Das kurze Leben der Darscheider Mühle
Pferdepfändung wegen Verletzung des Mühlenbanns
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Friedbert Wißkirchen, Daun
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Der
Dauner Amtskellner Ludwig Bohlen hatte, nach dem es Unstimmigkeiten
wegen des Mühlenbanns gab, erneut 1663 die Darscheider und Gemündener
auf die „Baurn-mühle" (Bohrbachsmühle) in Daun gebannt, also
verpflichtet, dort ihr Getreide mahlen zu lassen. Der Weg von
Darscheid zur „Baurnmühle" war beschwerlich und weit. Durch den Wald,
an Boverath vorbei, musste in der heutigen Dauner Bahnhofsstraße die
Lieser zum ersten Mal durchquert werden, weiter ging es an der
Pfarrkirche St. Nikolaus vorbei die heutige Maria-Hilf-Straße in
Richtung Gemünden, die Lieser musste nochmals durchquert werden, bevor
die Mühle (heute: Getränkegroßhandel Schreiner) erreicht war. Das zog
so manchen Darscheider auf die nähere Nerdlener oder andere Mühlen in
der Nachbarschaft. Der Streit zwischen den Darscheidern, dem
Bannmüller und der kurfürstlichen Verwaltung in Daun war deshalb ein
Dauerthema. Mehrere Strafandrohungen nützten nichts, und die Versprechen des Darscheider Zenders Jakob Hermes und Bürgermeisters Jakob Möhnen, den
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Mühlenbann
zu beachten, wurden nicht eingehalten. Da sah sich der Dauner
Amtskellner sogar veranlasst, in Darscheid ein Pferd zu pfänden, weil
die Betroffenen die verhängte Strafe wegen der Verletzung des
Mühlenbanns nicht zahlen konnten oder wollten. Das Pferd wurde erst
wieder herausgegeben, als die Darscheider Bewohner an den damaligen
Betreiber der Mühle, Müller Baur, 1 Fass Korn und 1 Fass Hafer für den
entgangenen Mahllohn gezahlt und dem Müller das Weiden von 2 Rindern
auf Gemeindewiesen gestattet hatten. Die Darscheider beschwerten sich
weiter; ihre Bannung auf eine weit entfernte Mühle empfanden sie als
ungerecht. Weshalb wurden sie nicht auf die „Bolensmühle" (jetzt:
China-Restaurant) im Schatten der Dauner Burg gebannt und mussten noch
2 km weiter bis fast nach Gemünden fahren? Immer wieder forderten sie
den Bau einer eigenen Mühle, doch es dauerte mehr als vier Jahrzehnte,
bis der Kurfürst am 24. April 1710 ihrem Antrag entsprach. Im Schreiben
des kurfürstlichen Sekretärs Cüntzer wird ausdrücklich
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begründet,
dass die Genehmigung zur Errichtung der Mühle wegen der „weit(en)
Entlegenheit" der Bohrbachsmühle erteilt wurde. Als Pacht waren „des
Wasserlaufs halber alle Jahr zur Kellerei Daun 12 Sümmer Korn" zu
liefern. Da half auch die umgehend verfasste Beschwerde und Forderung
der Ww. Johanna Baur, Müllerin von der Bohrbachsmühle, an die
kurfürstliche Verwaltung nichts, „diese Concession zu annullieren und
die pro forma aufgebaute Darscheider Mühl abreißen zu lassen". Die
erste Mühle wurde 1710, scheinbar aber als Provisorium, erbaut; ob die
Gemeinde selbst oder ein Mühlenpächter den Bau errichtete, ist nicht
nachvollziehbar. Die Mühle lag im Alfbachtal, Richtung Steiningen, kurz
vor der Gemarkungsgrenze, etwa 1200 m vom südlichen Ortsrand entfernt.
In der Tranchot-Karte von 1810/11 ist das kleine Mühlengebäude noch
verzeichnet. 1733 ist in den Steuerlisten des Amtes Daun unter
Darscheid der Eintrag „Mühlenpfacht in Simplo 3 alb" und „Nahrung 1) auf den zehnjährig Revisionsfuss 1 alb" 2) verzeichnet. 1734
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erblickt
auf der Darscheider Mühle Christoph Laubach das Licht der Welt. Sein
Vater (Vorname nicht bekannt) dürfte der erste Darscheider Müller aus
der in der Eifel weithin verbreiteten Müller-Dynastie Laubach gewesen
sein. 40 Jahre später gibt es den nächsten urkundlichen Nachweis, als
der 1734 geborene Christoph(el) Laubach im Auftrag der Darscheider
Gemeinde die Mühle auf eigene Kosten neu erbaut und sich die
Darscheider freiwillig verpflichten, nur auf der Darscheider Mühle
mahlen zu lassen. Der Mühlenbau war scheinbar nach 40 Jahren so
schlecht, weil er im Jahre 1710 „pro forma" errichtet worden war. In
den Kellereiabrechnungen des Jahres 1774 wird die „Pacht für die neu
erbaute Mühl" mit 1 Malter Korn angegeben. Bald beschwert sich Müller
Laubach, dass die Darscheider auf andere Mühlen fahren und
vertragsbrüchig werden. Der Alf-bach war vor allem im Sommer und
Herbst oft nur ein Rinnsal und nicht im Stande, das Mühlrad zu treiben,
so dass mancher Darscheider auf andere Mühlen fuhr und dem Darscheider
