50 Jahre Katharinenschwestern in Daun

Alois Mayer, Daun

Das Jahr 1951 war für die Stadt Daun ein Jahr wie jedes andere - mit Höhen und Tiefen, mit Freud und Leid, mit Enttäuschungen und hoffnungsfroher Erwartung. Und dennoch war es ein markantes Jahr in der Geschichte der Stadt, ein Jahr voller Ereignisse, von denen einige in 2001 als Festlichkeiten und Jubiläen gewürdigt wurden. Der Zweite Weltkrieg war eben erst 6 Jahre vorbei. Noch wies die kleine Stadt Daun mit ihren knapp 2500 Einwohnern viele Bombentrichter und manche Trümmerhaufen auf. Erst seit drei Jahren gab es wieder »gutes Geld«, erst seit zwei Jahren die Bundesrepublik und damit das Ende der französischen Besatzungsmacht. Seit 2 Jahren konnten die Dauner wieder in ihre neu aufgebaute Pfarrkirche »St. Nikolaus« gehen, die infolge eines Bombenangriffs in Schutt und Asche gelegen hatte. Ein neue Lebensfreude, ein dankbares Gefühl von demokratischer Freiheit waren in die Stadt eingekehrt. Mit Schwung und Elan wurden die Zukunft angepackt und Pläne geschmiedet. Zu den Zukunftskonzeptionen gehörte auch das Dauner Krankenhaus. Es bestand zwar schon seit 1894. Aber jetzt war es zu alt, zu klein, zu beengt, entsprach in weiten Bereichen überhaupt nicht mehr den Sicherheitsvorschriften, hinkte der Technik weit hinterher und erfüllte lebenswichtige medizinische Standardnormen in geringerem Maße.

Die katholische Pfarrgemeinde St. Nikolaus, der das Krankenhaus gehörte, kam nicht umhin, einen Neubau vorzunehmen. Und in 1951 war dieser schon recht weit gediehen. Alle waren zufrieden. Der kirchliche Verwaltungsrat, die Baufirma, die Arbeiter und ganz besonders die Stadt. Zum einen, weil sie zu Beginn des Jahres in einer großen Feier ihre Stadtrechte wieder zurück verliehen bekommen hatte, zum zweiten, weil die Stadt einen Baumboom erlebte und zum dritten war sie mächtig stolz auf das neue Krankenhaus, staatliche Finanzierungskonzepte und die Leistungen der Waldbreitbacher Franziskanerinnen, die dieses Haus ja nunmehr seit über 65 Jahren leiteten. Doch mitten in diese Freude platzte dann eine schockierende Nachricht. Die Waldbreitbacher Schwestern erklärten, dass sie den Neubau des Krankenhauses nicht würden übernehmen können. Aufgrund von Nachwuchsproblemen würden sie sich sogar gänzlich aus Daun zurückziehen. Das war ein Schock. Ein neues Krankenhaus, aber keine Schwestern.

Einweihung Maria-Hilf-Krankenhaus Daun 1952 durch Weihbischof Dr. Stein

 

Da war guter Rat teuer. Der damalige Dechant Thomas sandte manches Stoßgebet gen Himmel - und fand Erhörung. Auf verschlungenen Wegen erfuhr der Kirchenrat (Otto Hommes, Alois Deblon, Josef Willems Jean Groß, Jakob Siebenmorgen und Dr. Leo Pindur), dass die »Kongregation der Schwestern von der Heiligen Jungfrau und Märtyrerin Katharina«, kurz »Katharinenschwestern« genannt, 1945 von den Russen aus dem Ermland vertrieben, nunmehr eine Niederlassung oder eine Betätigungsfeld in Westdeutschland suchten. Sofort fuhr man zur Provinzoberin, verhandelte und erreichte, dass am 27.7.1951 die ersten Katharinenschwestern aus Berlin in Daun eintrafen und offiziell vier Tage später (1.8.1951) das Krankenhaus

