Das Mätthessen-Haus in Schutz

Wechselhafte Geschichte und Beispiel vorbildlicher Sanierung

Brigitte Bettscheider, Kelberg - Zermüllen

Renate Ring bringt es mit einer Liebeserklärung auf den Punkt: »Es ist das Haus meines Lebens!« Und sie ist sich sicher: »Es ist ein Privileg hier zu wohnen.« Die Rede ist von dem Haus Burbergweg 2 in Schutz. Renate Ring ist die glückliche und stolze Besitzerin dieses Anwesens, das im Dorf nach den Vornamen zweier Vorbesitzer »Mätthessen-Haus« genannt wird. Es ist aber nicht der Besitzerstolz allein, der der lebensfrohen, sympathischen Frau im Gesicht geschrieben steht; sie war es, die das Haus vor dem weiteren Verfall, wenn nicht gar vor der Abrissbirne bewahrt hat. Renate Ring hat in beispielhafter Weise modernen Komfort mit Tradition verbunden und sie öffnet ihr Haus für Kunst und Kultur. Von Anfang an war es ihr Wunsch, in dem Haus nicht nur zu wohnen, sondern auch einen Raum für künstlerische und kulturelle Veranstaltungen zu schaffen. Mittlerweile ist die Renovierung des Wohnbereichs komplett abgeschlossen, das »Sälchen« über der Scheune wird für Konzerte, Seminare und Lesungen genutzt, das Haus hat außen einen neuen Anstrich bekommen und setzt im Dorfbild einen guten, historischen Akzent.

Wenn sich die alte Eichenhaustür öffnet, gibt sie den Blick frei in die zur Diele umfunktionierte Bauernhausküche. Eine so genannte »schwarze Küche« im Eingangsbereich eines Hauses - mit offenem Feuer und großem Kamin - war eigentlich zur Bauzeit (1824) nicht mehr üblich. Daher ist es möglich, dass der Kern des Hauses noch älter ist. Die Treppe nach oben ist im Original erhalten; lediglich ein Teil des Geländers wurde re-

 

noviert. Die Küche ist neu, passt sich in Material und Bauweise aber außerordentlich gut ein. Der Arbeitsraum ist gut ausgeleuchtet und auf die Bedürfnisse modellierender Kursteilnehmer ausgerichtet. Dahinter liegt das Bücherzimmer, von Renate Ring liebevoll »das Allerheiligste« genannt. Oben befinden sich Wohn-, Schlaf- und Gästezimmer sowie das Bad. Renate Ring stammt aus Bad Godesberg. Sie war schon dreifache Mutter, als sie an der Werkkunstschule in Krefeld ein Design-Studium begann. Nach dem Diplom arbeitete sie 17 Jahre lang als Kursleiterin an den Volkshochschulen Ratingen und Bonn. Schon in den 80er Jahren war sie ihrem heutigen Domizil »begegnet«. Als sie von 1986 bis 1989 in Manderscheid lebte, wuchs ihr gerade der Burberg bei Schutz sehr ans Herz. Und von dort aus hatte sie das offensichtlich leer stehende »Mätthessen-Haus« entdeckt. 1993 machte eine Manderscheider Freundin den Besitzer ausfindig; Renate Ring sah das Haus erstmals von innen. »Es war ruinös, aber ganz entzückend«, erinnert sie sich. Schon beim ersten Rundgang hatte sie eine Fülle von Ideen; die kleinen Räume und der Gewölbekeller faszinierten sie auf Anhieb. Doch vom ersten Signal der Besitzer Reinhold und Maria Tombers, das Haus zu verkaufen statt es abzureißen, bis zum Kaufvertrag, vergingen unsichere Monate für Renate Ring. Zuerst hatten die Vorbesitzer große Bedenken, ob aus dem Haus noch etwas werden könne. Heute sagt Reinhold Tombers: »Wenn ich im Lotto gewinne, kaufe ich es zurück.« Renate Ring hat nicht nur ein typisches Eifeler Haus erhalten und es zu einem Schmuckstück gemacht. Sie hat sich auch mit der Geschichte des Gebäudes und mit den Vorbesitzern befasst. Eine große Hilfe war ihr dabei das im Jahr 2000 erschienene »Familienbuch der katholischen Pfarrei Bleckhausen (mit Schutz) von 1541 bis 1900« von Matthias Heinen sowie Steuerlisten und Katasterkarten aus dem Staatsarchiv Schloss Godorf. Die Vorgeschichte des Hauses beginnt in Deudesfeld; von dort stammte Peter Crisor und heiratete Angela Zirfas. Ihr Sohn Peter Krisor kam 1778 zur Welt. Er wurde Gerichtsschreiber in Manderscheid und baute »in seinen besten Jahren« in Schutz im heutigen Burbergweg 2 ein Haus. Peter Krisor war mit Anna Maria Thielen verheiratet. Nach dem Tod der Eheleute (Peter Krisor starb 1840, seine Frau Anna Maria 1844) ging das Haus 1847 an ihr sechstes Kind, den 1816 geborenen Johann über. Dessen Frau stammte von der Schutzer Reegs-Mühle und hieß Anna Katharina Weber. In ihre Lebens- und Schaffenszeit fällt der Anbau der Scheune (1865). Das Ehepaar hatte zwei Töchter, die in andere

