlich das Leben des Wirich Philipp Lorenz Graf Daun (1668 - 1741), Nachkomme aus einem Eifeler Adelsgeschlecht, und wies auf seine Grablege hin, was von allen mit Begeisterung für diesen kaiserlichen Feldmarschall aufgenommen wurde. An einem weiteren Tag durchführen wir den Wiener Wald und erblickten Burgruinen auf steilen Bergkuppen, die die Straße entlang des Schwechatflusses säumten. Es waren Trutz- und Schutzburgen, die ab dem 11. Jh. zur Sicherung des Reiches und zur Abwehr der jahrhundertelangen türkischen Überfälle dienten. Die Römer nannten dieses Waldgebirge »Mons Cetius« und erst im 14. Jh. bürgerte sich die Bezeichnung »Wiener Wald« ein, der seit der Biedermeierzeit im 19. Jh. als Ausflugsziel für alle Schichten im k. u. k. Reich diente.

Das Schild Mayerling stand links zur Einfahrt eines Gehöftes, welches ruhig und verschlafen inmitten von Wiesen und Bäumen stand und sogleich kam auch die Tragödie von 1889 zur Sprache, die sich dort ereignete und an den Grundfesten der Donaumonarchie rüttelte. Kronprinz Rudolf, der einzige Sohn von Kaiser Franz Joseph I. und seiner Gemahlin, der Kaiserin Elisabeth, ging hier in diesem ursprünglichen Forst gut mit seiner jungen Geliebten Maria Vetsera in den Tod. Die Großmutter AmalieLuise(1789- 1823) der Kaiserin war väterlicherseits Herzogin und Prinzessin von Arenberg, was uns wiederum an unsere Eifel erinnerte; denn die weit verzweigten Linien eines frühen Edelherrengeschlechtes reichen mit dem Aremberg und dem Hause Arenberg auch in die Eifel zurück. Anderntags fuhren wir auf einem Ausflugsdampfer von Krems bis nach Spitz durch die Wachau und sahen einen Teil des Donaudurchbruchtales. Unterwegs erblickten wir Heurigenlokale in malerisch gelegenen Dörfern, auf den Burgen, Burgruinen und an den Kirchen waren Fahnen gehisst. Radfahrer säumten das Ufer und erkundeten den Donauradweg. Wie Perlen reihen sich die Orte unterhalb der Weinberge, gesäumt von Marillenhainen, in gebührendem Abstand aneinander. Über dem Ort Dürnstein sahen wir die Ruine der Burg, in der 1193 der Babenberger Leopold V. den englischen König Richard Löwenherz gefangenhielt, ehe er zur Burg Trifels gebracht wurde. Dort waren zu jener Zeit die Schätze des Reiches aufbewahrt. Auf unserer Heimfahrt fuhren wir durch die wunderschöne Pfalz und bewunderten in Annweiler eben diese Burg Trifels, konnten nur erahnen, wieviel länger dieser wertvolle Tross mit dem Gefangenen vor annähernd 800 Jahren unterwegs war. Pfalz und Hunsrück ließen wir hinter uns, dann das liebliche Tal der Mosel und nach kurzer Zeit mit Blick auf die vertrauten Berge sagte ich zum Abschied: »Ohne Zweifel - wir sind wieder in der Eifel«.