Altbau Maria-Hüf-Krankenhaus

»Maria-Hilf« übernahmen. Und wie ist in der Chronik zu lesen? »In dem ursprünglichen Krankenhaus wurden die Patienten operiert und dann huckepack vom Pfleger und Assistenzarzt in die Baracke zur Pflege gebracht. Schwester M. Odilia Preuschoff und andere Schwestern haben die Kranken hier über ein Jahr mit Liebe gepflegt«, bis der Neubau am 31. August 1952 durch Weihbischof Dr. Bernhard Stein, Trier eingeweiht werden konnte. Sofort im gleichen Jahr erfolgte die Gründung einer Krankenpflegeschule, um nun selbst qualifizierte und im Geiste von Regina Protmann erzogene Pflegekräfte zu gewinnen. Schlicht und einfach war der Anfang, noch im Altbau des Krankenhauses, in einem kleinen, notdürftig hergerichteten Zimmer, bis dann von 1962 bis 64 ein Schwesternwohnheim neu erbaut werden konnte, in dem dann mehrere moderne Unterrichtsräume eingerichtet wurden, bis dann am 22. Juli 1978 ein eigenes Schulgebäude eingeweiht wurde, in dem bis heute Krankenpfleger und - innen in Theorie und Praxis bestens ausgebildet werden. Heute ist diese Krankenpflegeschule nicht nur der größte Ausbildungsbetrieb des Kreises Daun, sondern genießt darüber hinaus im Lande Rheinland-Pfalz einen ausgesprochen guten Ruf, angefangen bei der exzellenten und qualitativ hoch stehenden fachlichen Ausbildung des Pflegepersonals bis hin zu deren menschlichen Einstellung dem hilfsbedürftigen Menschen gegenüber, die geprägt ist durch das christliche Leitbild Regina Protmann als auch durch das, das Ordensschwestern ihnen täglich vorleben.

Und das haben Schwestern des Katharinenordens so formuliert: »Der Mensch ist Geschöpf und Abbild Gottes. Er ist erlöst und hat in Gott unendliche Zukunft. In der Einheit von Leib und Seele ist er in seinem Personsein zu achten - unabhängig von seiner Herkunft, Nationalität, Glaubensüberzeugung oder sozialen Stellung.« Eine These, die gerade in den heutigen Tagen mit ihren Diskussionen über Euthanasie, Abtreibung, Genmanipulation und Klonen, enorme Aussagekraft und nachdenkenswerte Dimensionen beinhaltet. Doch der Bauwille der Dauner Schwestern war ungebrochen. Erfüllt mit neuen Ideen, Plänen und Visionen, trugen sie in unnachahmlicher Weise zur Entwicklung der Stadt und ihrer Infrastruktur bei, setzten Meilensteine in der Betreuung des Menschen. 1969-16.11.1972: Bau eines »neuen« Krankenhauses nach Plänen des Architekten Neckenig.

26.2.1975: Grundsteinlegung zu eigenem Konventhaus »St. Katharina« (Einweihung: 23.6.1976). 18.9.1980: Baubeginn zu dem vorbildlich ausgestatteten Seniorenheim »Regina Protmann«, in dem heute 130 hilfs- und pflegebedürftige Menschen Heimat finden. 1996: Errichtung der Fachschule für Altenpflege, im Jahre 1999 ihre staatliche Anerkennung erhielt. Die segensreiche Tätigkeiten der Katharinenschwestern erschöpfte sich jedoch nicht nur in der Bautätigkeit. Sehr viel Christentum, praktizierte Nächstenliebe, tiefe Pädagogik und Liebe am und zum Kind säten und vermittelten die Dauner Schwestern durch all die Jahre in pfarrgemeindlicher Arbeit, in der Sozialstation der Caritas oder in den beiden Dauner Kindergärten,

Neubau Maria-Hüf-Krankenhaus 1952. Dieses Gebäude wurde vor rd. 30 Jahren durch einen völligen Neubau eines Krankenhauses ersetzt.

