Neue Perspektiven -

die Eifelquerbahn im Aufwind

Hans-Peter Kühl, Gerolstein

Bereits in früheren Jahren war die Eifelquerbahn von Mayen über Ulmen und Daun nach Gerolstein Gegenstand zahlreicher Beiträge in den Heimat-Jahrbüchern des Kreises Daun. Die neuere Geschichte seit der Stilllegung im Schienenpersonenverkehr (SPNV) der ehemaligen Deutschen Bundesbahn am 11.1.1991 ist jedoch noch nicht zusammenschauend dargelegt worden. Mit der Stilllegung der Eifelquerbahn fand das »Nebenbahnsterben« im Land Rheinland-Pfalz seinen Abschluss. Seither ist keiner Bahnstrecke mehr der SPNV entzogen worden. Für die Eifeler Bahnlinie ging jedoch die Rückzugspolitik zunächst noch weiter. Im März 1991 schloss die Fahrkartenausgabe im Bahnhof Daun, der Expressgutschalter folgte am 30.5.1992. Zwischen Ulmen und Kaisersesch wurde 1994 der Güterverkehr auf der Schiene eingestellt, 1998 sogar auf dem Streckenabschnitt Ulmen - Gerolstein. Ein letzter offizieller Rückzug war die Beendigung des Güterverkehrs durch die DB AG auch zwischen Andernach und Kaisersesch am 30.3.2000.

Einziger Lichtblick Anfang der neunziger Jahre war das zunehmende Interesse von Eisenbahnfreunde-Vereinigungen wie den »Eisenbahnfreunden Vulkaneifel« in Daun, dem »Arbeitskreis Eifelbahnen« oder seit einigen Jahren dem Verein »Eifelbahn e.V.«, die zunehmend Sonderzüge für Bahnfreunde und Touristen auf die Schiene schickten. Allein zwischen 1991 und 1995 sind in ca. 70 Sonderzügen rund 30.000 Fahrgäste befördert worden!

Der »zweite Frühling«

Aufgrund zahlreicher Bestrebungen aus den Kommunen besonders im Kreis Cochem-Zell, von einzelnen Politikern und Parteien und Fahrgastverbänden wie der »Arbeitsgruppe zur Reaktivierung der Eifelquerbahn« wurde schließlich in dem seit 1996 für die Bestellung von Nahverkehrszügen zuständigen »SPNV-Zweckverband RLP-Nord« von allen drei beteiligten Landkreisen der Antrag eingebracht, mittels eines Gutachtens prüfen zu lassen, ob eine Wiederinbetriebnahme der Strecke sinnvoll sein könnte. Hintergrund war eine völlig geänderte Gesetzgebung, die es seit 1994 möglich macht, dass auch vermehrt private Bahngesellschaften sowohl im Bereich der Streckenunterhaltung als auch des Schienenverkehrs tätig werden können.

Das sodann im April 1998 vorgelegte »Gehrmann-Gutachten« belegte eindrucksvoll, dass für den Fall einer Übernahme der Bahnstrecke in private Regie und einer Wiederaufnahme von Personen- und Güterverkehr auf der gesamten Strecke diese in einem hohen Grad wirtschaftlich betrieben werden könne. Kurzfristig wurde entschieden, eine Wiederaufnahme des SPNV zunächst auf dem Abschnitt Mayen - Kaisersesch probeweise für drei Jahre vorzunehmen, um zu sehen, ob sich die Erwartungen des Gutachtens erfüllen würden. Am 6. August 2000 fuhr dann nach mehr als neun Jahren wieder ein regulärer Personenzug auf der Eifelquerbahn.

