Mundart -

Sprache der Heimat und des Herzens

Erster Mundartwettbewerb für Schüler im Kreis Dann

Brigitte Bettscheider, Kelberg - Zermüllen

Seit 1959 findet alljährlich bundesweit der Vorlesewettbewerb des deutschen Buchhandels statt. Eingeladen sind dazu aus allen Schularten die Schülerinnen und Schüler der sechsten Klasse. Zunächst werden Klassen- und Schulsieger ermittelt, dann finden Kreis-, Bezirks-, Landes- und Bundeswettbewerb statt. Bei der Entscheidung im Kreis Daun führt Wilfried Mildenberger vom Jugendamt seit Jahren erfolgreich Regie; Gastgeber sind im Wechsel die weiterführenden Schulen. Zunächst wird von jedem Teilnehmer ein vorbereiteter Text aus einem selbst gewählten Buch vorgelesen, anschließend eine unbekannte Textpassage. Eine Jury mit Mitgliedern aus Bücherei, Buchhandel und Schule bewertet Textverständnis, Lesetechnik und Textgestaltung. So war das auch im Februar 2001, als 16 Mädchen und Jungen aus 14 Schulen als Hauptakteure im Kreisentscheid an der Graf-Salentin-schule in Jünkerath um die Wette lasen und ihr Bestes gaben. Bianca Gisbert vom St.-Laurentius-Förderzentrum in Daun, Tanja Klasen von der Regionalen Schule Kelberg und Gesa Seibel vom Thomas-Morus-Gymnasium Daun wurden Kreissieger. Aber es gab noch einen weiteren Gewinner auf einer anderen Ebene. Das war Thomas Willems aus Steffeln. Er siegte im ersten Mundartwettbewerb für Schüler im Kreis Daun, den Wilfried Mildenberger organisatorisch an den Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels ankoppelte. Bei der Abschlussbesprechung der Jury nach dem Kreisentscheid des Vorjahres hatte er aus persönlicher Begeisterung für Mundart die Idee ins Gespräch gebracht und damit das Interesse der Jurymitglieder geweckt. Besonders bei der Gerolsteiner Mundartdichterin Wilma Herzog fiel ein Mundartwettbewerb für Kinder auf fruchtbaren Boden. Sie beschäftigt sich seit 1970 mit dem Kulturgut Moselfränkisch. Seit zwölf Jahren gehört sie zur Gruppe Rheinischer Mundartschriftsteller, deren Anliegen die Erforschung, Darstellung und Erhaltung von Mundart ist. Wilfried Mildenberger setzte die Idee um, indem er die Sechstklässler aller Schulen einlud, freiwillig an dem Mundartwettbewerb teilzunehmen. Die Aufgabe lautete, die Fabel »Der Löwe und die Maus« in die Mundart des Wohnortes zu übertragen; die Mithilfe von Eltern, Großeltera, Lehrern oder Bekannten war erlaubt. Beim Wettbewerb

 

sollte die Übersetzung vorgelesen werden. Acht Kinder meldeten sich an. Außer Thomas Willems nahmen teil: Maike Haas aus Gerolstein-Lissingen, Nicole Hasenstab aus Neroth, Stefan Hoffmann aus Kopp, Christoph Peetz aus Jünkerath-Glaadt, Alexander Schlimpen aus Ellscheid, Jennifer Warth aus Kirchweiler und Manuel Willems aus Daun-Rengen. Die Begeisterung, mit der die acht Kinder ihre jeweilige Ortsmundart vorstellten, sprang auf die Zuhörer über.

