Die Dichterfamilie Bram aus Hillesheim

Alois Faber, Hillesheim

Es gibt immer wieder Familien, die in der Literatur auch in der Heimatliteratur eine bedeutende Rolle spielen. Man nennt sie gemeinhin Dichterfamilien. In der Eifelliteratur kann die Familie Bram aus Hillesheim als eine solche bezeichnet werden. Die Töchter Luise und Franziska wurden als Dichterinnen (Schriftstellerinnen) bekannt und Vater Ernst August Bram hatte soviel publiziert, besonders im Vereinsblatt des Eifelvereins, dass man ihn auch als Schriftsteller bezeichnen kann. Ernst August Bram war von 1852 -1861 Friedensrichter in Hillesheim. Im Jahre 1858 heiratete er die Tochter des Apothekers Veling, Josephina Anna. Die Ehe wurde gesegnet mit den vier Töchtern Luise, Franziska, Maria und Heien. Schon in Hillesheim erhielt Vater Bram den Namen, der ihn lebenslang begleiten sollte: »Der gute Vater Bram.« Nach einer Zwischenzeit in Mayen kam er 1870 ans Amtsgericht Koblenz. Hier arbeitete er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1900. Er war beliebt wegen seiner netten Art und humanen Einstellung und hat während seiner Amtszeit vielen Menschen geholfen. Bei seiner Pensionierung im Jahre 1900 wurde er zum »Geheimen Justizrat« ernannt. Auch im privaten Bereich war er ein angenehmer Mitbürger, ein guter Nachbar und ein großer Helfer. Erwähnenswert ist auch seine große Liebe zur Eifel, die er immer wieder durchwanderte, oft mehrere Tage. Als der Eifelverein gegründet wurde, war der »gute Vater Bram« als Gründungsmitglied dabei. Er gründete auch in Koblenz die Ortsgruppe des Eifelvereins und war ihr erster Vorsitzender. Der Eifelverein »Ortsgruppe Coblenz« wuchs während der Zeit, in der Vater Bram Vorsitzender war, auf über 200 Mitglieder. Immer wieder schrieb er im Vereinsblatt des Eifelvereins interessante Artikel. Ein letzter Artikel erschien noch wenige Tage vor seinem Tode im Jahre 1903. Dem »Geheimen Justizrat Bram« widmete der Schriftleiter des Eifelvereins den Nachruf: »Der Eifelverein hat dem »guten Vater Bram« nicht nur für die Arbeit zu danken, die er für die Eifel herzlich gerne getan hat, sondern ganz besonders dafür, dass er diese Arbeit mit unvorstellbarer Hingabe und Freude, mit herzlicher Liebe bis ans Ende geleistet hat. Treue um Treue, wir werden ihn nie vergessen!« Die »Coblenzer Zeitung« meldete: »Alle, die mit dem Verstorbenen in nähere Beziehung traten, mussten in ihm einen lauteren Charakter von höchster Ehrenhaftigkeit erkennen. Er war ein echter Rheinländer, humorvoll, frohen Sinnes und stets hilfsbereit gegen alle, die um seine Unterstützung nachsuchten« (Auszug aus den beiden Nachrufen). Während der »gute Vater Bram«, ohne es zu wollen, immer im Vordergrund stand, hielt sich seine Frau Josephina zurück, und doch war sie die gute Seele der Familie und lenkte die Geschicke ihrer Familie, der sie den Geist der Liebe und Toleranz einpflanzte. Eltern und Töchter hatten immer ein herzliches Verhältnis zueinander. Nach dem Tode der Eltern lebten die Töchter seit 1912 in Lehmen/ Mosel. Dort sagte man: »Die Brams Töchter halten zusammen wie Pech und Schwefel.«

Luise, die älteste Tochter, kam relativ spät zur Schriftstellerei, erst nachdem sie den Binger Speditionskaufmann Brück geheiratet hatte. In Bingen hat sie auch ihr erstes bekanntes, literarisches Werk geschrieben, den Erzählband »Rheinische Leut«. In den einzelnen Geschichten lernen wir einige »Binger Leut« kennen. Es sind echte Rheinländer, zwar etwas schrullig, jedoch humorvoll und lebensfroh, einfach ausgedrückt: liebevolle Gestalten. Es ist ein Genuss, diese leichten Erzählungen zu lesen.

