Ein schwerer Brocken hat ausgedient
Roheisenpfannenwagen kehrt an seinen Entstehungsort zurück
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Wolfgang Kreckler, Feusdorf
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Dem
aufmerksamen und interessierten Mitglied der Eisenbahnfreunde
Jünkerath, Peter Theisgen, fiel im Sommer 2002 auf seiner
Geschäftsreise in das Stahlwerk Bremen ein großer schwerer
Eisenbahnwagen auf. In großen erhabenen Buchstaben stand darauf:
JÜNKERATH. Sofort erkannte der gebürtige Jünkerather in dem Wagen
einen der vielen in der Jünkerather Gewerkschaft hergestellten
Roheisenpfannenwagen. In seinem Geschäftsgespräch brachte er die Rede
auf dieses »gute alte Stück«. Die unerwartete Reaktion seiner
Gesprächspartner: »Den können Sie gerne bekommen. Bei uns hat er als
Transportmittel von flüssigem Eisen, das er vom Hochofen zur
Weiterverarbeitung ins Stahlwerk gebracht hat, ausgedient.«
Das
war ein Angebot! Das richtige für die Eisenbahnfreunde in Jünkerath.
Der Vorstand des Vereins kam mächtig ins Grübeln. Erst vor kurzem
musste er den vereinseigenen Schienenbus von Jünkerath nach Gerolstein
verlegen, da kein Gleis mehr dafür vorhanden war. Und nun dieses
Angebot! Ein viele
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Tonnen
schwerer Roheisenpfannenwagen, der in der Lage war, 80 t Roheisen bei
einem Fahrzeuggewicht von 55 t auf sechs Achsen zu transportieren. Und
wer sollte ein solches Fahrzeug bezahlen? Und wie konnte er von Bremen
nach Jünkerath geschafft werden? Auf DB - Gleisen hatte er schon seit
geraumer Zeit seine Zulassung verloren. Also blieb nur der
Straßentransport. Trotz der zunächst mehr als geringen Aussichten auf
eine Verwirklichung dieses Vorhabens setzen sich die Eisenbahnfreunde
mit der De-mag Ergotech in Jünkerath in Verbindung. Schnell war auch in
Paul Sonnen jemand gefunden, der genau diesen Wagen Anfang der 1960er
Jahre mit konstruiert und entworfen und gute Beziehungen zu dem
ehemaligen Arbeitgeber hatte.
So
vereinbarte man für den 28. Juli 2002 einen Besichtigungstermin in
Bremen und suchte sich schon einmal einen der vielen vor Ort
abgestellten Wagen aus. Fahrgestell Nr. 7 mit der Roheisenpfanne Nr.
87 sollte es sein. Er war im Jahre 1966 unter der Fabriknummer
38510031/7 in
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Jünkerath
gebaut worden. Der August verging, nicht ohne weitere Gespräche und
Planungen innerhalb des Vereinsvorstandes und natürlich mit den Herren
des Konstruktionsbüros der SMS Demag, aber auch mit Verantwortlichen
im Hauptsitz in Düsseldorf, die mittlerweile ein reges Interesse an
der Rückführung bekundeten. Dann kam der entscheidende Tag, der 20.
September 2002. Der Verein erhielt die Nachricht von der SMS Demag,
dass die Firma bereit sei, die Transportkosten einschließlich der
Kosten für den Kran zu übernehmen. Schon drei Tage später setzten sich
Vertreter des Vereins, Paul Sonnen und Erwin Holzer (Betreuer des
Eisenmuseums) im Büro der SMS Demag mit dem Leiter Jürgen Hecken
zusammen, um den weiteren Ablauf zu besprechen. Herr Hecken erlöste
die Eisenbahnfreunde von dem schwierigen Problem des Transportes und
sagte zu, den ganzen logistischen Bereich bezüglich des Transportes und
der Überführung zu übernehmen und drängte auf einen schnellen Termin.
Als Standort des Wagens soll-
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Bild: Archiv der Eisenbahnfreunde Jünkerath e.V.
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te
der Platz vor dem Eisenmuseum in Jünkerath dienen. Die Kreisverwaltung
Daun als Besitzer des Grundstückes zeigte sich über das Engagement des
Jünkerather Vereins erfreut und erteilte die Standgenehmigung.
Ein
erforderliches Gleis fand sich auf dem ehemaligen Gelände des
Bahnbetriebswerkes Jünkerath, das sich seit einiger Zeit im Besitz der
Firma Reifen Meyer befindet. Der Besitzer stellte es zur Verfügung.
Gerd Müller, Chef eines Jünkerather Tiefbauunternehmens, lieh zwei
Bagger aus. Während einer davon das schwere Gleisjoch auf den Tieflader
hievte, hob der andere am Eisenmuseum das Fundament aus. Landwirt
Kloep fuhr den Schotter herbei, um das Gleis ordnungsgemäß an Ort und
Stelle verlegen zu können. Wenige Tage später erhielten die
Eisenbahnfreunde dann von der SMS Demag die ent-
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scheidende
Nachricht: Überführung des Roheisenpfannenwagens mit
Schwertransportern von Bremen nach Jünkerath am 30.10.2002. Über Nacht
hatten zwei Schwertransporter das Fahrgestell des Wagens und die
eigentliche Roheisenpfanne von Bremen nach Jünkerath gebracht. Noch
bei Dunkelheit kamen sie frühmorgens an. Auch der 300 Tonnen Kran war
rechzeitig zur Stelle. Die Fuhrleute ließen nicht lange Zeit
verstreichen. Mittlerweile hatte sich eine größere Gruppe von
Schaulustigen am Aufstellplatz versammelt. Größtenteils »Experten«,
Eisenbahner und vor allem ehemalige Arbeiter der Demag AG, die zum
Teil beim Bau solcher Wagen noch mitgearbeitet hatten. Selbst einige
Schulklassen wollten sich das Spektakel nicht entgehen lassen und waren
mit ihren Lehrern herbeigeeilt. Für Film- und Fotoamateure,
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für
die Konzernpresse, die den ganzen Transport von Anfang an begleitet
hatte, ja selbst für das Fernsehteam des SWR, ging alles fast ein
bisschen zu schnell. In gut einer Stunde war alles erledigt, der Roheisenpfannenwagen stand auf seinem Platz.
Zuletzt
übergab der Chef des Konstruktionsbüros Jürgen Hecken die
Originalzeichnungen des Wagens offiziell an den neuen Besitzer, die
Eisenbahnfreunde Jünkerath e.V., deren neue Heimat seit geraumer Zeit
das Kellergeschoss des Eisenmuseums ist, gleich neben dem schwersten
und größten Exemplar ihres Inventars.
Einen
besseren Platz hätte der Roheisenpfannenwagen nicht finden können.
Passend zum Eisenmuseum und ganz in der Nähe seines Entstehungsortes
hat er sich schnell zu einer Sehenswürdigkeit in Jünkerath entwickelt.
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