Hellblau und safrangelb CROCUS SAVITUS
Marianne Schönberg, Jünkerath
Mensch lernt nie aus und das ist gut so. Bis vor Tagen hab ich mir um Safran wenig - ei­gentlich gar keine - Gedanken gemacht. Das war für mich ein Färbegewürz ähnlich dem Zimt, der Gewürznelke. Im Kinderlied „Backe, Backe, Kuchen" heißt es in der letz­ten Zeile: „Safran macht den
Kuchen geel" (= gelb). Weil zu meiner Kinderzeit die Eier zum Backen rar waren, mein­te ich, mit Safran könne man also den Teig färben, ihm ein Aussehen geben, das mit vie­len Dottern zu vergleichen ist. Von Geschmack oder Gewürz war nie die Rede. Und dann diese Informationssendung
im Fernsehen: Kochen mit Schwerpunkt Safran. Das vor­bereitete Gebäck sah wunder­schön aus, ein optischer Ge-nuss! Dann die Frage was ist, woher gewinnt man Safran? Aus den langen Narben der Krokusblüte, der wunderschö­nen Frühlingsblume in heller Fliederfarbe, sie birgt das
Geschmacks- und Farbge-heimnis. Nein, nicht die unsre in der Wiese vorm Haus, eine edlere Verwandte, sie kommt aus dem Orient, wurde wegen ihrer feinen Substanz von Rö­mern und Griechen geschätzt und teuer gehandelt. Die per­sische Heilkunde nutzte ihre gute Wirkung, byzantinische und arabische Ärzte setzten sie bei verschiedenen Leiden ein; heute wird sie in Spani­en, Italien und Südfrankreich angebaut. Sie benötigt war­mes, trockenes Klima, die bei­nahe dunkelorangen Fäden der Narben enthalten gelbe und rote, fettlösliche Carti-noide und ein ätherisches Öl von bitterem Geschmack und würzigem Geruch. Als Ersatz für den teuren Safran ver­wendete man die getrockne­ten Blütenblätter der Ringel­blume und Saflor, die Färber­distel - beide sind voller Farb-
stoff, aber ohne Gewürz- und Geruchskomponenten. Wahr­scheinlich machten sie den „Kuchen geel", von dem das Kinderlied erzählt. In armen Zeiten ging's meist um Optik. Das Auge wollte auch etwas haben und bekam's - gelber Kuchen vermittelte einen feinen Inhalt und das machte ihn begehrt, besonders schmackhaft.
In der Geschichte spielte Saf­ran als Färbemittel ebenfalls eine bedeutende Rolle. Orien­talen und Kleinasiaten kleide­ten sich gern in gelb gefärbte Gewänder. Safrangelbe Schu­he waren die kennzeichnende Pracht der Perserkönige. Iphigenie und Helena sollen safrangelbe Tücher getragen haben und bei Gastmahlen wurden Statuen und Sitzpol­ster mit Safran parfümiert -welch ein Aufwand, wie viel sinnlicher Genuss für eine
Oberschicht. Dafür arbeitete ein Heer armer Menschen in den Trockengebieten, zupften Frauen und Mädchen die Nar­ben aus den frischen Krokus­blüten, die mussten schnell trocknen, um nichts vom Duft und Geschmack zu verlieren. Nur wenige Gramm der Sub­stanz waren letztlich zu ver­kaufen, für einen Hungerlohn - Safran, das Gold der Könige. Anbau und Ernte haben sich nicht verändert, echter Safran hat nach wie vor seinen Preis. Da bleib ich doch lieber bei der Ringelblume, bei Saflor, der Färberdistel, wenn GELB gefragt ist. Doch im Frühling, wenn der gemeine Krokus in der Wiese blüht, seh' ich ihn sehr nachdenklich an. Sein Verwandter ist mir nun bekannt, vertraut... den meinen lieb ich. Er ist einfach da, will mich erfreuen.