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Natur und Geschichte erwandern
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Rund um Gönnersdorf
Hans-Josef Heinzen / Dr. Klaus Cölln, Gönnersdorf
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GÖNNERSDORF
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im ländlichen Bereich haben sich die Lebensbedingungen in den letzten
70 Jahren so stark gewandelt, dass zahlreiche, ehemals alltägliche
Techniken und Nutzungsformen aufgegeben worden sind und in
Vergessenheit zu geraten drohen. Dabei ist das Wissen um vergangene
Le-bensumstände eine wichtige Grundlage für die Identifika-
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tionjunger Bürger mit der Heimat. Gäste werden dadurch vertrauter mit Dorf und Umland. Historische Landnutzungsformen schufen darüber hinaus die Voraussetzungen für charakteristische Elemente der Kulturlandschaft, so dass ihre Relikte zugleich Schlüssel zum Verständnis der Lebensweise unserer Vorfahren und Zeugen ehemals
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HISTORISCHE LANDNUTZUNG
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häufiger vorkommender Biotoptypen sind. Ihr Erhalt dient damit sowohl der Denkmalpflege als auch dem Naturschutz.
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diesen Überlegungen heraus hat die Ortsgemeinde Gönnersdorf zusammen
mit einer Arbeitsgruppe an der Universität zu Köln einen
Informationspfad zu historischen Landnutzungsformen erstellt unter dem
Titel Historische Landnutzung. Der Lehrpfad ist Teil der Kampagne LEBEN BRAUCHT VIELFALT
des Bundesum-weltministeriums und wurde von der Stiftung Natur und
Umwelt Rheinland-Pfalz sowie dem NABU Obere Kyll/ Hillesheim gefördert.
Die Holzkonstruktionen zur Befestigung der Tafeln wurden in
ehrenamtlicher Tätigkeit gefertigt.
Der
Pfad umfasst insgesamt sieben Tafeln, von denen zwei im Pavillon des
neu geschaffenen Dorfplatzes stehen, während sich weitere fünf im Dorf
und seiner unmittelbaren Umgebung an Stellen befinden, die einen
direkten Bezug zu dem jeweiligen abgehandelten Thema haben. Folgende
Stationen wurden eingerichtet:
Tafel 1: Natur und Geschichte erwandern - rund um Gönnersdorf
Hier
werden Geologie, geographische Lage, Klima, Landschaft und Geschichte
präsentiert, sowie Gönnersdorf als hinsichtlich der Tierwelt
bestuntersuchtes Dorf Deutschlands vorgestellt. Letzteres verdankt es
der
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fünfzehnjährigen Forschungstätigkeit der Arbeitsgruppe Faunistik, Biodiversität und Siedlungsökologie an der Universität zu Köln. Tafel 2: Gönnersdorf und seine Wildbienen Der
neue Dorfplatz ist den fast 150 in Gönnersdorf nachgewiesenen
Wildbienen gewidmet und besitzt deswegen eine entsprechende
Nistanlage. Die Tafel beschreibt die Biologie dieser Tiere. Tafel 3:
Eisenerz, einst Grundlage einer blühenden Industrie
Aufgrund
von auch in Gönnersdorf vorhandenen Erzvorkommen entstand vor
Jahrhunderten im Nachbarort Jünkerath eine blühende Eisenindustrie.
Hier geht es um das Eisenerz, die zur Verhüttung benutzte Holzkohle
und die Vernichtung der Wälder durch das örtliche Köhlerwesen sowie
die riesigen Heideflächen, die dadurch entstanden.
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Tafel 4: Wässerwiesen, Strategie gegen Düngermangel und lange Winter Wer
die noch immer großen Verluste an Feuchtwiesen beklagt, wundert sich
vielleicht darüber, dass bis vor etwa 80 Jahren eine ausgefeilte Kultur
der Bewässerung bestand. Die so genannten Wässerwiesen wurden von den
Bächen aus über das Schließen von Wehren zu Beginn der Schneeschmelze
überflutet. Dadurch wurde der Boden über die se-dimentierenden Schweb
stoffe gedüngt und taute schneller auf als die Umgebung. Als Folge
stellte sich hier die neue Vegetation um bis zu 14 Tagen früher ein als
auf den unbewässerten Wiesen. Tafel 5: Aufgelassener Kalksteinbruch, Zentrum einer bemerkenswerten Lebensgemeinschaft
Im Zuge der für die Dörfer in früherer Zeit charakteristische Selbstversorgung entstanden überall kleine Steinbrüche. In
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Pavillon auf dem neuen Dorf platz als Ausgangspunkt des Informationspfades
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Gönnersdorf
wurde der anstehende devonische Dolomit zu Kalk verarbeitet. Reste
eines Kalkofens sind noch erhalten. Heute ist die aufgelassene
Abgrabung ein Paradies für Insekten. Hier wurde auch die Gönnersdorfer
Fliege Eudory-las goennersdorfensis entdeckt, eine Weltneuheit. Tafel 6: Wasser, Quell des Lebens und der Kraft Auch
die Trinkwasserversorgung war einst lokal und bestimmte die Lage des
Dorfes entscheidend mit. Gönnersdorf erhielt schon 1912 eine zentrale
Wasserversorgung, die auf der Pumpkraft eines Hydraulischen Widders fußte.
Diese Technik, die ohne Schadstoffentwicklung auskommt, war lange Zeit
vergessen. NICOLAUS EICH, ein Sohn des Dorfes, der es vom Hütebuben
zum Industriemanager brachte, trug maßgeblich zur Finanzierung der
Anlage bei.
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Tafel 7: Hudebuche, Zeuge des Nutzungswandels
Ständig
variierende Nutzungen verändern kontinuierlich das Landschaftsbild.
Diese werden allerdings von den vor Ort lebenden Menschen kaum
registriert, auch wenn sie in längeren Zeiträumen zu beträchtlichen
Wandlungen führen. Hier wird am Beispiel einer heute von Wald
umgebenen Hudebuche deutlich gemacht, wie man anhand markanter
Merkmale die Geschichte einer Landschaft rekonstruieren kann. Der Pfad
wird von Einheimischen und Gästen gut angenommen. So werden die
extensive Nutzung der Natur auf den Wässerwiesen, die zu eigenen
Pflanzengesellschaften führte und intelligente Konstruktionen wie der
Hydraulische Widder vielfach diskutiert und bewundert. Aber es wird
auch deutlich, dass Heiden eine Folge der
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Übernutzung
der Landschaft sind. So erhaltenswert die heute noch bestehenden
Flächen sind, so katastrophal war die riesige Ausdehnung dieses
Biotoptypes für die Menschen vor 200 Jahren. Mit dem Blick in die
Vergangenheit positive und negative Einwirkungen des Menschen auf die
Natur und ihre Folgen aufzeigend, kann der Pfad auch zur kritischen
Auseinandersetzung mit Vorhaben der Gegenwart motivieren. Sollte das
über die reine Freude an der Geschichte hinaus in dem einen oder
anderen Fall gelingen, so sähen sich die Initiatoren, Gestalter und
Sponsoren dieses Pfades in ihrem Vorhaben bestätigt.
Impressum:
Text: Dr. Klaus Cölln, Jochen Jacobi & Andrea Jakubzik
(email:
klaus.coelln@uni-koeln.de) Zeichnungen: Jochen Jacobi Unterstützung:
Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz, NABU Obere Kyll/ Hillesheim
Gestaltung: Christoph Laschet, geografic - Büro für Natur und Umwelt, Aachen
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