Johannistag

Christa Feltgen, Steffeln

Der Tag, an dem wir die kürzeste Nacht und den längsten Tag des Jahres erleben, war schon für die alten Germanen und all die anderen Völker der Vorzeit von großer Bedeutung. Die Sommersonnenwende am 22. Juni, aber auch die Wintersonnenwende im Dezember und die Tag- und Nachtgleiche waren Wechselpunkte im Jahr und alles, was in diesen Zeiten draußen in der Natur geschah, beeindruckte die einfachen Menschen tief. Deshalb wurden zur Wintersonnenwende große Feuer angezündet, um das bevorstehende Wiedererwachen der Sonne herbeizurufen.

Im Sommer dagegen sollten die Holzstöße, von den Menschen zum Brennen gebracht, Gesundheit und Durchhaltevermögen und im Hinblick auf die bevorstehende Ernte und die danach wieder zunehmende Dunkelheit Kraft und Segen bringen. Bei den Sonnwendfeiern tanzten die Menschen um das Feuer herum, sprangen alleine oder zu Paaren durch die Flammen und streuten später die Aschereste auf die Felder. Wie heute die Geburt Jesu in die Zeit der Wintersonnenwende gehört, so feiert man zur Sommersonnenwende das Fest der Geburt Johannes des Täufers. Das Fest seines Geburtstages löste die Sonnwendfeiern unserer heidnischen Vorfahren ab. In der Eifel gibt es heute die alten Sitten zur Geburt des Heiligen nicht mehr, zumal die Kirche dahinter noch lange Zeit Heidnisches vermutete und sie deshalb nicht gern sah.

Besonders in der Westeifel ging man an den Freitagen vor oder nach dem 24. Juni zum Schutz gegen Hagel in Prozessionen rund um das Dorf oder pilgerte zu den Wallfahrtsorten der Umgegend, wie etwa Olzheim, Wetteldorf, Fleringen und Niederlauch. Die meisten der Orte, die noch lange Zeit dem Verbot der Kirche trotzten und ihre Prozessionen abhielten, liegen zwischen Kyll und Prüm, einem Gebiet, das auch bei anderen Gelegenheiten noch lange an alten Bräuchen festhielt.

Der berühmteste Wallfahrtsort der Westeifel zu Ehren des Hl. Johannes war St. Johann bei Kyllburg. Hierher kamen viele Pilger, um vom »Veitstanz« befreit zu werden. Die Kinderkrämpfe nannte man oft Johanneskrankheiten, aber auch gegen Kopfschmerzen sollte der Heilige helfen können.

Von den weltlichen Bräuchen ist überliefert, dass man an einigen Orten Kränze aufs Dach warf oder ans Haus hängte, um es vor Blitzschlag zu schützen. Meist gingen die jungen Mädchen des Dorfes gemeinsam auf die Wiesen, um Blumen für diese Kränze zu pflücken. Waren die Gebinde verwelkt, wurden sie oft zusammengetragen und verbrannt.

Daneben gab es noch die Sitte des »Brunnenreinigens«. Die Mädchen reinigten gemeinsam den Dorfbrunnen und hatten danach die Erlaubnis, Eier und anderes zu heischen und das Gespendete gemeinsam zu verzehren. Das Bekränzen des Rindviehs am Johannestag ist auch ein solcher längst vergangener Brauch. Am 24. Juni wurde morgens, wenn das Vieh aus den Ställen getrieben wurde, um mit dem Dorfhirten auf die Weide zu ziehen, genau nachgesehen, welche Kuh als letzte erschien, deren Besitzer also verschlafen hatte. Jeder war eifrig darauf bedacht, dass es nicht gerade seine Kuh war, sonst war man sich des Spotts der anderen sicher. Während des Tages wanden die jungen Mädchen Kränze und Sträuße und schmückten am Abend eben diese Kühe ganz besonders festlich damit. Mit Liedern und Spottrufen wurde das Rind auf seinem Weg in den Stall begleitet.

Aber auch Feuer wurden einst in vielen Orten abgebrannt. Dazu gab es für das Holzsammein eben solche Heischebräuche wie bei den Frühlingsfeuern.

Das heißt, es wurde von den Sammlern auch um Eier und Lebensmittel gebettelt, wobei man überlieferte Lieder sang. Vieles, was zur Mittsommerzeit draußen lebt und wächst, trägt ebenfalls den Namen des Täufers. Da findet man den Johanniskäfer, die Johannisbeeren reifen und viele Pflanzen, die in Blüte stehen, tragen seinen Namen, vor allem das Johanniskraut, das als die heilkräftigste Pflanze gilt. Mit ihrem leuchtenden Gelb, im vollen Sommer gewachsen, hat sie die Kraft, das Dunkel der menschlichen Seele aufzuhellen. Sogar der gar nicht so geschätzte Johannistrieb ist nach dem Täufer benannt, der Austrieb der Holzpflanzen aus den Winterknospen. Heute sind die Feiern zur Sommersonnenwende fast ganz verschwunden. Trotzdem hat man in dieser schönen Zeit oft noch das Gefühl, seinem Herzen irgendwie genau so Luft machen zu müssen, wie es unsere Vorfahren taten, und wenn daraus nur ein Gartenfes unter Freunden wird.