Erlöserkapelle in Mirbach -Grundsteinlegung vor 100 Jahren

Br. Mario Kaufmann, Freiburg

Am 24. Juni 2002 jährt sich der hundertste Tag der Grundsteinlegung zur Erlöserkapelle in Mirbach. Es ist ein Datum, das dazu einlädt, die Geschichte des kleinen Eifelortes und seiner Gotteshäuser vorzustellen.

Erste Erwähnung

Die erste Erwähnung Mirbachs im Zusammenhang mit dem dort ansässigen Adelsgeschlecht der Herren von Mirbach, geht ins 13. Jh. zurück. In einem Diplomatar des Klosters St. Thomas an der Kyll nennt eine Urkundenabschrift die Übertragung eines Freigutes zu Wiesbaum durch Dietrich von Mirbach. Die Herren von Mirbach waren als Lehnsleute den Gaugrafen von Are und Grafen bzw. Herzögen von Jülich verpflichtet.

Die Sebastianus Kapelle

Bereits Ende des 15. Jh. gab es eine kleine Kapelle. Die zwei alten Glocken weisen mit den Jahreszahlen 1515 und 1530 daraufhin. Die kleine Glocke trug die Inschrift: »anna heus ich in de ere gots luden ich .... ean van aylfter MCCCCCXV+«. Bei der größeren war zu lesen: »Maria heisen ich. in gotts ir luden ich. bös wedder vedirben ich. dederich van prome (=Prüm) gos mich MDXXX«. Ebenso gibt ein im Altar gefundenes Siegel Auskunft über die Konsekration durch den damaligen Kölner Weihbischof Johann Spender von Marburg (1482-1503). Mirbach gehörte damals zum kölnischen Eifeldekanat. Der einfache Kapellenbau war aus dicken Kalksteinmauern ausgeführt.

Feierliche Grundsteinlegung am 24. Juni 1902

 

Äußerlich zeigte er zwei aneinander gesetzte Langhäuser. Das größere war 11 1/2 m lang, 6 1/2 m breit und hatte eine Giebelhöhe von 7,35 m. Das niedrigere und kleinere hatte 7 1/2 m Länge, 4 1/2 m Breite und war 3 m hoch. Aus welchem Jahre dieser Bau in seinen ältesten Teilen stammte, kann nicht mehr festgestellt werden. 1713 war die Kapelle baufällig und wurde offenbar bis 1716 wieder hergestellt. 1754 wurde gefordert, das Gewölbe instand zu setzen. Es war wiederum der schlechte Bauzustand, der zunächst 1876 die Abtragung des kleinen Glockentürmchens, das auf dem Westgiebel stand erforderlich machte und im Jahr 1900 zur polizeilichen Schließung führte. In den folgenden Jahren wurde die Kapelle, die in mitten des Friedhofs gelegen war, abgetragen.

Die Ausstattung

Im Langschiff standen einfache Eichenholzbänke; zwei davon wurden in der Erlöserkapelle wieder aufgestellt. Den Hochaltar, eine Schnitzerei aus Eichenholz, schmückte in der Mitte ein neueres Ölbild des Hl. Sebastian, das von Weinranken umrahmt und von einem Nischenaufsatz

Siegel des Kölner Weihbischofs Johann Spender von Marburg (1482 - 1503)

bekrönt wurde, in dem eine Figur es Hl. Bischof Hubertus stand. Auf den zwei Seitenaltären befanden sich wertvolle Figuren, rechts die

Die Einrichtung der alten St. Sebastianus Kapelle um 1900

 

Hl. Lucia, eine kleine Statue aus rotem Sandstein 16. Jh., die 1969 aus der neuen Kapelle gestohlen wurde, im Aufsatz eine Darstellung der Anna Selbdritt. Auf dem linken Altar eine sehr alte aus Holz geschnitzte Pieta aus dem 15. Jh., die sich heute im Heimatmuseum in Gerolstein befindet. Über der Bogenöffnung, die das Langschiff mit dem Chor verband, zierte auf einem kleinen Podest eine alte Holzfigur des mit Pfeilen durchbohrten Hl. Sebastian die Kapelle. Heute sind von den Ausstattungsstücken nur noch ein Prozessionskreuz, zwei mittelalterliche Messgewänder und die oben bereits erwähnten Bänke vorhanden.

