Überfall auf Mühle bei Manderscheid im Jahre 1882
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Gerd Hagedorn, Dahnen
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Seit
der Entdeckung durch die Romantik gelten Mühlen als besonders
idyllische Plätze, herrlich eingebettet in die Natur zwischen Bergen,
Tälern und Bächen. Was in Gemälden, Liedern und literarischen
Beschreibungen so romantisch daherkommt, entsprach aber selten der
rauen Wirklichkeit.
Tatsächlich
waren nämlich die Mühlen jahrhundertelang ortsgebundene
Produktionsstätten mit einer bewundernswerten und einzigartigen
technischen Ausstattung, die bis zum Beginn des industriellen
Zeitalters ihresgleichen nicht hatte, die aber zugleich auch Ängste
weckte. Bei Tag und bei Nacht war der Müller stets wach, wie es im
Volkslied heißt, weil er wegen des für ihn wenig romantischen
Geklappers nicht schlafen konnte, wenn das Wohnhaus mit der Mühle
verbunden war und er die Mühle nicht abstellen konnte oder wollte. Von
den ständigen Gefahren, die dem Müller von außen drohten, vor allem
Hochwasser oder Eisgang, oder von innen, wie laufende Räder,
zersplitternde Mühlsteine oder Mehlstaub ganz zu schweigen. Die meist
vom Ort entfernt gelegene Einsamkeit der Mühlen trug dazu bei, dass
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diese
nicht selten in Verruf gerieten oder mindestens misstrauisch beäugt
wurden, da die Dorfbevölkerung das Mühlenleben nicht so wie sonst unter
sozialer Kontrolle halten konnte. Die Geschäfte, die dort gemacht
wurden, und die Personen, die dort verkehrten, entzogen sich
weitgehend der Beobachtung und gaben Anlass zu allerhand Gerede,
besonders natürlich dann, wenn man dem Müller selbst nicht traute und
ihn für unehrlich hielt. Umgekehrt konnte der Müller in seiner
abgeschiedenen Lage auch nicht leicht auf Hilfe hoffen, wenn er sie
denn einmal brauchte. Denn die Einsamkeit einer Mühle im Tal konnte
unter Umständen auch sehr erwünscht sein. So erging es vor Zeiten einer
nicht näher genannten Mühle in der Umgebung von Manderscheid.
Als
für den Müller der Hubertusmühle in Gillenfeld, Johann Hoff, im Jahre
1882 der Pachtvertrag ablief, kaufte er in Dahnen die Dahnermühle an
der Our. Mit Sack und Pack, seiner Familie und einem Pferdewagen zog
er nach Dahnen. In der neuen Heimat angekommen, ließ Johann Hoff die
Pferde ein paar Tage ausruhen und machte sich
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dann
ein zweites Mal auf den Weg nach Gillenfeld, um die restlichen Sachen
zu holen. Dafür brauchte er fast eine Woche. Als er dann wieder in
Dahnen war, erzählte er, was sich unterwegs zugetragen hatte, und
berichtete von einem Ereignis, das besonders seinem Sohn Anton im
Gedächtnis haften blieb, so dass er es in seinen Memoiren für die
Nachwelt festhielt.1 Demnach war eines Abends auf eine Mühle
zwischen Manderscheid und Großlittgen eine Frau gekommen und hatte um
ein Nachtquartier gebeten. Man bedeutete ihr, sie möge doch nach dem
nur eine halbe Stunde weiter gelegenen Manderscheid gehen, dort gäbe
es mehrere Gasthäuser.
Die
Person ließ sich aber nicht abweisen, schützte Übermüdung vor, und so
konnte sie bleiben. Die Magd begleitete die fremde Dame zum
Schlafzimmer und unterhielt sich mit ihr noch über dieses und jenes.
Als diese aber keinerlei Anstalten machte, sich auszuziehen und zu
Bett zu gehen, schöpfte die Magd Verdacht. Sie beobachtete die Frau
noch etwas, wünschte eine gute Nacht und ging hinunter. Den
Müllersleuten erzählte sie ihre Beobachtungen und dass ihr
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besonders
die kräftigen Hände der Dame aufgefallen seien. So fackelte man nicht
lange und schickte einen Boten zur Polizei nach Manderscheid. Die
Polizei witterte sofort Lunte und brachte eine Anzahl Feuerwehrmänner
mit, umstellte das Haus, ging zu der Dame auf das Schlafzimmer und
entdeckte einen kräftigen Mann in der angeblichen Dame, durchsuchte
die Kleider und fand Verbrecherwerkzeuge und eine Triller-
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pfeife.
Die Dame wurde gefesselt; mit der Pfeife gab man nach draußen ein
Signal, und die Räuber kamen herbei und liefen in die Falle. Acht Mann
konnten festgenommen und mit der angeblichen Dame zusammen ins
Gefängnis gebracht werden. So war der geplante Raubüberfall durch die
Achtsamkeit der Magd vereitelt worden, und die Räuber konnten ihrer
gerechten Strafe zugeführt werden. Diese Begebenheit zeugt nicht
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nur
von der kriminellen Energie im vorvorigen Jahrhundert, die sich die
einsame Lage einer Mühle zunutze zu machen suchte, sondern auch von
der Effizienz einer Dorfpolizei, die in einer Zeit ohne Telefon,
Funkverkehr und Auto noch am späten Abend und in der Nacht die
Bevölkerung zu schützen und ein Verbrechen zu vereiteln wusste.
1 Anton Hoff: Mein Lebensweg, 33-34 (Manuskript von 1939 im Familienarchiv H. Abschlag).
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