Bausteine am Haus Europa

Freundschaftsbande mit Letten

Franz Josef Ferber, Daun

Mit der repräsentativen Ausstellung »Baltische Kunst« 1997 im Kreishaus Daun hatte alles angefangen. Beim Arrangieren dieser bemerkenswerten Präsentation bekam ich Kontakt zur Botschaft der Republik Lettland in der Bonner Adenauerallee. Es war eine glückliche Fügung, dass ich hier zwei junge Damen kennen lernte; die Botschaftsrätinnen Veronika Erte und Iveta Sulca. Diese Begegnung sollte der Beginn aller folgenden Beziehungen zu Menschen in Lettland sein.

Reise nach Lettland Am 1. September 1999 war's, als wir, mein Freund Josef Klötsch und ich, uns auf den Weg ins ferne Lettland machten. Beweggrund war, an der kur ländischen Ostseeküste das Kriegsgrab meines Vaters zu suchen (vergl. HJB Daun 2001, S. 60). Sozusagen nebenbei, allerdings gewollt, lernten wir Land und Leute kennen, eine nicht zu unterschätzende Bereicherung unserer Art Wall-fahrts- und Kulturreise. Von den Menschen dort wurden wir freundlich empfangen, sie waren uns herzlich zugetan, so dass in kurzer Zeit ein Vertrauensverhältnis entstand. Dieses wurde durch den regen Schriftverkehr, der sich hiernach entwickelte, zusehends stärker.

Im Mittelpunkt unserer Briefpartnerschaften steht Prof. Dr. Lilija Zabolocka, eine Ärztin aus Liepaja (früher Libau), der Bezirkshauptstadt Kurlands. Sie ist die Vorsteherin des Bundes der Deutschen in Liepaja. In dieser Eigenschaft verfolgt sie wichtige Ziele ihres Vereins, beispielsweise die Verstärkung der Kontakte mit Deutschland. Zudem kümmert sie sich um deutsche Kriegsgräber, arbeitet mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zusammen. Die Letten sind sehr deutschfreundlich. Im Jahre 1991 konnten sie sich glücklicherweise vom Joch der Sowjets befreien. Nun streben sie, gleich den beiden anderen baltischen Nachbarstaaten Estland und Litauen, die Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft an, wo sie zweifellos auch hineingehören, aber es braucht eben alles seine Zeit.

Lettische Nationalflagge am Katzwinkeler Bürgerhaus

Zahlreiche Mitglieder des Bundes der Deutschen in Liepaja hatten den Wunsch, nach Deutschland zu reisen.

Josef Klötsch, Ortsbürgermeister von Katzwinkel, hat ihn erfüllt, obwohl dies auch für die Reisewilligen, vor allem finanziell, nicht leicht war; die Durchschnittseinkommen in Lettland stehen in krassem Missverhältnis zu den Preisen, genauer gesagt, die Einkommen sind viel zu niedrig. Vom 29. Juni bis 11. Juli 2001 besuchte unter der Führung von Frau Dr. Zabolocka eine 23köpfige Reisegruppe unser Land, eingeladen von der Ortsgemeinde Katzwinkel und untergebracht in deren Bürgerhaus, worauf zwölf Tage lang die lettische Nationalfahne wehte.

Reichhaltiges Besuchsprogramm

Der Gastgeber hatte ein außerordentlich interessantes Programm erarbeitet; im Vordergrund standen Tagesfahrten zu Sehenswürdigkeiten in die nähere und fernere Umgebung. Es sollte eine Kulturreise werden. Begonnen hat die Aktion am Sonntag, 1. Juli, mit der Eröffnung einer Ausstellung im Kelberger Rathaus durch Bürgermeister Karl Hafner, der das gesamte Projekt unterstützte. Unsere lettischen Freunde zeigten über eine Woche lang Kunst und Kultur ihrer Heimat; Malerei, Fotografie, Tonkunst, Volkstänze und Literatur (Werke der prominenten lettischen Schriftstellerin Zenta Maurina). Die Feier wurde von Austra, Dzintra, Ziedonis und Andris, einer bekannten lettischen Musik- und Gesangesgruppe und einer Kindervolkstanzgruppe mitgestaltet. Am Nachmittag traten alle im Gran Doradopark in Grunderath und abends im Kirmesfestzelt in Kelberg auf.

Rundfahrt an die Maare, hier auf dem Dorfplatz in Ulmen. Zweite von rechts (stehend): die Reiseleiterin Dr. Lilija Zabolocka. Foto: Verfasser

 

 

Tagesausflüge zu historischen Stätten

Der Montag war ausgefüllt mit einer Lehrfahrt nach Daun, wo Christoph Müller fachmännisch durchs Vulkanmuseum führte; an die Dauner Maare, ans Pulvermaar und Ulmener Maar. Dienstags hatten wir eine Art Mammutprogramm zu bewältigen; die Besichtigung der Abteikirche Maria Laach, eine der vollkommensten Schöpfungen romanischer Klosterbaukunst. Nach einer kurzen Rast am Seeufer ging's weiter durchs Brohltal an den Rhein, nach Remagen. Hier kehrten wir im Friedensmuseum im Pfeiler der kriegszerstörten Rheinbrücke ein. Frau Fuchs stand für uns bereit, und ein guter Bekannter von Josef Klötsch, Herr Ockenfels, war unser kompetenter Reiseführer bei den nächsten beiden Stationen; der Kapelle der Schwarzen Madonna (sie hält das Andenken an die vielen deutschen Kriegsgefangenen wach, die hier unter freiem Himmel bei schlechten hygienischen Verhältnissen und mangelnder Ernährung kampieren mussten und dabei umkamen) und der neugotischen St. Apollinaris-Wallfahrtskirche, die als wertvolle Reliquie das Haupt des Heiligen birgt. Die Nazarener, eine Künstlergruppe der Romantik, haben sie ausgemalt. Zu alledem passte ein geistliches Konzert, mit dem unsere Freunde uns in der Kirche überraschten. Nach einer Fahrt durchs Ahrtal kamen wir gegen Abend am Nürburgring an. Dort erwartete uns Bürgermeister Hafner, er hatte alles vorbereitet, damit wir eine Runde auf der Nordschleife drehen konnten.

