Geschichten von der Geschichtsstraße (1. Teil)
Erich Mertes, Neuwied
Die im Eifeljahrbuch 2003 be­schriebene Geschichtsstraße mit 15 Stationen zwischen Kelberg - Uersfeld wurde im September 2001 eröffnet. Dazu erschien ein Wander-führer, erhältlich unter ande­rem in der Verbandsgemein­deverwaltung in Kelberg. In loser Reihenfolge sollen nun Geschichten von einzelnen Stationen dieses neuen The­men-Wanderweges erschei­nen - keine erfundenen oder ausgedachten Legenden, viel­mehr Geschichten auf Grund von alten Urkunden.
Waren Tempelherren auf dem Hochkelberg?
Den ältesten Hinweis liefert Bürgermeister Metten von Kelberg. In seiner Chronik von 1819 schreibt er zu Köttelbach: „...Der bekannte Hochkelberg berührt einer­seits das Territorium. Gegen­über liegt ein Berg, genannt: Frauen-Häuschen, auf wel­chem alte Gemäuer zu sehen sind. Traditionen melden, dass daselbst ein Frauenklo­ster gestanden haben soll, welches vermöge unterirdi­scher Gänge mit jenen der Tempelherren auf Hochkel­berg Kommunikation gehabt hätte."
An anderer Stelle schreibt Metten über den Hochkel­berg: „Hohkelberg, (dort)
sollen Tempelherren („Tem-plarii") gewohnet haben; wenigstens sind noch heutigen Tages (1819) alte Gemäuer sichtbar."
a) Das Klostergebäude Frauenhäuschen (Geschichts­straße, Station 3). Auf der Anhöhe „Frauen­häuschen" zwischen Köttel­bach und Mosbruch stand im Mittelalter ein Gebäude des Nonnenklosters Niederehe (Verbandsgemeinde Hilles-heim, Kreis Daun). Das Kloster besaß den 25 Hektar großen Fischweiher zu Mos­bruch (Mosbrucher Weiher). Bis 1505 war dieses Kloster von Nonnen bewohnt, bei de­nen aber „die Zucht gewichen war". Deshalb übernahmen es danach Mönche. Das Kloster Niederehe geht auf das Jahr 1175 zurück, als die Herren von Kerpen ein Kloster zu „Yee" („Ehe") mit Einver­ständnis des Erzbischofs von Köln für adelige Frauen grün­deten, die zunächst nach der Regel des Heiligen Augusti­nus lebten (Augustinerinnen). Es unterstand der Prämon-stratenserabtei Steinfeld. „Im Jahre 1309 erwirbt das Klo­ster eine jährliche Fruchtrente von vier Sümmer Hafer in Rod", schreibt Schorn. Das ist sachlich unbedeutend, aber es ist für unsere Geschichte
wichtig, was Schorn nach diesem Jahr schreibt: „In den unruhigen folgenden Zeiten, sagt Schannat, verfiel die Klosterzucht." Die „unruhigen Zeiten" manifestierten sich zunächst in der Verlegung des Papstsitzes nach Avignon in Südfrankreich an der Rhone durch Klemens V. im Jahre 1309. Damit begann eine Kirchenspaltung (Schisma), in der sich Päpste und Gegen­päpste gegenseitig exkommu­nizierten. Heute sprechen wir vom Avignonischen Exil des Papsttums oder von der „Ba­bylonischen Gefangenschaft der Päpste". In diesen Jahren, schon 1307, begann auch die Verfolgung der Tempelritter, um die es hier geht. 1461, nach anderen Quellen 1474/1475, brannte das Klostergebäude in Niederehe ab, auch das Dach der Kirche. Dies wurde als Strafe des Himmels angesehen. 1505 wurden die letzten Nonnen aus dem Kloster Niederehe „entfernt". Im gleichen Jahr bezogen Steinfelder Mönche das Kloster Niederehe. In der Feudalzeit gehörte Niederehe stets zum Eifelde-kanat Köln. Die Kölner Erz­bischöfe waren auch ständige Schutzherren der Abtei Stein­feld. Und der Mosbrucher Weiher gehörte im kurkölni­schen Schultheißenamt
Uersfeld-Uess, Amt Nürburg, ebenfalls dem Erzbischof und Kurfürsten von Köln. Hier verstehen wir die Eigen­tumsverhältnisse des Mittel­alters, warum die Nonnen des Klosters Niederehe damals den 25 Hektar großen Fischweiher zu Mosbruch, den Mosbrucher Weiher, bewirtschaften durften. Verständlich auch, warum damals aufgrund der lokalen Entfernung auf der Anhöhe „Frauenhäuschen" zwischen Kelberg-Köttelbach und Mos­bruch ein Ökonomiegebäude des Klosters Niederehe stand.
b) Die Tempelherren auf dem Hochkelberg (Geschichts-
straße, Station 7). Der Ritterorden der Tempel­herren, der Templer (Templa-rii), hat seinen Ursprung im hohen Mittelalter, im 12. Jahrhundert, zur Zeit der unseligen Kreuzzüge. Seine erste Aufgabe bestand darin, die Straßen im „Heiligen Land" zu sichern und christ­liche Pilger gegen Überfälle der Sarazenen zu schützen. Die Ordenstracht war ein weißer Mantel mit rotem Kreuz auf der linken (Herz-) Seite. Der Templerorden ge­langt im Laufe der Zeit zu hohem Ansehen und Reich­tum. Nach den verlorenen Kreuzzügen jedoch wird er diffamiert und angeklagt, vor
allem in Frankreich. 1307 lässt König Philipp IV. von Frankreich alle Templer in Frankreich verhaften, Papst Klemens V. in Lyon protestiert dagegen. 1308 jedoch er­öffnet Papst Klemens V. (nach Anhörung von 72 „gestän­digen" Templern) das Verfah­ren gegen sie. Wir spüren hier förmlich den Druck des Königs Philipp IV. von Frankreich auf den Papst.
