WEHALTAR - immergrüner Baum

Baum des Jahres 2002

Marianne Schönberg, Jünkerath

Zypresse des Nordens, Sade- oder Machandel, Kranavit und Baum des Jahres 2002...; Wacholder ist der heute bekannte Name der schlanken, dunkelfarbenen hohen Staude, die auf gutem Boden zu einem Baum werden kann. Im mitteleuropäischen Raum gibt es etwa 60 Sorten dieses Gewächses, Nadeln, Zweige, Holz und Früchte gelten seit Jahrhunderten als Hilfe zur Gesundheit von Mensch und Tier. Die Germanen nannten den immergrünen Baum Wehaltar, nutzten Beeren und daraus gewonnene Säfte, Öl-auszüge der Nadeln als Heilmittel. An Haustür und am Stall hängten sie frische Zweige auf als Schutz vor Hexen und Zauberei, und der Rauch verbrannter Rispen sollte Seuchen abwehren, vor Ansteckung schützen, Heilung beschleunigen - so glaubte man auch im Altertum.

Unsere Großeltern nutzten Wacholder auf profanere Art, im Rauchkasten oder Räucherofen, im offenen Kamin alter Bauernhäuser wurden Zweige verbrannt, dort hingen die Würste, der Schinken, gute Stücke zum Verzehr für den Winter, die auf diese Art haltbar gemacht wurden. Das dauerte (s)eine Zeit, die Prozedur musste vorsichtig und stetig durchgeführt werden, damit das Innere gar wurde, die Hülle nicht austrocknete. Räuchern war etwas Besonderes und das Endprodukt wäre heute Objekt der Begierde jedes Feinschmeckers, wenn......ja wenn es sie noch gäbe, die alten Räucheröfen. Wenige sind erhalten, einige werden restauriert und Wacholdergeräuchertes hat heute seinen Preis. Den Reifevorgang zu beschleunigen wurde versucht, mit chemischen Zusätzen, doch das geschmackliche Endergebnis war ernüchternd. Die Farbe des Fleisches stimmte, das Aussehen ließ nichts zu wünschen übrig und das war es auch. Keine Spur vom würzig duftendem Wacholdergeruch kam auf die Zunge - woher auch. Zurück zur Natur? Ja - mit Einschränkungen, sie ist schon arg gebeutelt und

Wacholder in den Hängen um Feusdorf und Wiesbaum

verträgt keinen unbekümmerten Zugriff mehr. Das gilt auch für den Wacholder. Heute stehen die Kalkmagerrasen und -hänge zum großen Teil unter Naturschutz, werden gezielt entbuscht durch Freischneideaktionen, durch Schafbeweidung. Solch intensive Pflege erhält den Lebensraum, Naturfreunde mögen da wandern, sich an der Flora erfreuen - im Frühling blüht dort die blaue Küchenschelle, die echte. Bei trübem Wetter schließt sie die Blume, wird dann oft übersehen. Die gewöhnliche Kuhschelle ist ihre Nachbarin, heißt oft KÜHCHENSCHELLE - beide sind alte Heilpflanzen und leben in der Region des Wacholder.

Was macht den Baum des Jahres noch so interessant? Die Beeren - dunkelblaue Scheinfrüchte, die erst im zweiten Jahr reifen; vorher sind sie grün, unansehnlich und wer die kleinen Dingerchen pflücken möchte, muss ins recht stachelige Gezweig greifen, möglichst ohne Handschuh, denn sonst fallen die Beerchen buchstäblich in den Dreck, sind nicht wiederzufinden. Doch die Mühe um ein paar Früchte am Rande des Spazierweges ums Naturschutzgebiet kann ein AHA-Erlebnis auslösen. Der normale Wissensstand in Sachen Küche und Gewürzkunde weist aus, diese Beere ist feiner Bestandteil von Sauerkraut - und Fleischgerichten. Schon als Kind erlebte man bei Mutter die Verwendung, ärgerte sich über so ein dunkles Körnchen im Kraut, in der Soße und das vor allem, wenn man es im Mund hatte, darauf biss; das schmeckte gar nicht gut. Wacholderbeeren kann man kaufen, vom Gewürzregal in jedem Supermarkt. Sie kommen getrocknet und präpariert aus verschiedenen mitteleuropäischen Ländern und erfüllen ihren Zweck. Doch von einem Spaziergang brachte ich mir eine Handvoll frischer Beeren mit, das war im November, die Finger kalt und klamm, doch in den letzten Sonnenstrahlen leuchteten die kleinen tiefblauen Früchtchen wie ein Gruß vom Sommer. Ich nahm sie mit, freute mich am Duft, erprobte ihren Wert.

Womit?

Im Sauerkraut, es war ja Herbst, die Jahreszeit für Deftiges. Nun mag man mir glauben oder nicht - die frische Beere hat es in sich. Würzig im Geschmack, fruchtig - kein Vergleich zur Trockenausgabe. Fazit: Der immergrüne Baum mit so langer Geschichte hat meine ganze Zuneigung.

Spitz, abweisend, hart im Holz... das ist der erste Eindruck. Dahinter verbirgt sich gute Gabe, der alte Geselle ist bodenständig, schützenswert und.......auch ein Kind der Eifel. Natur und Landschaft - unweigerlich sind sie miteinander verbunden.

Grüne Beeren am Strauch, im Herbst ist das die Ernte

 

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