Weihnachten 1489
Ein trauriges Fest für die Densborner Herrin Irmgard von Rollingen
Heinz Schmitt, Trier
Was es für eine Familie be­deutet, wenn der Vater durch Tod plötzlich aus ihrer Mitte gerissen wird, kann sicherlich jeder Leser ermessen. Dieses bittere Los widerfuhr am 1. Weihnachtstag des Jahres 1489 auch der Familie der Densborner Herrin Irmgard von Rollingen. An eben die­sem Tag starb ihr Mann Wil­helm von Runkel und Isen-burg, Graf zu Wied, im famili­eneigenen Schloss Isenburg bei Neuwied, wohl kaum 60 Jahre alt. Ein schmerzlicher Abschied und Verlust, nicht nur für seine Frau Irmgard von Rollingen, die ihren Mann verloren hatte, auch für ihre beiden noch nicht voll­jährigen Töchter Anastasia und Margarethe. Sie hatten den geliebten Vater verloren. Wilhelm stammte aus dem al­ten Edelgeschlecht der Herren von Runkel, deren Stammsitz der gleichnamige Ort bei Lim-burg an der Lahn war. Wilhelm erhielt durch seine Mutter Anastasia Anteil am Schloss Isenburg, insbesonde­re das Runkel`sche Haus, ein Haus in Heimbach, die Mahl­mühle zu Isenburg, den Hof auf dem Ebenfeld, die Herr­lichkeit im Heimbacher Tal, dazu Renten und sonstige Ge­fälle. Von seinem Vater erhielt er Anteile an Schloss und
Herrschaft Runkel und das Dorf Minderlittgen bei Witt­lich. Dieses hatten schon Wil­helms Großeltern Dietrich III. und Jutta von Sayn im 14. Jahrhundert vom Trierer Erz­bischof zu Lehen getragen. Weiteren Besitzzuwachs brachte Wilhelm seine Ver­mählung mit Irmgard von Rollingen oder französisch Raville. Wann die Hochzeit stattfand, ist unbekannt. Zunächst war Wilhelm für den geistlichen Beruf be­stimmt. Von 1449 bis 1466 ist er als Domherr in Köln nach­weisbar. 1457 werden seine 8 Ahnen beim dortigen Domka­pitel für den Adelsnachweis aufgeschworen. Die Hochzeit dürfte bald nach 1466 stattge­funden haben. Irmgard von Rollingen war gewiss keine schlechte Partie. Ihr Vater Johann VII. von Rol­lingen war Herr zu Bensdorf, Dagstuhl, Daun - Densborn, und Septfontaine. Dazu Erb­marschall des Herzogtums Lu­xemburg, ein wichtiges und repräsentatives Amt. Seit 1224 war das Luxemburger Erbmarschallamt mit der Herrschaft Daun - Densborn verbunden. Walram, Herzog von Limburg und Graf von Luxemburg hatte Heinrich von Daun, Herr zu Densborn, 1224 mit dem Marschallamt
belehnt. Walram war Heinrich von Daun`s Großvater und Gatte der berühmten Luxem­burger Gräfin Ermesinde. Heinrich hatte die Herrschaft Densborn seinerzeit durch Kauf erworben. Die Herren von Daun - Dens­born, die sich seit 1290 auch Marschall von Densborn nannten, blieben mehrere Ge­nerationen im Besitz der Mar­schallwürde. Als nun um 1400 Anna von Daun den Johann V. von Rollingen, Herrn zu Dag­stuhl und der Hälfte von Sept­fontaine, heiratete, gingen das Marschallamt und die Herr­schaft Densborn auf die Fami­lie von Rollingen über. Anna von Daun war die Tochter des Marschalls Richard XII. von Daun und Alleinerbin. Rollin­gen liegt zwischen Metz und St. Avold in Frankreich. Johanns und Annas Sohn, Jo­hann VII. von Rollingen, soll­te die elterlichen Besitzungen erben. Er verheiratete sich um 1435 mit Margarethe von Sierck, einer Nichte des nach­maligen Trierer Erzbischofs Jakob von Sierck (1439 -1456). Aber Johann VII. starb bereits am 5. Januar 1457 und liegt im Kloster St. Thomas a. d. Kyll begraben, wo sich sei­ne Grabplatte erhalten hat. Sein Vater Johann V. überleb­te in noch bis 1461.
Johann VII. von Rollingen und Margarethe von Sierck hatten sieben Kinder. Wil­helm, der Älteste, war Haupt­erbe und übernahm auch das Marschallamt. Seine Brüder
geworden.