Dieser Zug hatte jedoch nichts mehr mit den bis dahin bekannten, alten Schienenbussen zu tun. Es handelte sich um einen modernen Leichttriebwagen der erst wenige Jahre zuvor entwickelten Baureihe »RSl - Regio Shuttle« mit sehr niedrigen Einstiegshöhen, moderner Bestuhlung, behindertengerechter Toilette und Fahrkartenautomat im Zug. Betreiber des Verkehrs war die im Jahr zuvor gegründete neue Bahngesellschaft »Transregio«, ein Zusammenschluss der Trierer Moselbahn und der Düsseldorfer Rheinbahn, die seit kurzem alleiniger Eigentümer ist. Auch die Bahnhöfe in Monreal, Urmersbach und Kaisersesch haben sich gewandelt. Neue Überdachungen mit Sitzgelegenheiten, Beleuchtung und moderne Infotafeln tragen wesentlich zum heutigen Erscheinungsbild bei. Die Arbeiten sind in enger Zusammenarbeit mit den Ortsgemeinden durchgeführt worden. Die Fahrgastzahlen haben sich seither so weit entwickelt, dass voraussichtlich schon vor dem Ende der Probezeit darüber entschieden werden kann, ob der Dauerbetrieb möglich ist. Die Chancen hierfür stehen gut. Im Bereich zwischen Kaisersesch und Gerolstein verlief die Entwicklung ebenfalls positiv, jedoch auf völlig andere Weise. Der Verein »Eifelbahn e.V.« bot zunehmend mehr Sonderfahrten besonders für die Touristen an, u.a. ab 1999 auch regelmäßige Ausflugsfahrten von Gerolstein nach Monreal. Die »EBM« (Eisenbahngesellschaft im Bergisch-Märkischen Raum) aus Gummersbach übernahm die Bahnstrecke Mitte 2001 in ihre Unterhaltung und führte schon seit April 2000 sporadischen Güterverkehr von Gerolstein bis zum Industriegebiet Kaisersesch durch. Ergänzt wurde dies im Jahr 2001 mit einem »regulären« Ausflugsverkehr dergestalt, als dass ab dem 30.6.2001 bis Ende Oktober an jedem Wochenende und an Feiertagen im Zweistundentakt historische Schienenbusse zwischen Gerolstein und Kaisersesch verkehrten. Dieser Verkehr wurde finanziell vom o.g. Zweckverband gefördert, die EBM stellte Fahrzeuge und Lokomotivführer, der Verein »Eifelbahn e.V.« das Zugbegleitpersonal. Trotz nur sehr geringer Vorbereitungszeit konnten so in nur 4 Monaten rund 12.000 Fahrgäste begrüßt werden, ein Erfolg, den keiner für möglich gehalten hatte. Immerhin hatte die Deutsche Bundesbahn den Wochenendverkehr schon 1975 wegen ungenügender Nachfrage auf der Strecke eingestellt.

Schienenverkehr festigt sich

Das Jahr 2002 bringt einen umfangreicheren Schienenverkehr auf der Eifelquerbahn mit sich als in jedem der vergangenen 15 Jahre zu verzeichnen gewesen ist. Die Güterzüge fahren wieder ein- bis zweimal die Woche je nach Frachtaufkommen in Ulmen oder Kaisersesch. Eine noch regelmäßigere Bedienung würde sich ergeben, wenn auch im Bahnhof Daun wieder ein Verladegleis zur Verfügung stände. Hier wurden erst vor wenigen Jahren alle Ladegleise entfernt und die Flächen zugunsten eines Gewerbebetriebes entwidmet. Im Ausflugsverkehr wird ein dichteres Zugangebot ab Kaisersesch gefahren. Hier gelang es der EBM, durch Beschleunigen der Züge in jede Richtung optimale Anschlüsse zu den Zügen der Transregio herzustellen, was sich positiv auf die Fahrgastzahlen auswirken wird. In verschiedenen Gemeinden werden die Bahnsteige verbessert durch Wartehäuschen, Bänke und Wandertafeln. Im Bahnhof Daun übernehmen die Eisenbahnfreunde Vulkaneifel die Bewirtung in dem im Frühjahr aufgestellten Schnellzugwagen. Gleichzeitig werden so auch touristische Informationen zur Vulkaneifel den Reisenden angeboten werden können. Die wohl größte Baumaßnahme wird in Kaisersesch erfolgen, wo der gesamte Bahnhofsbereich mit Vorplatz umgestaltet wird, weg vom Schmuddelimage einer Ladestraße und hin zu einer zeitgemäßen Verkehrsanlage.

