Das Katzenbegräbnis

Gertrud Knobloch, Berg

Dies ist eine wahre Geschichte aus unseren Tagen, denn in einer anderen Zeit hatte sie sich wohl kaum zutragen können, auch wenn es damals ebenfalls Menschen gegeben hat, die sehr an ihren Haustieren hingen Doch hatte man sich nie getraut, ein Katzenbegräbnis m einem Menschengrab zu wagen, was zugegeben - heute auch noch alles andere als üblich ist. Doch die alte Dame, von der die Rede ist, hatte ihren Mann schon vor einigen Jahren verloren, dessen Grab sie regelmäßig besuchte und pflegte. Einen Garten besaß sie nicht, denn sie lebte in einer städtischen Mietwohnung. So hatte sie keinerlei Möglichkeit, die von ihr geliebte Katze Minka, deren Leben nun auch zu Ende gegangen war, im Umfeld zu beerdigen. Ein Park oder Wald war nicht in der Nähe, und auch dort hätte ihr das Gesetz eine Katzenbeerdigung so wenig erlaubt wie auf einem Friedhof; einen solchen für Tiere gab es nicht. Noch nie im Leben war die alte Dame mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, aber nach langem Nachdenken beschloss sie einfach, es nun zu wagen. Sie packte den Tierkörper vorsichtig in ein dünn gewordenes Handtuch und dies in ihre alte Tasche. Eine Handtasche nahm sie nicht mit, denn sie hatte heute nichts weiter vor, als eine Katzenbeerdigung. In einer Ecke des Grabes, wo ihr Mann schon lag, der das Tier auch gern gehabt hatte, wollte sie es eingraben und Blumen darauf pflanzen. Es war sowieso an der Zeit, das Grab neu zu bepflanzen und die Stiefmütterchen dazu hatte sie bereits daheim. Aber an einem Tag würde sie beides nicht schaffen, also wollte sie heute nur die Katze dort eingraben und das Grab im übrigen zur Neubepflanzung herrichten.

Gedacht, zu tun versucht. Der Anmarsch zum Friedhof hatte die alte Dame ermüdet. So setzte sie sich zuerst einmal in der Nähe des Grabes auf eine Bank, die Tasche neben sich, um zu überlegen, wie sie am besten vorgehen sollte. Dazu hatte sie nicht lange Zeit, denn ein junger Mann setzte sich neben sie, der recht aufdringlich wurde und sie auszufragen versuchte. So beschloss sie, erst noch eine Runde über den Friedhof zu machen, um dem aufdringlichen Zeitgenossen zu entgehen. Aber falsch gedacht! Als sie aufstand, legte der seine Hand auf die Tasche und sagte frech: »Aber die bleibt hier!« Was sollte die so Bedrängte machen? Sie sah sich gezwungen, ihr Vorhaben aufzugeben, die Tasche zurückzulassen und schleunigst das Weite zu suchen! Da ein Friedhof nie ganz unbelebt ist, strebte sie schnellstens erst einmal dorthin, wo sie Menschen sah, und als sie sich vorsichtig umguckte, war auch der Taschendieb nicht mehr zu sehen. Erleichtert atmete sie auf und sagte zu sich selber: »Verzeih' mir, Minka, nun bekommst Du doch keine schöne Ruhestatt, aber ich kann leider nichts dran ändern. Immerhin hast Du mich noch im Tod vor Schlimmerem bewahrt.«

Fast musste sie lächeln, wenn sie sich vorstellte, was der Dieb wohl für ein Gesicht machen würde, wenn er des Tascheninhaltes ansichtig wurde! Arme Minka - aber sie fühlte es ja nicht mehr, was immer auch mit ihr geschah!