Weihnachten 1489 also starb Wilhelm von Runkel und Isenburg. Aus seiner Ehe mit Irmgard von Rollingen gingen nur die beiden Töchter Anast-
am 24. April 1503, ihr Mann folgte ihr am 28. Mai 1513. Sicher ein schwerer Schick­salsschlag für ihre Mutter Irmgard von Rollingen. Aber es sollte noch schlimmer kom-
Philipp, Arnold und die Schwester Anna wurden geistlich, Eva vermählte sich mit Peter, Burggraf zu Rheineck, Philip­pine heiratete Berna-din von Lenoncourt und Irmgard nahm den genannten Wil­helm von Runkel und Isenburg, Graf zu Wied, zum Mann. Irmgard brachte ihrem Mann Wil­helm Besitz in Flevil-le in Frankreich zu und einen Teil der Herrschaft Densborn, darunter das halbe Dorf Steinborn bei Kyllburg, ebenso Minderlittgen. Graf Wilhelm war ein angesehener Mann, obwohl nur wenige urkundliche Zeugnisse Nachricht von seinem Wirken geben. 1488 kam es zu einer Auseinan­dersetzung zwischen dem Trierer Erzbi­schof Johann II. von Baden und Ritter Cu-no von Winneburg -
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men. Am 26. Juli 1503 wurde Irm­gard v. Rollingens Bruder Wilhelm von Rollingen von sei­nem eigenen Schwager Bernardin auf der Brücke zu Rollingen erschla­gen.
Die zweite Tochter Margarethe heirate­te 1493 Johann von der Mark - Aren­berg, Herr zu Lu-main bei Lüttich. Er war ein Sohn des berüchtigten Jo­hann von der Mark, des „Ebers der Ar-dennen". Marga­rethe erreichte ein stattliches Alter und starb erst 1547, während ihr Mann schon am 14.Au­gust 1519 das Zeit­liche segnete. Als Graf Wilhelm von Runkel nun am 2. Weihnachtstag verstorben war, galt es, sein Begräbnis auszurichten. Die Grafen von Wied -Runkel und Isen-
Beilstein wegen des Öffnungs­rechtes an den Burgen Winne­burg und Beilstein, das Cuno den Pfalzgrafen zugestanden hatte, wohingegen der Erzbi­schof dieses Recht für sich be­anspruchte. Der Streit ist auch als „Beilsteiner Krieg" bekannt
asia und Margarethe hervor, die 1477 erstmals Erwähnung finden. Nach Wilhelms Tod wurde sein Bruder Johann Vormund der beiden. Anastasia heiratete 1492 Graf Heinrich VII. von Waldeck zu Wildungen. Sie starb schon
burg hatten ihre Grabstätte in der Klosterkirche der Prämon-stratenserabtei Rommersdorf bei Neuwied. Hier fand auch Graf Wilhelm seine letzte Ru­he. Seine imposante Grabplat­te mit einer von Höhe 2,85 m und einer Breite von 1,20 m
ist heute noch erhalten. Sie zeigt Graf Wilhelm unter ei­nem gotischen Baldachin in voller Rüstung mit zum Beten gefalteten Händen in Frontal­ansicht und mit den vier Ah­nenwappen. Die umlaufende Grabschrift in gotischen Buchstaben lautet: „hie ruhet der edel und walge-borne wilhelm herre zu runckel und zu ysenburgh. der verscheiden ist indem iare un-sers hern tusend vierhundert nun und aechtzich uff de hilge cristdage.
Dem got barmherzich syn will."
1803 wurde das Kloster auf­gehoben und ging in den Be­sitz der Fürsten von Nassau -Usingen über. Um 1816 fasste Fürst Karl von Wied - Runkel den Entschluss, die noch er­haltenen Grabmäler seiner Vorfahren zusammen zu tra­gen und sie so vor dem Verfall zu bewahren. Hierfür errichte­te er ein eigenes Mausoleum auf dem Gelände seines Schlosses Dierdorf im Wester-wald.
Wilhelms Gattin Irmgard von Rollingen, die Herrin von Fle-ville und Densborn lebte noch 1514. Aber bis heute sind
Zeitpunkt und Ort ihres Todes unbekannt. Auch weiß nie­mand, wo sie ihr Grab gefun­den hat.
Literatur:
Fischer, Geschlechtsregister der Häu­ser Isenburg, Wied und Runkel, Mann­heim 1775
Günther, Wilhelm, Codex diplomati-cus Rheno-Mosellanus, Coblenz 1822-26
Kunstdenkmäler der Rheinprovinz XVI, 2: Kreis Neuwied, Düsseldorf 1940
Schannat/Bärsch, Eiflia illustrata, Köln/Aachen/Leipzig 1825-55