Feldlazarett in Feusdorf
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Erich Brang, Feusdorf
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Am
30. Januar 1945 erfasste eine seltsame Unruhe das ganze Dorf. Den
schweren Bombenangriff am 29. Dezember hatten die Einwohner, bis auf
zwei schwer beschädigte Häuser, einigermaßen gut überstanden. Aber nun
wurden die Einheiten der Wehrmacht und der Waffen-SS abgezogen.
Lediglich eine Sanitätseinheit verblieb in ihren Quartieren und
russische Hilfskräfte (Hiwis) bauten auf der Schulwiese unter
Anleitung von deutschem Sanitätspersonal eine große Holzbaracke auf. Am
1. Januar kamen schwere Armeelastwagen und brachten die Einrichtung
für ein Lazarett. Der Operationssaal wurde in der Schule eingerichtet,
die Zahnstation bei Henrien (Gerhard Schneider), die Versorgung,
Feldküchen und Werkstatt wurden bei Jansesch (Schreinerei
Reiffer-scheid), Wäscherei und Infektionsstelle bei Peter Brang
(Schreinerei) untergebracht. In unserem Wohnzimmer wurde die
Schreibstube eingerichtet. Die anfallenden Arbeiten, außer im
Sanitätsbereich, wurden von den aus Russland verschleppten Frauen und
Mädchen und den Hiwis verrichtet, junge russische Männer, die meisten
aus der Ukraine. Sie trugen feldgraue Uniformen und eine weiße Armbinde.
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Am
2. Januar wurde Feusdorf zum Lazarettdorf erklärt und unter den Schutz
des Internationalen Roten Kreuzes gestellt. Rund um den Ort wurden 10
x 10 Meter große weiße Tücher mit dem Roten Kreuz ausgelegt und auch
auf den größeren Dachflächen wurden diese Tücher befestigt. Die
Dorfstraßen durften nur noch von Sankas (Sanitätsautos) befahren
werden. Die Einwohner atmeten auf, auch wenn sie noch nicht wussten,
wie es weiter gehen sollte.
Inzwischen
war die Arden-nenoffensive zum Stehen gekommen und die deutschen
Truppen befanden sich auf dem Rückzug. Es kam zu schweren Gefechten und
an verschiedenen Stellen hatten die Amerikaner die deutschen Linien am
Westwall durchbrochen. Auf beiden Seiten gab es schwere Verluste.
Schon am 3. Januar war die Sanitätsbaracke mit Verwundeten voll
belegt. Wegen Platzmangels wurden noch die Kindergartenbaracke, der
Saal Reifferscheid und die Kapelle benötigt, in der circa zehn
verwundete Amerikaner mit versorgt wurden. Im Gasthaus Klinkhammer
wurden kranke und verwundete Zivilpersonen gepflegt. Das
Sanitätspersonal und die Ärzte waren rund um die Uhr beschäftigt. Ein
evangelischer
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Pastor
hat sich sehr um die Verwundeten verdient gemacht. Viele Feusdorfer
Mädchen arbeiteten freiwillig bis zur Erschöpfung bei der Pflege und
Versorgung der Verwundeten und nach heutigen Gesichtspunkten unter
katastrophalen, kaum vorstellbaren Verhältnissen. Der benötigte Strom
kam aus Aggregaten, aber nur, wenn genügend Benzin da war. Das Wasser
wurde in Fässern am Dorfbrunnen und mit Eimern an der Pumpe in Jansesch
Küche geholt. Von hier wurden auch die Feldküchen versorgt. Die Räume
wurden alle mit großen Kanonenöfen beheizt.
Im
OP (Schulsaal) arbeiteten Tag und Nacht vier Ärzte mit dem
dazugehörenden Personal unter erschwertesten Bedingungen. Die
Verwundeten in den Baracken und im Saal wurden auf Feldbetten
versorgt; in der Kapelle waren sie auf Stroh gebettet. In der
Schreibstube arbeiteten ein Oberfeldwebel, ein Unteroffizier und zwei
Gefreite, die katholische Patres waren. Sie sorgten für den Einsatz der
Sanitätsfahrzeuge (Sankas), die Materialbeschaffung, Versorgung und
Führung der Sterbelisten; sie benachrichtigten die Angehörigen und
verpackten die persönlichen Gegenstände der verstorbenen Soldaten.
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Da
der Friedhof in Feusdorf zu klein geworden war, wurde zwischen Feusdorf
und Esch (Gemarkung Esch) ein Gräberfeld angelegt. Die verstorbenen
Soldaten wurden in Zeltplanen eingehüllt und mit Schlitten oder
Handwagen zu dem Gräberfeld transportiert. Einer der Patres begleitete
die Verstorbenen zu den Gräbern. Meist bat er meinen Bruder Nikla, ihn
als Messdiener zu begleiten. Der zog dann seine Pudelmütze und sein
Lodenmäntelchen an, ging in die Schreibstube, nahm Weihwasserkessel
und Sprengel und begleitete den kleinen Trupp zusammen mit dem Pater zu
den ausgehobenen Gräbern. Auf der Straße übergab er den
Weihwasserkessel an den Pater und wartete, bis dieser zurück kam, da er
nicht mit an die Grabstellen gehen durfte. Eine Hälfte der
Erkennungsmarke wurde den Ver-
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storbenen
mit ins Grab gegeben. Auf jedes Grab wurde ein Holzkreuz mit Namen,
Geburts- und Sterbedatum gestellt, gefertigt in der Schreinerei
Reifferscheid. Das Ausheben und Schließen der Gräber war Aufgabe der
Hiwis.
Mitte
Februar wurde das Lazarett mit den Verwundeten Richtung Andernach
verlegt und die Unterkünfte mit allen Einrichtungen bis Ende Februar
als Hauptverbandsplatz (HVP) genutzt. Die Front rückte immer näher.
Der HVP wurde Richtung Osten verlegt. Die Tücher mit dem roten Kreuz,
unter denen sich das Dorf ziemlich sicher gefühlt hatte, verschwanden
von den Dächern und Wiesen. Innerhalb von einem bis zwei Tagen waren
wieder deutsche Einheiten im Ort und auch der Beschuss mit Bordwaffen
und Artillerie setzte wieder ein.
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Am
7. März kamen die Amerikaner und der Krieg mit all seinen furchtbaren
Erinnerungen und Geschehnissen war für unser Dorf zu Ende. Bis
Kriegsende fanden auf diesem Ehrenfriedhof 75 Verstorbene ihre letzte
Ruhestätte. In den 60er Jahren wurden auf Antrag der Angehörigen die
sterblichen Überreste von 4 Soldaten in ihre Heimat überführt. Von dem
Feusdor-fer Friedhof an der Kapelle wurden 1982 die sterblichen
Überreste von 7 Soldaten nach hier umgebettet. Die Holzkreuze wurden
1970 durch Kreuze aus Sandstein ersetzt.
Der
Ehrenfriedhof zwischen Esch und Feusdorf erinnert an die vielen Toten
dieser schrecklichen Zeit und die Kreuze raunen uns auch jetzt noch zu:
„Wir waren wie ihr; ihr aber könnt noch etwas tun - für den Frieden!"
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