Nach der Trennung von ihrem Mann ging Luise im Jahre 1897 nach Berlin. Hier glaubte sie, ein neues Glück gefunden zu haben. Sie heiratete zwar wieder, aber das Glück war ihr nicht hold. Neben der menschlichen Enttäuschung gefiel ihr auch das Leben in der Großstadt nicht. Sie hatte Sehnsucht nach ihrer rheinischen Heimat, nach ländlicher Idylle, vielleicht an der Mosel, am Rhein oder in der Eifel. Während der Berliner Zeit fuhr sie immer wieder mit Freunden ins Rheinland. Hier war sie dann glücklich. Meist ging es nach Lehmen an die Mosel. Während der Berliner Zeit schrieb sie zwei interessante Werke; die Novelle: »Die Himmelsschuh«, eine Art Hymne an ihre rheinische Dorfheimat, und den Roman »Das Moselhaus.« Dieser Roman ist ihr bestes Werk, durch ihn wurde Luise Schulze-Brück, das ist ihr Name, unter dem sie in Literaturkreisen bekannt wurde. Man ist von ihrer dichterischen Begabung überzeugt. Die »Grazer Volkszeitung« schrieb anlässlich der Herausgabe dieses Romans: »Das Moselhaus, das ist ein Buch voll Moselromantik und voll Duft der Rebenblüte. Solche Romane brauchen wir in unserer kulturmüden Zeit. Die Verfasserin vereinigt Vorzüge in sich, wie sie in solch glücklicher Mischung nicht oft zu finden sind.« Das ist ein hohes Lob für Luise Schulze-Brück, die daneben aber auch eine engagierte Journalistin war. In vielen Zeitungen und Zeitschriften nahm sie Stellung zu gesellschaftlichen Problemen. Während sie als Dichterin in einem durchaus romantischen Stil schrieb, tat sie dies als Journalistin mit spitzer Feder. Sie geißelte die Missstände in der Gesellschaft, jedoch nicht, ohne praktikable Lösungen aufzuzeigen. So schrieb sie beispielsweise auch über das schwere Leben der Winzer an der Mosel, zeigte Wege auf, wie man die Erziehung verbessern und soziale Ungerechtigkeiten beseitigen könnte. Luise Schulze-Brück war eine Frau, die durchdrungen war von einem starken sozialen Bewusstsein und tätiger Nächstenliebe. Es ist schwer zu entscheiden, welches ihre größte Stärke ist, das Dichten oder ihre journalistische Arbeit.

Mit ihrer Schwester Franziska verband sie eine lebenslange Freundschaft und eine echte Seelenverwandtschaft. Sie verreisten oft miteinander, ergänzten sich in ihrem schriftstellerischen Tun, waren immer füreinander da. In Lehmen lebten sie seit 1912, von ihren beiden jüngeren Schwestern betreut, bis Luise im Herbst 1918 starb. Für Franziska war das ein schwerer Schlag. Die beiden jüngeren Schwestern waren zwar da und betreuten sie herzlich, aber Luise, mit der sie über alles diskutieren konnte, die sie durch ihre optimistische Art immer wieder aufrichtete, fehlte ihr. 1932 starb Franziska und wurde auf dem Dorffriedhof von Lehmen beigesetzt. Das dichterische Werk von Franziska ist viel größer als das ihrer Schwester Luise. Seit Anfang des 20. Jahrhundert galt sie mit ihren Romanen, Novellen, Erzählungen, Kommentaren und Abhandlungen als die bedeutendste katholische Dichterin des Rheinlandes. Einige Romane gab sie unter dem Pseudonym Luise von Endeers heraus. Folgende Romane stammen von ihr: »Vohwinkels Drei«, »Bürgermeister Jörrensens Töchter«, »Am Ende der Welt«, »Der Ruf des Lebens«, »Der Zorn Gottes« sowie die beiden Novellenbände mit jeweils drei Novellen: »Die Zelle der Gerechtigkeit« und »Auf der Straße der Suchenden«. Von den Erzählungen seien zwei erwähnt: »Der Eulenspiegel von Rauhenstein« und »Der Brandstifter.« In all ihren Werken ist Franziska Braun eine geniale Darstellerin von größter Anschaulichkeit und psychologischer Tiefenwirkung. In Bezug auf die Eifel kann gesagt werden: Niemand hat den Typ des Eiflers so genau beschrieben und seine Landschaft so anschaulich geschildert wie sie.

Von den Eifeldichterinnen ist Franziska wohl die, welche die größte Wirkung auf den Leser hat, trotz Clara Viebig, Nanny Lambrecht und Nanni Eiert.

Franziska Bram hat auch eine hohe Auffassung über die Verantwortlichkeit des Schreibenden. Sie notiert: »Das Amt des Schriftstellers (Dichters) muss getragen sein von der Wahrheit und von großer Verantwortung dem Mitmenschen gegenüber." Im Mittelpunkt ihres literarischen Schaffens steht die Humanität. Ihr Werk wird beherrscht von dem Dreiklang Gläubigkeit, Nächstenliebe und Heimatliebe. Es bleibt zu hoffen, dass das Werk von Franziska Bram und das ihrer Schwester Luise Schulze-Brück eine Art Wiederentdeckung erleben. Auch den guten »Vater Bram« sollte man nicht vergessen.