 

Häuser einheirateten. So kam das Haus 1881 an Anna Katharinas Neffen Matthias Weber, der zu dieser Zeit mit Gertrud Uller aus Weidenbach eine Familie gründete. Doch die Eintragungen in Heinens Familienbuch stimmen den Leser nachdenklich und traurig. Matthias und Getrud Weber bekamen sechs Kinder; alle starben jung - Johann im Alter von 17 Tagen, zuletzt Christina 1904 im Alter von 19 Jahren. Da war die Ehefrau und Mutter bereits verstorben und Katharina Zens aus Udler ging zu Matthias Weber »in Einsatz«. So nannte man zu dieser Zeit die Betreuung eines alten oder kranken alleinstehenden Menschen. Katharina Zens erbte das »Mätthessen-Haus«, sie heiratete den Matthias Tombers aus Schutz und versorgte den alten Matthias Weber bis zu dessen Tod im Jahr 1919. Matthias und Katharina Tombers waren die Eltern von Reinhold Tombers: Der jüngste, 1924 geborene Sohn übernahm das Haus seiner Eltern 1952 und bewohnte es ge-

meinsam mit seiner Frau Maria und den Kindern bis etwa 1970. Fast ein Vierteljahrhundert stand das Haus im Burbergweg leer. Der Kreis schließt sich, als Renate Ring es 1994 kauft.

Deren erste Aktivität als Besitzerin war es, das als Trierer Landhaus errichtete Gebäude bei der Kreisverwaltung unter Denkmalschutz stellen zu lassen. Das Dach, das dem Haus 100 Jahre vorher »das Leben« geretten hatte, wurde saniert: Bei einer Feuersbrunst brannten gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Schutz 17 Häuser ab; während die meisten Häuser mit Stroh gedeckt waren, hatte das Krisor-Haus bereits ein Dach aus Ziegeln und überstand den Funkenflug unbeschadet.

Renate Ring ließ Verbundfenster mit Sprossen und mit auf alte Weise gefertigten Beschlägen einbauen, innen wurde das Haus komplett neu verputzt, sämtliche Installationen waren zu erneuern -Heizung, Wasser, Strom. Böden wurden ausgebessert oder neu verlegt, Wärmedämmung angebracht, alte Türschlösser wieder eingerichtet, neue Türen vom Schreiner angefertigt. Renate Ring spricht den Handwerkern von Schutz und Umgebung ein großes Lob aus; sie sei sehr zufrieden mit Ihrer Arbeit.

Im Sommer 1997 zog Renate Ring von Bad Godesberg nach Schutz um. 1999 begannen die Arbeiten für das »Sälchen«, das mit einer Lehmwand von der Scheune abgetrennt wurde. Im Mai 2000 war Einweihung.