OHS AHL POMP Unsere alte Pumpe

Erich Brang Basberg

Als wir 1933 in unser neues Haus an der Kreuzstraße in Feusdorf einzogen, war in unserem Keller unter der Küche ein vier Meter tiefer ausgemauerter Brunnen auf einer Wasserader. Um das Wasser nun in die Küche zu bekommen, hatte unser Vater bei Familie Huth in Ripsdorf eine gebrauchte Wasserpumpe gekauft, die dieser selber schon seit Jahrzehnten genutzt hatte. Diese Pumpe wurde nun in unserer Küche eingebaut und siehe da, wir hatten kühles, frisches Wasser. Nun hing die Pumpe an der Wand, aber was unser Vater da gekauft hatte, kam erst so richtig zum Vorschein, als unsere Mutter sie fast einen halben Tag lang mit Putzmitteln gescheuert hatte. Das war keine einfache Saug- und Hebepumpe mehr, das war ein Schmuckstück und sollte es auch bleiben bis 1954, als Feusdorf an die Wasserversorgung angeschlossen wurde. Die Pumpe wurde wieder abgebaut und in einer Ecke in der Scheune abgestellt.

Um 1975 meinte mein Vater zu mir: »Was machen wir mit der Pumpe? Die steht schon so lange hier herum. Wenn mal wieder einer nach Alteisen fragt, gebe ich sie einfach mit.« In diesem Moment überkam mich ein eigenartiges Gefühl und die alte Pumpe tat mir leid. Ich sah all die Leute vor mir, die sich an dieser Pumpe Wasser geholt hatten; unsere ganze Familie, die Sommerfrischler (Feriengäste), die Jäger, die bei uns übernachteten, wenn Reifferscheids keinen Platz mehr hatten, die Westwallarbeiter, die Männer von der Organisation Todt, 1939/40 die deutschen Soldaten, den polnischen, später den französischen Kriegsgefangenen, danach die Amerikaner, die französischen Besatzungssoldaten, die in unserem Wohnzimmer ihr Wachlokal eingerichtet hatten und auch ihre Nachfolger, die Beamten der Zonenpolizei, die Mädchen und Frauen, die bei uns im Haus und in der Landwirtschaft mitgeholfen hatten. Ich sah sie alle vor mir; die meisten konnte ich noch mit Namen nennen. Ich kam mir vor wie ein kleiner Junge, glücklich über jeden, der mit uns zusammen im Haus gewohnt und auch gearbeitet hatte. In Gedanken versunken sagte ich zu meinem Vater: »Weißt du was, wenn du noch mal mit dem Traktor nach Basberg kommst, bringst du mir die Pumpe mit. Ich weiß zwar auch noch nicht, was ich damit mache, aber für den »Alträuscher« ist sie mir nun doch zu schade«. In Basberg fand die Pumpe

dann ihren Altersruheplatz über der Doppelgarage, die früher mal Ochsen - und Schweinestall war. Hier war sie nicht allein, zwei Hafergeschirre, zwei Dreschflegel, zwei Rechen, eine alte Nähmaschine, Brotkörbchen, eine Zentrifuge, Butterfässer, zwei Ochsenjoche, ein Scheffel und weitere abgestellte Gegenstände leisteten ihr Gesellschaft.

Und wenn man ein ganz feines Gehör und ein Gefühl für sie hatte, dann konnte man sie an lauen Sommerabenden sprechen hören. Sie erzählten von früheren Zeiten, als sie noch bei Thommes Nikla im Dienst standen. Dann kam das Frühjahr 2001. Da verirrte sich unsere Schwiegertochter Christa auf den Garagenspeicher. Nun muss man wissen, Christa ist technische Zeichnerin und hat ein Auge für alte Dinge, sozusagen den antiken Blick, und mit diesem Blick sah sie mich an, als sie von der Garage kam. Das war nicht das erste mal, ich wusste sofort, was auf mich zu kam. »Woher hast du die Pumpe, könnte man die nicht aufarbeiten?. Ich würde sie dann in unserem Treppenhaus aufhängen,« war ihre erste Feststellung. Ich erzählte ihr dann den Lebenslauf von dem guten Stück, welches sie auserkoren hatte. Ein paar Wochen später holten Werner und ich die Pumpe auf die Werkbank und begannen mit der Renovierung, mit Schleifmaschine, Schmirgelpapier und Scheuermitteln (wie früher), und bald glänzte unser gutes Stück wieder wie in den besten Zeiten. Die Pumpe besteht aus vier Teilen: da ist zuerst der Pumpenzylinder, ganz aus Messing und Kupfer, mit Auslaufrohr und Ablaufvorrichtung, dann der mit Leder überzogene Saugkolben. Das Führungsgestänge ist handgeschmiedet wie auch der Schwengel, mit dem die Pumpe betätigt wird. Am Endbogen befindet sich zwecks Stabilisierung eine mit Messing ummantelte Bleikugel. Das ganze wird von einer schön verschlungenen, gusseisernen Hängevorrichtung zusammen gehalten. Die Hängevorrichtung ist auf eine fünf cm dicke und 1,80 Meter lange Eichenbohle geschraubt und wird damit an der Wand befestigt.

Die Pumpe ist sicherlich weit über 100 Jahre alt und schmückt nun das Treppenhaus von Werner und Christa in Gerolstein. Damit ist mein Wunsch, die Pumpe für die Nachwelt zu erhalten, in Erfüllung gegangen.