Wilma Herzog begrüßt den Wettbewerb für Schüler mit ganzem Herzen: »Unsere Mundart ist ein äußerst gefährdetes Kulturgut. Jährliche öffentliche Wettbewerbe, unterstützt vom Kreisjugendamt und den Schulen würden sie verstärkt ins Blickfeld stellen.« Auch Wilfried Mildenberger zieht nach der Premiere zufrieden Bilanz; im Februar 2002 werde es auf alle Fälle eine Neuauflage geben. Allerdings hoffe er auf größere Beteiligung. Danach könne entschieden werden, ob und wie der Mundartwettbewerb auf Kreisebene etabliert wird. »Eifeler Platt ist ein Jahrhunderte altes, vom Aussterben bedrohtes Kulturgut, das es wert ist, erhalten und gepflegt zu werden«, erläutert Wilfried Mildenberger den Hintergrund des Wettbewerbs. Bedauerlich sei, dass die wenigen Kinder, die die Mundart ihres Heimatortes heute noch lernen, oft Hemmungen hätten, ihren Dialekt auch außerhalb des Elternhauses oder Wohnortes zu sprechen.

»Vielleicht haben sie Angst, von anderen nicht verstanden, ausgelacht oder sogar für dumm und asozial gehalten zu werden«, vermutet Mildenberger. Diesen Kindern wolle man mehr Selbstsicherheit geben. Sie sollen wissen, dass Plattsprechen kein Makel ist, sondern eine besondere Fähigkeit, die viele andere nicht haben. So könnten Hemmungen abgebaut, Vorurteile ausgeräumt und vielleicht sogar andere animiert werden, die Mundart noch zu erlernen. Eltern, die selbst noch Platt sprechen können, sollen ermutigt werden, sich mit ihren Kindern in der Mundart ihres Dorfes zu unterhalten.

Ein Glücksfall für den ersten Mundartwettbewerb war das Rahmenprogramm, das die Jünkerather Graf-Salentin-Schule unter der Leitung der Lehrerin Hildegard Klaren darbot. Der Unterstufenchor eröffnete die Veranstaltung mit einem Spruch in Eifeler Mundart.

Für Begeisterung sorgte Goethes »Zauberlehrling«. Zunächst trug Melissa Hacatoroglu die Ballade im Original vor, dann betrat das »Glaadter Original« Rarsten Mertes die Bühne. »De Scheff es fott, jetz loss esch ess hei de Poppen danzen«, übersetzte er freizügig die Eingangsverse: »Hat der alte Hexenmeister sich doch einmal wegbegeben! Und nun sollen seine Geister auch nach meinem Willen leben!« Und wenn Meister Goethe einst dichtete: »Stock, der du gewesen, steh doch wieder still!«, heißt das bei Karsten Mertes schlicht und ergreifend: »Hopp, hopp, du alter Mopp!«

De Löw un de Mous

Übersetzung der Fabel »Der Löwe und die Maus« von Thomas Willems, Steffeln E n Mous hat es en Kier net opjepasst, woh se hi lef un wor bei em schlofende Löw op dem Kopp ankun. Davon jof de Löw wakerisch un ärsch büs. Hen packt die Mous und wollt se frässe. Do ref dat Mäusje on sener Dudesangst: »Oh je, esch wollt desch doch janet ärjern, et det mir ärsch leit. Loos mesch doch loffe. Esch mache et dir och esjot.« Do trop dot der Löwe e su hart lache, dat die Blader fan demm Born, önner demm he loch, zidderten. He ref: »Wat wellst dou armselisch Mäusje dann fü mesch alt don?« Mach, dat de fot küss! Dou boss freij.«

Net lang do noh feel de Löw on en Fall. He wor on em Netz üss decke Seiler jefangen. He wosst, dat et see .En wor. On senner Nuht brüllt hen janz hart um Höllef, dat et allt fahn Weggs zu huren wohr. Doh kohm dat Mäusje flott ahnjeloof. Mot senge schpotze Zahn boss het jescheckt un flott dat Seehl dursch, boss dat janze Netz üssenanner feel un de Löw frei wohr.

»Seiste«, sot het zum Löw mot senger düner Stüm, »für net su langer Zeit hast dou mesch noch üssjelacht. Dou wollst neust davon wosse, dat esch mesch en Kier revangschiere künnt!«