Müller die Einnahmen fehlten. Er verklagt 1796 die Darscheider
Gemeinde auf Schadenersatz. Am 26. Oktober 1796 wird vor dem Dauner
Amtskellner A. Bohlen (Erbbeständer der Dauner Mühle unterhalb der
Burg) ein Vergleich mit den gegen den Mühlenbann verstoßenen Bauern
Daniel Schlosser und Johann Jakob Schmitz und den Vertretern
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der
Gemeinde Darscheid, Vorsteher Johannes Rauen und Gemeindedeputierten
Johannes Thönnes geschlossen: Der Müller Christoph Laubach gibt die
Mühle am 1. Mai 1780 an die Gemeinde zurück und weist die Kosten für
den Mühlenbau nach. Anschließend soll der Mühlensachverständige den
Wert der Mühle als auch die Angemessenheit der Pacht festlegen; beide
Parteien unterwerfen sich diesem Schiedsspruch. Der Wert der Mühle
wird auf 78 Reichstaler taxiert. Da die Gemeinde Darscheid nicht im
Stande ist, diesen Betrag in einer Summe zu zahlen, gewährt der
Kurfürst ein Darlehen, rückzahlbar in 3 Jahresraten. Chri-
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stoph
Laubach übernimmt anschließend die Rengener Mühle. Der Nachfolger von
Laubach, Jakob Schuh, der mit Helene geb. Reichertz von der Saxler
Mühle verheiratet ist, bleibt bis 1805 in Darscheid. Später heißt der
Müller Leonhard Repp, der von der Wollmerather Mühle stammt und 1819
auf der Mühle stirbt. Die wirtschaftlichen Bedingungen werden immer
schlechter, denn in Preußen ist der Mahlzwang auf einer bestimmten
Mühle ab 1810 aufgehoben. Es folgt als Müller Philipp Leidens, der von
1822-24 zweifelsfrei die Mühle betrieb. Peter Schläfer (Müller) - aus
Olken-bach stammend - wohnte
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ebenfalls
auf der Mühle bei seinem Schwiegersohn Leidens. Seine Frau Maria Anna
stirbt dort am 20. Januar 1824. Am 23.11.1823 wird der Tod von Peter
Pias, Müller aus Schutz, auf der Mühle vermerkt. Der nächste Müller
von 1827 - 1833 heißt Heinrich Ponzelli, der von der Neunkirchener
Mühle stammt. Fünf Kinder erblicken auf der Mühle das Licht der Welt.
1842 werden Franz Budinger und seine Frau Magdalena geb. Willems als
Mühlenbetreiber genannt. Ein kurzes Gastspiel gibt der Müller Peter
Willems aus Daun-Gemünden, er wird 1849 als Mühlenbesitzer erwähnt.
1850 werden auf der Mühle noch fünf Personen als Einwohner verzeichnet.
1851 heißt der Müller Caspar Trost, aus Daun-Neunkirchen stammend. Ihm
folgt Anton Holzmann, der jedoch bereits 1855 mit seiner Frau Anna
geb. Hemmerath und Sohn Franz Josef (1854 auf der Mühle geboren) nach
Amerika aus-
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wandert.
Der nächste bekannte Müller ist Alois Horn; seine Frau, Anna Maria
Hoffmann, schenkt am 8.4.1864 auf der Darscheider Mühle Sohn Alois das
Leben. Später finden sich im Familienbuch Darscheid keine Eintragungen
mehr, die Mühle ist scheinbar noch bewohnt, der Mühlenbetrieb wegen
Unwirtschaftlichkeit eingestellt. 1888 -1899 gibt es in den
Steuerlisten ebenfalls keine Hinweise auf den Mühlenbetrieb mehr. Die
Darscheider mussten anschließend wieder nach Daun oder in andere
benachbarte Mühlen fahren, um ihr Getreide mahlen zu lassen. Nur etwas
mehr als 150 Jahre drehte sich das Mühlrad mehr schlecht als recht,
weil der Wasserlauf der Alf zu unbeständig war. Kein Wunder, denn die
Alf entspringt erst ca. 1,5 km nördlich von Darscheid und hat keine
namhaften Nebenbäche, die sie von der Quelle bis zur knapp 2,7 km
entfernten Mühle ausreichend mit Wasser gespeist
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hätten.
Der lange Kampf um die eigene Mühle hatte sich letztlich nicht gelohnt.
Die Gedichtzeilen aus „Die gefallene Mühle" von Johann Nepomuk
(1802-1866) treffen auch auf die Darscheider Mühle zu.
Die
Mühle verfiel im Lauf der Jahrzehnte immer mehr. Heute weist außer der
Eintragung in der Katasterkarte „An der Mühle" nichts mehr darauf hin.
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Quellen:
LHA Koblenz - Bestand: 1 c 3039 Archiv VGV Daun - Steuerlisten Amt Daun 1733
Mayer Alois, Familienbuch Darscheid Meyer August, Bauernmühle und Herrenmühle zu Daun, in: Eifeljahrbuch 1986
Wißkirchen Friedbert, 600 Jahre drehte sich das Mühlrad, in: HJB Daun 1987
Wißkirchen Friedbert, Bauernmühle -Bohrbachsmühle - Robensche Mühle in Daun, in: HJB Daun 1997
1 Nahrung(sgeld) war eine Abgabe, die alle zu entrichten hatten, die ein Gewerbe betrieben.
2 Albus
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