Kirchliche Zugehörigkeit

Seelsorglich unterstand der Ort den Mönchen des Klosters Niederehe. Vermutlich wegen des weiten Weges zur Klosterkirche (8 km Fußweg!), wurde 1592 für die Mirbacher Kapelle vertraglich ein Sonntagsgottesdienst gebilligt. Allerdings gab es immer wieder Auseinandersetzungen mit dem Kloster. So hielt zunächst der Pfarrer von Dollendorf den Gottesdienst und bekam so auch den Fruchtzehnt, der vorher ans Kloster zu liefern war, während sich die Patres die Spendung der Sakramente vorbehielten. 1693 hatte wieder ein Pater von Niederehe den Gottesdienst übernommen. 1716 befahl der Schultheiß den Mirbachern wieder nach Niederehe zum Gottesdienst zu gehen. 1740 führten die Streitereien dazu, das die kirchliche Behörde in Köln

Grundriss der Erlöserkapdle

Mirbach der Pfarrei Ripsdorf zuschlug. Zwei Jahre später wurde auch dies nicht mehr anerkannt. Der Abt von Steinfeld verwies die Mirbacher wieder auf den Vertrag von 1592. Sogar die Interdizierung der Kapelle, welche das Verbot aller kirchlichen Amtshandlungen und Ausschluss vom kirchlichen Begräbnis bedeutet hätte wurde 1755 angedroht. Der Streit fand erst ein Ende, als das Kloster 1802 aufgehoben wurde und Mirbach als Filiale dem nahen Pfarrort Wiesbaum angeschlossen wurde.

Das neue Gotteshaus

Bereits seit 1890 bemühte sich Ernst Freiherr von Mirbach, der sich sehr mit der Heimat seiner Vorfahren verbunden fühlte, um einen Neubau. Sein Anliegen war es sicher nicht nur, dem Ort zu einem neuen Gotteshaus zu verhelfen, sondern auch seinen einstigen Vorfahren, die in Mirbach und Umgebung als Lehnsleute ansässig waren ein Denkmal zu setzten. Im 19. Jh. erinnerte außer dem Ortsnamen nichts Sichtbares mehr an das Adelsgeschlecht. Die Baupläne entwarf auf Wünsche und Anregungen Ernst v. Mirbachs hin der ihm befreundete Kirchenbaumeister Spitta aus Berlin. Der Grundriss richtet sich nach dem der alten Kapelle und zeigt ein Langschiff mit quadratischer Vierung. Zu beiden Seiten wurden die Sakristei und eine Familienloge angefügt, hinter der Vierung ein halbrunder Chorabschluss. Dank der Unterstützung zahlreicher Donatoren konnte am 9. April 1902 der Bau beginnen. Als Bauplatz wurde das Gelände oberhalb des Friedhofes mit der alten Kapelle gewählt. Für das Fundament dienten Kalksteine, die überall um Mirbach zu finden sind. Der Bau gestaltete sich allerdings schwierig, da alle anderen benötigten Materialien über weite Wegstrecken herbei gefahren werden mussten, so etwa die Ziegel aus Prüm, Tuffstein und Basalt für die Außenverkleidung aus Niedermendig, weißer Sandstein aus Aschaffenburg. Am Bahnhof in Hillesheim wurde eine eigene Bauhütte aufgeschlagen, in der die mit dem Zug transportierten Materialien zwischengelagert und die großen Sandsteinblöcke bereits zugerichtet wurden.

