»Ich werde dein bild gleich einramen lasen und gut ferwahren«

Brief eines Auswanderers an seine Tochter

Peter Zilligen, Wittlich

1980 versuchte der amerikanische Bürger John Blocker, die völlig verloren gegangene Verbindung zu seinen deutschen Vorfahren neu zu knüpfen. Eine Suchanzeige in der Presse nach dem Familiennamen Zilligen (väterlicherseits) aus Steffeln brachte den ersten verwandtschaftlichen Kontakt. Seine anschließende Reise in die Eifel führte auch zu den Vorfahren mütterlicherseits, Mayer aus Horperath.

Matthias Zilligen aus Steffeln emigrierte 1856 nach Chicago und wurde dort sesshaft. Josef Mayer aus Horperath emigrierte 1872 ebenfalls nach Chicago. Er zog weiter nach Kansas (Wichita) und wurde bedeutender Farmer. Sein jüngstes Kind blieb aber in Horperath zurück und wurde von seiner Tante großgezogen. Als Witwer schrieb Josef Mayer 1884 den folgenden Brief an seine Tochter:

»Germania 22. Novemb.1884 Liebe Tochter

Dein Schreiben mit den 3 Portogram habe ich richtig erhalten. Größere Freude hätes du mir nicht machen köncn. Da du mir einmal for Augen stehes, worauf ich solange gehoft habe, weil du noch ein kleines Kind wars, wie ich Deutschland ferlasen haben, habe ich schon lange dich in deinem geizigen Alter und Gröse noch mal zusehen, ich werde sie gleich einramen lasen und gut ferwahren. Du schreibst das ihr schon Schnee gehabt hütet, dafon wisen wir noch nichts for Januar haben wir selten Schnee. Januar und Februar bekamen wir gewöhnlich etwas Schnee und Kald es ist aber nicht schlim Schnee behalten wir nicht länger als 2 bis 5 Tag der kan Sonne nicht vertragen. Wir haben bis getzt noch gutes Wetter gehabt wir sind getzt am welsch Korn abblüken (= Mais am ernten) und haben noch diesen Monat damit zutun deshalb können wir auch noch kein schlechtes Wetter brauchen. Wir haben dieses Jahr auch ein gutes Jahr es ist ales gut geraden es ist ales hier auch bilig den Weizen wahr noch nicht so bilig das ich hier sein wie getzt, auch die Fäte Schwein sind bilig, da bekamen wir 4 Taler für hundert fund. Wir sind bis getzt noch ale frisch und gesund auch unsere Barbara ist noch hier mit seinen Kindern, es hat weiter kein beschäftigung als seinen Mann zu schreiben und seine Hausarbeid, sein Mann ist im kost Haus bis es wider zurük komd, es wird warscheinlich noch hier bleiben bis das Frühgahr weil hir ist es nich so Kald wie in schikago. Sein Mann arbeid immer undferdind geten Tag 2 Taler, ich habe dieses Jahr aber nichtßl Weizen bekamen weil ich es auch nichtßl ein-gesäd hab ich habe blos vierhundert Büschel bekamen doch bin ich damit zufriden. Wen du zufälich bei Neumans Käth koms sage ihm ich hüte ihm und seinem Mann einen freundlichen Gruß geschickt auch ein Gruß an die Horpe-rather und an ale Wilems in Berenbach besondern Gruß an die Mutter. Hier mit wil ich schlisen es grüßet euch ale dein Lieber Vatter Joseph Mayer«

»Die Eifel ist eher eine Sehnsucht als eine Landschaft« Die Urheimat im Erleben eines Emigranten Peter Zilligen John Blocker, Nachkomme eines niederländischen Emigranten und von Maria Josephine, geborene Zilligen-Mayer, schrieb über die Eifel, die er 1980 auf der Suche nach seinen Eifeler Vorfahren durchwanderte:

»Die Mosel und der Rhein begrenzen die Eifel, aber sie sind nicht die Eifel. Da gibt es die vulkanische Eifel mit ihren großen, tiefen, kalten Seen. Da ist die Hocheifel zwischen Prüm und Adenau und die Schneeeifel, in der die Heimat der Zilligens liegt, Steffeln. Dort gibt es Schieferberge, Haselnusssträucher und an den Grenzen Weingärten an oft steilen Hängen und in Tälern. Wandert man über die Landstraße, führt der Weg meilenweit durch dichte Nadelwälder, über weite Wiesen, grüne Hügel in der Ferne, bestellte Felder der Bauern beiderseits des Weges, grasende Kühe so weit das Auge reicht und plötzlich direkt vor dir ein kleiner, klarer, reiner Bach, der über den steinigen Grund dahinfließt. Feine Nebelschwaden steigen früh morgens aus den Wäldern auf. Die Leute hier sagen: »Die Füchse kochen ihren Kaffee in den Wäldern.« Sanftes Licht des zu Ende gehenden Tages spiegelt sich über dem Land zwischen den weit voneinander entfernt liegenden Dörfern. Zeit ist hier kein Maßstab. Sonnig sind die Hänge der Weinberge und die Täler, und in den Wäldern ist eine tiefe Melancholie zu eigen. Vielleicht ist die Eifel eher eine Sehnsucht als eine Landschaft. Wie ist es möglich, in der Minute, in der ich dieses Land sah, zu sagen, ich erkenne es wieder. Vielleicht haben jene, die diesem Land entstammen, eine Liebe in sich bewahrt, aber sie sind sich dessen nicht bewusst, bis sie selbst ihren Fuß darauf gesetzt haben. Als ich über die Felder streifte, an kleinen Bächen entlang ging, in den Wald wanderte, den Boden selbst berührte, durch viele kleine Dörfer fuhr, konnte ich begreifen, warum ein Mann der Eifel in den 1800er Jahren nach Amerika auswanderte, aber ich weiß auch, dass ihm das Herz brechen musste, ein solch wertvolles Stück Erde zurückzulassen.«