Wasser, Erde, Luft und Feuer

Christa Feltgen, Steffeln

Vor kurzem erzählte mir ein Biobauer etwas, was für alle Menschen, die sich mit solchen Dingen befassen, gewiss zum Alltag gehört. Mir war das aber neu, und da ich einige Jahrzehnte dem Werden von Brot und Kuchen zugesehen hatte, ging mir bei seinen Worten sozusagen ein Seifensieder auf. Korn und Brot haben, so erzählte er, noch mehr gemeinsam, als dass das eine aus dem anderen hervorgeht. Um rundherum gut und reif zu werden, benötigen beide, Korn und Brot, alle vier Elemente: Wasser, Erde, Luft und Feuer. Und das bei beiden in der gleichen Reihenfolge. Wenn im Herbst die Saat in die Erde kommt, braucht sie anschließend viel Wasser. Die Körner müssen ja keimen, natürlich nicht zuviel. Sie sollen nur immer ein wenig feucht sein und sich langsam entwickeln. Das ist die erste Wachstumsstufe beim Korn. Der Bäcker muss das abgewogene Mehl zu aller erst auch mit der erforderlichen Menge Wasser zu einem Teig vermengen. So sieht die erste Arbeitsstufe beim Brot aus. Später, im nächsten Frühjahr, will das Korn in der Erde wachsen. Dafür muss die in Ordnung sein, nicht zu mager und nicht zu überdüngt sein, nicht zu nass und nicht zu trocken. Sonst bleiben die jungen Pflanzen mickrig oder sie schießen zu schnell in die Höhe. Alle Mineralien, die die Erde enthält, müssen nun den Samenkörnern zur Verfügung stehen, damit sie große und starke Pflanzen bilden können. Beim zweiten Schritt auf dem Weg zum Brot muss die Hefe nun arbeiten. Auch hier muss der Bäcker genau wissen, wie viel er davon für seinen Teig braucht. Tut er zu wenig hinein, bleibt der zukünftige Brotlaib klein und flach, nimmt er zuviel Hefe, geht der Teig mächtig auf und fällt später wieder zusammen. Im frühen Sommer helfen Licht und Luft dem Korn beim Wachsen. Es beginnt in der wärmeren Jahreszeit zu sprießen und schließlich zu blühen. Das Samenkorn hat nun schon einen weiten Weg zurückgelegt, aber fertig ist sein Wachstum immer noch nicht. Auf seinem Weg zum fertigen Brot braucht der Teig als dritte Arbeitsstufe nun ebenfalls viel Luft. Die muss in den Teig hineingeknetet werden, damit das Brot später leicht und locker wird. Eine alte Bäckerregel sagt dazu: Wenn man eine Korinthe oben auf den Teig legt, muss sie nach dem Kneten auf der Unterseite des Teiges wieder zum Vorschein kommen. Das wären jetzt also schon drei Übereinstimmungen bei Korn und Brot, und man braucht nicht viel Phantasie dazu, um diese Arbeits- und Wachstumsphasen nachvollziehen zu können. Bleibt noch das Feuer, und auch da stimmt es bei beiden. Feuer kann man nicht gerade dazu sagen, was das Korn nun braucht. Aber die Gluthitze des Sommers ist nicht weit entfernt davon. Sie lässt die Stengel des Korns zu Stroh werden und die neuen Samenkörner in den Ähren reifen. Früher hat man das geschnittene Korn zu Garben gebunden und im Feld aufgestellt. Sie konnten hier noch ein wenig ruhen und wurden erst im Winter ausgedroschen. Das tat dem Korn gut. Heute drischt der Mähdrescher die Körner schon auf dem Feld aus. Das ist eigentlich ein bisschen zu hastig für unser Getreide und sicher eine Einbuße an Geschmack und Qualität. Beim Brotbacken ist es übrigens genau so. Wenn der Teig gegangen ist, kommt er in den heißen Backofen und wird dort appetitlich braun gebacken. Wahrscheinlich sieht es nun zum Anbeißen aus, aber auch für den Menschen ist es gesünder, wenn das Brot vor dem Essen noch ein wenig ruhen kann. Dann lässt es sich auch besser schneiden. Getreide und Brot, das sind nicht die einzigen Sachen, die für ihr Werden die Hilfe aller Elemente nötig haben. Leider hat der normale Mensch kaum Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wie sich manche Dinge auf unserer Erde entwickeln und was dazu alles nötig ist. Schön, wenn er dann von einem Außenstehenden einmal einen kleinen Denkanstoß bekommt.

 

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