Hauptziel unserer Tagestour am Mittwoch - sie führte über Bad Bertrich - war die Burg Eltz, eine der wenigen Burgen in dieser Region, die nie zerstört wurde. Die Eindrücke bezeichneten unsere Gäste als überwältigend. Donnerstag war in Jünkerath - wie auch zuvor im Dauner Vulkanmuseum - die Kreisverwaltung Daun Gastgeberin. Eisenmuseumschef Erwin Holzer, Meister der Eisengusskunst, wusste uns das Haus interessant vorzustellen.

Die nächsten Programmpunkte: Trier und Echternach/Luxemburg. Ein Glück, dass Elisabeth Nosbisch in Trier als Gästeführerin fungierte! Sie zeigte den lettischen Reisenden viel Sehenswertes der Römerstadt. Hernach machten wir in Echternach dem heiligen Willibrord unsere Aufwartung, der im 7. Jahrhundert als Missionar aus Irland gekommen war und hier in der Benediktinerklosterkirche seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Nach dieser strapaziösen Fahrt erholte sich die Reiseschar beim gemütlichen Abend mit dem Musikverein und Katzwinkeler Dorfleuten. Am Samstag weilten wir in Koblenz am Deutschen Eck, am Zusammenfluss von Rhein und Mosel, in unmittelbarer Nähe des Kaiserdenkmals, von wo aus man einen herrlichen Blick auf die mächtige Festung Ehrenbreitstein hat. Zurück ging die Fahrt rheinaufwärts über Bacharach - durch den Hunsrück, über die Autobahn in die Eifel. Wenn an diesem Tag das Wetter ausnahmsweise mal nicht so recht mitspielen wollte; der Sonntag wurde dennoch zu einem Feiertag, auch was die Reiseziele anging. Aachen als Mittel- und Höhepunkt der Kulturreise. Das lag gewiss auch daran, dass ein treuer

Bei der Vernissage im Rathaus Kelberg (von links): Andris, Austra, Dzintra und Ziedonis. Foto: Daniel Ferber, Daun

 

Freund - Herr Karlheinz Pieroth, langjähriger Chefredakteur der Aachener Bistumszeitung - uns zu historisch hochrangigen Kostbarkeiten führte wie zum Beispiel in die Abteikirche Kornelimünster, die Chorhalle des Aachener Doms mit dem Karlsschrein (Reliquientruhe, in der die Gebeine Karls des Großen aufbewahrt werden), zum Thron Kaiser Karls, auf dem von 813 bis 1531 38 deutsche Könige gekrönt wurden, sowie ins Rathaus, in gotischer Zeit aus der karolingischen Königshalle entstanden. Auf der Heimfahrt haben wir in Maastricht (Holland) Station gemacht und zurück ging's durch Belgien. Auf ausdrücklichen Wunsch unserer Gäste stand auch Köln auf dem Besuchsprogramm. Den Dom, Prunkbau der Gotik, zu dem jährlich etwa fünf Millionen Menschen pilgern, wollten Sie sehen.

Geselliger Nachmittag im Seniorenhaus Regina Protmann

Am letzten Tag hatte Schwester Oberin Magdalena ins Dauner Seniorenheim eingeladen. Der Besuch wurde für alle zu einem Erlebnis. Bei Kaffee und Kuchen begrüßte Schwester Magdalena die Gäste, Letten und Einheimische; es waren sehr viele gekommen. Unsere Musikanten, Sänger und Volkstänzer dankten es ihnen durch vielfältige professionelle Darbietungen, die außergewöhnlichen Beifall fanden.

Abschied von Freunden

Nun war die Zeit gekommen, Abschied zu nehmen von liebenswerten Menschen, die wir längst in unsere Herzen geschlossen hatten. Im Katzwinkeler Bürgerhaus kamen noch mal alle zusammen, unsere lettischen Freunde und Dorfbewohner, auch Bürgermeister Hafner war dabei. Dorfchef Josef Klötsch, stellte befriedigt fest, dass ohne Ausnahme alles vorzüglich gelungen war und er dankte allen, die spontan und auf die verschiedenste Art und Weise bei dieser guten Sache mitgeholfen haben.

Den lettischen Gästen zollte er hohes Lob für ihre freundschaftliche Zuneigung, betonte, dass man sich in diesen Tagen auch menschlich nähergekommen ist; es komme einem vor, als kenne man sich schon lange. Zum Beweis wurde gleich darauf in unvergleichlicher Harmonie bei Wein, Akkordeon- und Gitarrenmusik gemeinsam gesungen, geschunkelt, gescherzt und gelacht. Ein wunderbarer Abend!

Auf ein baldiges glückliches Wiedersehn in Deutschland und Lettland. Unser Herrgott möge es fügen!