Namensgebung

Schon die Wahl eines neuen Patronates, das sich von den alten, verehrten Schutzheiligen des Ortes unterscheidet, weist auf etwas besonderes hin. Die Weihe an den Erlöser und so der Name »Erlöserkapelle« tragen symbolische Züge. Zum einen soll er an die von Kaiser Wilhelm II. in Jerusalem erbaute Erlöser-Kirche erinnern und zugleich der großen Wohltäterin der Mirbacher Kapelle, Gabriele Gräfin von Geldern-Egmont gedenken, deren Lieblingsspruch aus Jesaja 43,1 »FUERCHTE DICH NICHT. ICH HABE DICH ERLOESET. DU BIST MEIN« das Eingangsportal ziert.

Die Grundsteinlegung

Mitte Juni 1902 erhoben sich die äußeren Umfassungsmauern bis zur Höhe der Fenster. Der Todestag, der 1898 verstorbenen Gräfin Gabriele von Geldern Egmont geb. Freiin von Mirbach wurde zum Tag der Grundsteinlegung bestimmt. Sie und ihre Mutter hatten als erste durch eine reiche Zuwendung für das künftige Gotteshaus gesorgt. Festlich mit Tannengrün und wehenden Fahnen geschmückt, zeigte sich die Baustelle an jenem 24. Juni den Leuten. Böllerschüsse begrüßten die Ehrengäste. Gegen 18 Uhr war die Gemeinde in den Mauern der neuen Kapelle versammelt. Es war soviel Volk gekommen, dass nicht alle Platz fanden und viele außerhalb der Mauer oder gar von den Baugerüsten aus die Feier verfolgen mussten. Nach der Festansprache durch Pfr. Servatius Molitor und der Einsegnung des Kreuzes, verlass E. v. Mirbach die Stiftungsurkunde. Er sprach einige persönliche Worte zur Festversammlung und knüpfte daran das Bibelwort an: »EINEN ANDEREN GRUND KANN NIEMAND LEGEN ASSER DEM DER GELEGT IST, WELCHER IST JESUS CHRISTUS« (1Kor 3,11) Diese Worte zieren heute als Mosaikband den halbrunden Chorabschluss und weisen auf den eigentlichen Gründer der Kirche, unseren Herr Jesus Christus, hin. Die Urkunde wurde zusammen mit Münzen der drei letzten Kaiser, einem Verzeichnis der Mirbacher Bewohner, des Kirchenvorstandes, einiger Dokumente und einem kleinen Kästchen, welches die Reliquien aus dem Altar der alten Kapelle enthielt in einem großen Kupferkasten gelegt. Der anschließend verlötete Kasten wurde im Grundstein eingemauert. Während abwechselnd die Kinder und die Gemeinde mit Unterstützung einer Blaskapelle bekannte Kirchenlieder sangen, segnete der Pfarrer die Fundamente. Zum Schluss der Feier ertönte der mächtige Choral »Großer Gott wir loben dich«, in den alle Versammelten freudig mit einstimmten. Schon im Oktober 1902 konnte das Turmkreuz gesetzt werden. Rechtzeitig vor Wintereinbruch war auch das Dach eingedeckt. Im September 1903 wurde die Kapelle vollendet, so dass am 25. September die feierliche Einweihung vollzogen werden konnte. Dieses denkwürdige Ereignis wird im kommenden Jahr mit einem Gemeindefest in Mirbach gefeiert werden - ein einladender Anlass, sich das schöne Gotteshaus und den kleinen Ort einmal anzuschauen.

Verwendete Literatur:

Ernst Freiherr v. Mirbach.

Die Erlöserkapelle zu Mirbach in der Eifel. - Die Burg Mirbach. Berlin 1903. (Aus diesem Werk wurden auch die bilder entnommen)

J. Marx / M. Schuler / P. Schlug. Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier. V. Band. Trier 1956.