Die Kyllstellung wird gebaut
Schanzer im Raum Niederbettingen
Peter Jakobs, Simmern
Juni 1944. Die Landung der Alliierten in der Normandie ist geglückt. Unsäglich harte Kämpfe toben dort. Die Alliierten beherrschen den Luftraum Tag und Nacht. Die Deutschen haben mit ihrer angeschlagenen Luftwaffe nichts entgegenzusetzen. Da nützt auch der tapfere Kampf der Erdtruppen nichts. Am 31. Juli 1944 gelingt den US - Truppen der Durchbruch bei Avranches - und damit in die Weite des Landes. Jetzt ist es nur eine Frage der Zeit, schon im August wird Paris
erobert und im September stehen die Alliierten an den Reichsgrenzen und am West­wall. Dieser war auf den Ansturm nicht vorbereitet und musste in aller Eile her­gerichtet werden. Es fehlte vor allen Dingen an schweren Waffen, die aus dem Westwall entfernt und beim Bau des Atlantikwalls verwendet wor­den waren.
Die Verantwortlichen trauten dem Westwall nicht allzu viel zu und unter der Führung der NSDAP wurde beschlossen, entlang der Kyll eine Auf-
fangstellung zu bauen. Nazi -Funktionäre und Pioniere entwarfen Pläne, die nun in aller Eile umgesetzt werden sollten. Schon im September 44 wurden in fast allen Häu­sern Quartiere für die an­rückenden Schanzarbeiter ge­macht. In Niederbettingen ka­men diese in der Überzahl aus dem Raume Losheim - Merzig im Saarland. Es handelte sich um Männer oberhalb des wehrfähigen Alters - also um ehemalige Wehrkriegsteilneh­mer, sowie Verwundete und Ausgemusterte. Diese kamen
oft missmutig an und waren in keinem Falle mit Begeiste­rung bei der Sache. Beaufsichtigt wurden diese von den politischen Leitern, die allesamt in ihren braunen (fast gelben) Uniformen gut erkennbar tätig wurden. Untergebracht waren diese im Hause Prison - Dahmen. Dort wurden rauschende Feste gefeiert, nicht gerade dazu angetan, die gewöhnlichen Arbeiter zu begeistern. Mühselig waren die Arbeiten auf der anderen Kyllseite. Dort sollten Panzergräben, Schützenlaufgräben, Bunker gebaut werden, tief in die Erde, mit Baumstämmen ab­gedeckt. Dafür standen keine Großgeräte wie Bagger oder Raupen zur Verfügung. Ledig-
lich Schaufel, Kreuzhacken und Kleinwerkzeug waren vorhanden. Oftmals stieß man auf Felsen am Bast - oder Veilchesberg und dann war der Fortschritt langsam und mühselig.
Verpflegt wurden die Schanz­arbeiter gut. Es stand aus dem Abtriebsvieh aus der roten Zone reichlich Fleisch zur Verfügung. Verträglich waren die Schanzarbeiter - die Eife-ler und die Saarländer fanden gut zusammen. Den Fort­schritt beim Bau jenseits der Kyll konnte man täglich be­obachten - es ging nicht gera­de rasant voran. Es kam vor, dass Schanzarbeiter sich ein­fach verabschiedeten, ohne sich abzumelden. Die heimi­sche Partei im Wohnort sorgte
dann dafür, dass sie sich wie­der an die Kyll begaben. Stra­fen wurden nicht ausgespro­chen, es blieb bei Verwarnun­gen.
Wertlos waren die mühseligen Arbeiten, als es ernst wurde. So brachen die Schützengrä­ben ein, als Regen und Schnee kamen. Für den vor­gesehenen Zweck wurden sie zum größten Teil unbrauch­bar. Die Stellung war beim Vordringen der Amerikaner nur schwach besetzt. In Ober­bettingen kamen die Panzer Richtung Hillesheim durch, in Niederbettingen machten sie nicht mal einen Versuch. Die ganze mühselige Arbeit war somit nutzlos.
Im Januar 1945 zog die Partei die Schanzarbeiter ab.