Mirbach im Kriege
Br. Mario Kaufmann SCJ, Freiburg
Der Krieg hatte sprichwörtlich die ganze Welt erschüttert, und der ewige Verlierer bleibt dabei der Mensch selber. In ganz unterschiedlicher Härte haben sich Zerstörungen und Elend in Dörfern und Städten der Eifel ereignet. Das Beispiel des Dorfes Mirbach bleibt wahrscheinlich eines der un­spektakulärsten, und dennoch verbindet das gleiche Kreuz seine Einwohner mit den Menschen der anderen Kriegs­gebiete.
Das erste tragische Unglück der Kriegszeit ereignete sich am 5. Juni 1941. Ein Soldat auf dem Durchzug war damals bei der Familie Josef Klink­hammer eingekehrt. Wahr­scheinlich beim Vorführen sei­ner Waffe oder durch Kinder­spiel löste sich ein Schuss, der die Tochter Margaretha traf. Leichtsinn oder Unfall? Sie erlag bald ihren Verletzungen und wurde am 8. Juni beige­setzt. Am Fuße des Hügels vor der Kapelle war noch Jahre nach dem Krieg ein großer Bombentrichter zu sehen. Im Kirchturm hielt sich irgend­wann in den letzen Kriegsjah­ren ein deutscher Funker auf, weshalb vermutet wurde, die Kapelle sei so zum Ziel von Bomben geworden, welche „Gott Lob" ihr Ziel verfehlten. Allerdings haben die Druck­wellen und Splitter Schäden verursacht. Die schönen Bunt­glasfenster mit Wappen der verschiedenen Linien der Fa-
milie von Mirbach wurden alle zerstört. Später wurde in den neuen Fenstern nur noch je ein Wappen aufgenommen. An Dach und Mauerecke zwi­schen Kirchenschiff und Fami­lienanbau klaffte ein Loch. Wider Erwarten stand darun­ter im Schutt die Muttergottes mit Kind unversehrt auf ihrer Säule. Wegen der hohen Kos­ten einer notwendigen Sanie­rung wurde die Kapelle, bis dahin im Privatbesitz der Fa­milie von Mirbach, 1956 der Pfarrgemeinde geschenkt. Außer der Kapelle wurde im Dorf durch Fliegerangriffe nichts beschädigt. Anfang März 1945 wurde Mirbach von den Amerikanern besetzt, die zeitweilig das Haus der Fa­milie Bonzelett beschlagnahmt hatten. Wenige Wochen später, am 16. März, verunglückte Matthias Caspers mit seinem Wagen am „Sterz", als er auf eine verdeckte Mine fuhr. Am 5. Juni wurde die Einteilung Deutschlands in Besatzungs­zonen durch die Alliierten in Kraft gesetzt. Nun verlief zwi­schen Mirbach und Dollendorf die Grenze der französischen und der englischen Zone. Am Ausgang des Dorfes, bei der Gastwirtschaft Schmitz/Sons, wurde ein Schlagbaum errich­tet, wo jeder streng kontrol­liert und durchsucht wurde. Das Kreuz des Krieges wurde auch in die Heimat getragen. Väter und Söhne hatten in den Krieg ziehen müssen. Die Un-
gewissheit um ihr Wohlerge­hen und die Furcht, sie nie wieder zu sehen, zermürbten die Menschen. Die schwere Arbeit in der Landwirtschaft bewältigten die Frauen oft mit ihren Kindern allein. Sieben Soldaten kehrten nie wieder in ihre Heimat zurück. Vier von ihnen hatten sich erst kurze Zeit vor dem Krieg ver­heiratet. Andere kamen ver­wundet oder erst nach Kriegs­gefangenschaft heim. Auf dem Dorffriedhof wurden damals elf Soldaten beigesetzt. Unter ihnen sind acht Deutsche und drei Unbekannte, gefallen in dem Zeitraum vom Januar bis März 1945. 1959 wurden sie auf den Friedhof nach Lissen-dorf umgebettet. 1957 wurden zwei neue Glocken geweiht. Die damali­ge Dorfschullehrerin Maria Evertz schrieb dazu in die Schulchronik den herzlichen Wunsch so vieler Menschen, wie er bei jeder neuen Glockenweihe nach dem Krie­ge immer wieder ausgespro­chen wurde: „Gebe Gott, dass sie uns nur Frieden läuten." Dieser Friedenswunsch wurde in einer Inschrift auf der klei­nen Glocke festgehalten: „Hl. Maria, Königin des Friedens, schütze deine Gemeinde." So erinnert ihr Geläut immer wie­der an den steten Auftrag, Frieden zu stiften und zu er­halten. Möge diese Botschaft auch heute noch offene Ohren und Herzen finden.