Nazi-Schikanen
gegen kirchliche Betätigungen
Michael Hammes , Daun
Im Herbst 1937 wurde den Geistlichen der schulische Religionsunterricht untersagt. Die Pfarrer luden daraufhin die Kinder zu Seelsorgestun­den in Kapellen oder sonsti­gen kirchlichen Räumen ein, was seine Schwierigkeiten hatte, besonders in den Städten. Fehlende Kinder mussten immer wieder erin­nert und eingeladen werden. 1937 wurden auch Bus fahr­ten, also auch Wallfahrten verboten. Da mein Bruder und ich in diesem Jahr zu Priestern geweiht wurden, musste ich in Trier zur Gesta­po gehen, um nachzuhören, ob die Fahrt des bestellten Trierer Busunternehmens mit dem Domchor nach Neunkir­chen zu unserer Primizfeier gestattet sei. „Die haben wir verboten" war die Antwort mit der Begründung, das sei eine Propagandafahrt, die nicht genehmigt werden könnte, und der Chor könnte ja mit der Bahn reisen. Ich entgegnete: „Mein Bruder
und ich sind Mitglied des Domchores und laden ihn zu dieser Feier ein. Wo liegt da irgendeine Propaganda vor?" Daraufhin verlangte ich des­sen Vorgesetzten zu sprechen. Das ließ er jedoch nicht zu und ging selbst zum Chef. Als er nach einer Weile zurück kam, warf er sich in die Brust: „Dann wollen wir die Fahrt ausnahmsweise gestatten." Das vorliegende Verbot zer-riss er und schrieb auf der Schreibmaschine die Erlaub­nis für eine Omnibusfahrt, die dann tatsächlich erfolgen konnte.
Ab 1938 und in folgenden Jahren wurde den Lehrern, die nebenberuflich in Kirchen noch den Organistendienst versahen, das Orgelspiel untersagt. Manche von ihnen haben sich lange dagegen ge­sträubt, so dass sie mehrmals aufgefordert wurden. Hier ein Schreiben des Schulrates an meinen Vater vom 14.11.1941: „Der nationalsozialistische
Charakter des deutschen Be­amten und Erziehers schließt eine Beschäftigung in kirchli­chen Diensten aus. Aufgrund einer Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten vom 11.11.41 haben Sie ab sofort den Organistendienst einzu­stellen."
Es hat meinen Vater sehr gekränkt und er wies in Ver­handlungen daraufhin, dass drei seiner Söhne als Soldaten in Russland seien und dass man den Angehörigen bei Gefallenenämtern das Orgel­spiel belassen sollte. Das letz­te Schreiben des Schulrats kam am 1.4.44: „Der Herr Re­gierungspräsident hat durch eine Anzeige von dort erfah­ren, dass Sie immer noch die Orgel spielen. Ich mache Sie nochmals aufmerksam, dass Sie gemäß der Ihnen bekann­ten Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten das Orgelspielen in der dortigen Kirche zu unterlassen haben und erwarte, dass Sie sich nunmehr strikt daran halten."