Die ersten kleinen Frühjahrsblüher
Christa Feltgen, Steffel n
Kein Winter ist hier in der Eifel wie der andere. Das eine Mal liegt wochenlang Schnee bei klirrender Kälte, das ande­re Mal kleckern nur ein paar Flocken vom Himmel, die abends wieder weggetaut sind. Dann gibt es wieder tagelang Regen und oft auch harten Frost ohne eine schützende Schneedecke. Das lieben die Bauern nicht, weil die Pflan­zen dabei regelrecht austrock­nen. Wenn dann im März die ersten grünen Blättchen sprießen, stellt sich heraus, dass auch die Wildkräuter je­weils auf diesen vorhergehen­den Winter zu reagieren schei­nen. Immer ist eins der Kräu­ter im jeweiligen Frühjahr der Sieger unter ihnen und breitet sich in nie geglaubter Üppig­keit aus.
Manchmal ist der Wiesenrand dicht an dicht mit den weißen Blüten des Steinbrechs be­setzt. Die Pflanzen wachsen in kleineren Büscheln, die auch zartere Blüten haben oder mit schönen großen Stängeln und Blüten, die so groß wie bei den Fresien sind. Diese Blume (saxifraga granulata) heißt nach ihren Verwandten in höher gelegenen Gegenden, die gern auf steinigem Unter­grund gedeihen. In einem anderen Jahr wiede­rum merken wir, dass auf der Wiese dort Tausende von win­zigen Hungerblümchen (ero-phila verna) stehen mit ihren
zarten weißen Blüten. Die hatten also diesmal das Sagen und obwohl sie ihren Namen nach den mageren Standorten haben, die sie bevorzugen, zeigt sich, dass sie im Garten aufbesseren Böden genau so gern siedeln. Es bleibt den Gärtnern nichts anderes übrig, als sie zu bekämpfen, sonst breiten sie sich zu sehr aus. Dem in großen Mengen blühenden Löwenzahn (taraxacum officinale) scheint allerdings jeder Winter egal zu sein, der treibt sein Wesen in jedem Frühjahr wieder aufs Neue. Nur zu trocken hat er es nicht gerne. Manchmal macht im Frühling der Steinbrech der Sternmiere (stellaria graninea) oder dem Hornkraut (cerasti-um arvense) Platz, die dann in üppigen Büscheln im Gras ste­hen. Oder es leuchtet in jedem freien Fleckchen gelb, dann war der Winter den Schlüssel­blumen (primula veris und primula elatior) wohlgeson­nen. In solchen Jahren blüht auch der Huflattich (tussilago farfara) zahlreicher. Der ist ein wahrer Frühlingsbringer. Er hat es so eilig, dass er seine Blätter erst nach dem Blühen hervorkommen lässt, damit die Blüten nur ja keinen Sonnen­strahl verpassen und von allen Insekten gefunden werden. Das Scharbockskraut (ranun-culus ficaria) versteckt sich gern an den Waldrändern, überzieht auch hier und da
einen größeren Wiesenzipfel mit seinen gelben Blüten und dem so knackig und frisch wirkenden Grün. Und wie dieses appetitliche Grün es an­zeigt, steckt in der Pflanze eine Menge Vitamin C. Aller­dings ist die Pflanze nur vor dem Blühen genießbar. Ihr Name deutet es an, sie diente früher als Mittel gegen den Skorbut. Ihm zur Seite stehen in solchen Frühlingstagen die wenigen Blüten der Knack-Erdbeere (fragaria viridis). Sie ist der Walderdbeere so ähn­lich, dass man sich oft die Stellen merken möchte, an denen sie geblüht hat. Aber das Suchen nach den Früch­ten, später im Jahr, ist enttäu­schend, viel Geschmack haben die winzigen Beeren nicht. Am Ackerrand und zwischen den alten Stängeln vom vor­jährigen Mais leuchten als erste oft die Blüten des Ehren­preis (veronica persica) auf. In einem für ihn günstigen Früh­jahr breitet er sich weithin auf dem Boden aus und seine kleinen Blüten in leuchtendem Blau haben dann noch von keiner anderen Wiesenblume Konkurrenz bekommen. Später treten dann all diese Winzlinge zu Gunsten der größeren Wildkräuter in den Schatten der Gräser zurück. Aber sie haben für Bienen und Hummeln den Anfang gemacht und das Auge des Wanderers erfreut.