1310 lässt der Erzbischof von Sens/Frankreich 59 Templer, die ihre unter der Folter erpressten Geständnisse widerrufen haben, wegen „Rückfälligkeit" öffentlich verbrennen.
1311  beruft Papst Klemens V.
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Blick auf Frauenhäuschen und Hochkelberg um 1960. In Bildmitte die Anhöhe Frauenhäuschen, links daneben die Kuppe Brinkenkopf, rechts im Hintergrund der Hochkelberg mit dem alten Funkmast (1953-1978). Entfernung Frauenhäuschen-Hochkelberg, ca. 1250 m Luftlinie. Aufnahme von SW. Im Vordergrund die Landstraße Kelberg-Mosbruch (L101). Foto: Lehrer Alfons Poss (1914-1991), Uess/Daun.
ein Konzil in Vienne/Frank-reich ein, um unter anderem über das weitere Schicksal des Templerordens zu entschei­den. 114 Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe nehmen daran teil. Bis auf fünf französische Bischöfe spricht sich die überwältigen­de Mehrheit gegen eine Verurteilung des Ordens aus und verlangt eine Anhörung. 1312 erscheint König Philipp in Vienne und bedrängt den völlig von ihm abhängigen Papst Klemens V., worauf dieser den Orden vom Tempel mangels Konzilsbeschluss „nicht aus Rechtsgründen (de iure), sondern aus „fürsorgli­cher Rücksicht auf das allge­meine Wohl" und mittels päpstlicher Verordnung" aufhebt. Mit der Bulle „Ad Providam" vom 2. Mai 1312 werden die Güter des Templerordens dem Ritteror­den vom Hospital St. Johan-nis zu Jerusalem, dem späte­ren Malteserorden, übereig­net. 1314 werden der Groß­meister Jacques de Molay so­wie der Präzeptor der Nor-mandie, Geoffroy de Charnay, auf der Seine-Insel auf Befehl des Königs verbrannt. Der von Jacques de Molay kurz vor seinem Martyrium zum 24. Großmeister ernannte Komtur Jean-Marc Larmenius sammelt die verstreuten Reste
des Templerordens und führt den Orden im geheimen weiter.
Wir haben hier die Situation des verbotenen und ver­sprengten Ritterordens der Tempelherren, der Templarii, von denen Bürgermeister Metten 1819 schreibt. Es ist doch denkbar möglich, dass versprengte Tempelritter aus Angst vor dem Scheiter­haufen Zuflucht in alten Gemäuern suchten. Ein solches alte Gemäuer mag 1300 bis 1350 noch auf dem Hochkelberg von der römi­schen Befestigungsanlage vorhanden gewesen sein, denn Metten schreibt noch 1819, dass dort noch Gemäuer sichtbar sei. Nach diesen Prämissen versteht man auch, wenn Klosterfrauen vom Nieder-ehener „Frauenhäuschen" zwischen Köttelbach-Mosbruch den flüchtigen Tempelrittern auf dem Hochkelberg etwas zum Essen brachten, mit Sicherheit Fisch aus dem Mosbrucher Weiher. Es war eine rein menschliche Tat, für die man damals ver­urteilt wurde.
Nun könnte man das alles als eine schöne Legende abtun und in die Gerüchteküche verweisen, wenn da nicht ein paar Beweisstücke aufge­taucht wären.
Dr. Karl-Josef Gilles vom Rheinischen Landesmuseum Trier hat für seine Dissertati­on „Spätrömische Höhensied­lungen in Eifel und Huns-rück" auch den Hochkelberg gründlich untersucht. Dabei konnte er neben den vielen römischen Funden aus der zweiten Hälfte des 3. Jahr­hunderts bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts auch einige Ke­ramikscherben aus dem 12. bis 14. Jahrhundert ausfindig machen, also aus der Zeit des Templerordens (siehe Orts­chronik Sassen). Nur die unterirdischen Gänge vom Frauenhäuschen zum Hochkelberg hat es sicher nicht gegeben, zumindest wurden sie bis heute noch nicht gefunden.
Literatur:
Gilles Karl-Josef, Spätrömische Höhensiedlungen in Eifel und Huns-rück, Trier 1985.
Kelly J.N.D., Reclams Lexikon der Päpste, Stuttgart 1988. Mayer Alois, Klöster, Stifte, Orden der Eifel -gestern und heute-, Band I, Aa­chen 2000.
Schorn Carl, EIFLIA SACRA, Ge­schichte der Klöster und geistlichen Stiftungen der Eifel, Band 2, Neu­druck der Ausgabe von 1889, Osna­brück 1966.
Schug Peter, Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier, V. Band, Geschichte der zum ehemaligen kölnischen Eifel-dekanat gehörenden Pfarreien der De­kanate Adenau, Daun, Gerolstein, Hil-lesheim und Kelberg, Trier 1956. Sippel Hartwig, Die Templer, Ge­schichte und Geheimnis, Wien 2001.