 

in dem St. Nikolauskindergarten, der nach seiner Kriegszerstörung 1956 wieder neu eröffnet und in die Obhut der Dauner Schwestern gegeben wurde, oder in dem »Thomas-Morus« Kindergarten, der 1968 seine Arbeit begann. Bis 1981 stand er unter Leitung von Ordensschwestern. 1951 kamen die ersten Katharinen-Schwestern nach Daun. Für die Dauner waren sie und deren Orden fremd. Diese damalige Unkenntnis hat sich bis heute in unseren Stadtmauern grundlegend gewandelt. Heute wissen viele, dass die selige Regina Protmann die Gründerin der Kongregation der Schwestern von der hl. Jungfrau und Märtyrerin Katharina ist, dass sie aus Braunsberg [dem heutigen polnischen Braniewo] im Ermland stammte und sich mit ganzem Herzen dem Werk der Erneuerung der Kirche an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert widmete. Ihr Wirken, das der Liebe zu Christus über alles andere entsprang, geschah nach dem Konzil von Trient. Sie beteiligte sich aktiv an der nachkonziliaren Reform der Kirche, indem sie mit großer Selbstlosigkeit ein demütiges Werk der Barmherzigkeit vollbrachte. Sie gründete eine Kongregation, die die Kontemplation der Geheimnisse Gottes mit der Sorge für Kranke in deren Häusern sowie mit der Erziehung der Kinder und der weiblichen Jugend verband. Besonderes Augenmerk widmete sie der Pastoral der Frauen. Selbstvergessen erfasste die sei.

Regina mit Weitblick die Nöte des Volkes und der Kirche. Die Worte »wie Gott will« wurden zum Motto ihres Lebens. Brennende Liebe trieb sie dazu, den Willen des himmlischen Vaters nach dem Beispiel des Gottessohnes zu erfüllen. Sie fürchtete nicht, das Kreuz des täglichen Dienstes auf sich zu nehmen, und gab damit Zeugnis für den auferstandenen Christus. Zur Schutzpatronin wählte Mutter Regina die heilige Katharina von Alexandrien, die Patronin der Pfarrkirche von Braunsberg. Die überlieferte Geschichte dieser Heiligen war Vorbild und Ansporn zugleich: Sie stand aufrecht für ihre Überzeugung trotz Folter bis zum Tode. Seit dem 1. Juni 1583 gibt es nunmehr diesen Katharinenorden, der somit zu den ältesten ununterbrochen bestehenden Frauenorden Deutschlands gehört. Regina Protmann wurde am 13. Juni 1999 durch Papst Johannes Paul II. in Warschau selig gesprochen. Und mit ihrer Glaubenskraft leben und wirken bis heute in Daun unsere Katharinenschwestern. Diese, denen damals 1951 Daun und die Eifel genau so unbekannt waren wie uns Eifelern das Ermland, sind in den letzten 50 Jahren zu einem Teil der Stadt Daun geworden, zu Bürgerinnen - unersetzbar für die Bevölkerung, nicht mehr von hier fortdenkbar. Sie haben in Wort und Tat nicht nur die Thesen von Mutter Regina in die Realität umgesetzt, sondern vor allem Christi Worte vorgelebt. Sie sind zu Christi helfenden Händen geworden, zu wahren Verkündern der Frohen Botschaft. Zwölf Schwestern, die während der letzten 50 Jahre in Daun tätig waren, haben mittlerweile ihre letzte Ruhestätte auf dem Dauner Friedhof gefunden. Noch leben in Daun rund 20 Katharinenschwestern, liebevoll betreut und geleitet von den Oberinnen des Krankenhauses, des Seniorenheimes und beider Konvente, nämlich Sr. Agnes, Sr. Longina, Sr. Magdalena, Sr. Petra. In Gesprächen mit ihnen ist deutliche Sorge zu spüren über den mangelnden Nachwuchs an Ordenskräften, aber auch in Gott vertrauende Hoffnung, dass zum einen der Katharinenorden weiterbestehen wird und zum anderen, dass nicht unbedingt eine Vielzahl von Schwestern Ordenseinrichtungen in Daun sichert, sondern das Gebet und die Qualität. Gebe Gott auch, dass in 50 Jahren Katharinenschwestern zu deren 100-jährigen Bestehen ihrer Ordensniederlassung in Daun gratuliert werden können.