In den kommenden Jahren

Wichtige Indizien, wie es mit der Eifelquerbahn in den kommenden Jahren weitergehen soll, erhoffen sich alle Beteiligten von einem Modellprojekt des Bundesverkehrsministers, welches in der Eifel im April 2002 begonnen hat. Neben einer weiteren Strecke in Brandenburg soll auch zwischen Mayen und Gerolstein untersucht werden, woran es liegt, dass die Schiene noch nicht so nachgefragt wird, wie dies sein könnte. Das Projekt »Bahnverkehr in der Region - Modellvorhaben der Raumordnung« will zunächst die Hemmnisse und Schwachstellen in der heutigen Bedienung herausarbeiten. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, von den Bahnunternehmen über die Kommunen, die Schulen und Betriebe bis hin zu Fahrgastverbänden. Hieraus werden Lösungsvorschläge ausgearbeitet, die in einer zweiten Stufe bis Ende 2003 auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüft werden sollen. Noch in diesem Jahr soll zudem darüber entschieden werden, ob der augenblicklich noch als Probebetrieb laufende SPNV zwischen Mayen-West und Kaisersesch in einen dauerhaften Betrieb übergeleitet werden kann. Die Zeichen hierfür stehen gut. Sollte es gelingen, dann wird über die Möglichkeit der Reaktivierung zwischen Kaisersesch und Ulmen als nächstem Schritt ernsthaft nachgedacht werden können. Käme dies, würde auch im Kreis Daun die Chance bestehen, zumindest mit Höchstberg einen Ort wieder an die »weite Welt« anzubinden.

Und die weitere Zu(g)kunft? Unterstellt man einmal, dass alle Beteiligten positiv mitarbeiten und die Ergebnisse eine Tragfähigkeit des Schienenverkehrs ergeben, könnte ca. 2005/2006 die gesamte Strecke wieder für den SPNV an allen Tagen in der Woche zur Verfügung stehen. Schülerverkehre werden integriert, die entlang der Strecke freiwerdenden Busse können dazu genutzt werden, den Schülern in Orten abseits der Bahn eine Sitzplatzgarantie zu geben, da überfüllte Busse dann der Vergangenheit angehören.

Der Bahnhof wird wieder ein Aushängeschild der Orte, Bürger und Politiker identifizieren sich mit der Bahn als einem Stück wichtiger Infrastruktur. Wie in Ulmen in den siebziger Jahren Fahnenmasten durch den Verkehrsverein aufgestellt wurden, so kümmern sich dann auch die Ortsgemeinden wieder um ein ansprechendes Äußeres der Bahnhaltepunkte. Im Freizeit- und Einkaufsverkehr auch in der Woche ergeben sich in Verbindung mit einem in die Zukunft gerichteten Stadtbusverkehr in Daun attraktive Fahrmöglichkeiten in modernen Schienenbussen für Nichtmotorisierte und für diejenigen, die unabhängig vom Spritpreis fahren wollen. Touristen sind nicht mehr darauf angewiesen, ihr Auto mitzubringen, um in der ganzen Eifelregion die Sehenswürdigkeiten anfahren zu können. Jede Verbandsgemeinde besitzt zumindest in einem Bahnhof eine Verladestelle für Güterverkehr, denkbar wäre dies in Dockweiler, Daun, Ulmen und - schon vorhanden -entlang des städtischen Industriegleises in Kaisersesch. Die Möglichkeit des Bahnverkehrs bringt selbst den örtlichen Speditionen mehr Flexibilität, die Forstämter nutzen schon heute die Bahn, um die teuren Lkw innerhalb des Waldes konzentriert nutzen zu können. Ein zu gewagter Blick in die Zukunft? Vielleicht, aber warum wurde schon Ende der achtziger Jahre die Strecke totgeredet, wo sich doch immer noch Möglichkeiten gefunden haben? Aber einige Erkenntnisse geben denn doch zu denken und stimmen eher hoffnungsvoll: 1. Es gab in Rheinland-Pfalz im letzten Jahrzehnt 8 Wiederinbetriebnahmen von Bahnstrecken - alle erfolgreich.

2. Es gab noch keine Reaktivierung, wo die Erwartungen der Gutachter eingetroffen wären - stets waren es mehr Fahrgäste als vorherberechnet.

3. Der Wochenendverkehr ab Gerolstein nach Mayen wurde 1975 wegen Unrentabilität eingestellt, jetzt sind im vergangenen Sommer in nur 4 Monaten ca. 12.000 Fahrgäste gezählt worden, je Zug mehr Fahrgäste als zu DB-Zeiten am ganzen Tag.

4. Der Güterverkehr auf Eifeler Bahnstrecken rollt in privater Regie - es rechnet sich, auch wenn die DB AG für sich keine Rentabilität gesehen hat.

So sollten denn die Chancen genutzt werden, so wie sie sich bieten. Die Aussichten sind günstig, es gibt viele Befürworter in allen Ebenen der Gesellschaft und vergleichsweise viel Unterstützung. Die neue Bahn wird nicht mit der bisher gekannten zu vergleichen sein - wenn sie denn kommt, dann als ein Stück erlebbarer Moderne.