Ein gusseiserner Ofen erzählt

Oskar Heck, Mehren

Seit einem Vierteljahrhundert stehe ich nun in der Diele im Hotel Panorama in Daun, oftmals bestaunt von den Hotelgästen. Mein jetziger Standort war allerdings nicht immer mein Zuhause. Viele Jahrzehnte stand ich in der Schusterei bei meinem ehemaligen Besitzer, dem „Pinne Philipp" in Mehren. Er sorgte dafür, dass es mir niemals kalt wurde, und sich die Männer des Dorfes gerne um mich versammelten, um die Geschehnisse und Neuigkeiten auszutauschen. Eines Tages war ich Zeuge einer Geschichte, die mein Hausherr, der „Pinne Philipp" zum Besten gab. Der Mehrener Bürger Nikolaus Thull, im Dorf Traude Klos genannt, nach langen Kriegsjahren wieder in die Heimat zurückgekehrt, kam in die Schusterei, um vom Philipp seine Arbeitsschuhe besohlen zu lassen. Eine Woche später holte er seine inzwischen besohlten Schuhe ab. Mit vermeintlich gutem Schuhwerk ausgestattet, begab er sich auf den Fußweg nach Ellscheid, um seine Schwiegereltern zu besuchen. Als er etwa die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte, bekam er mehr und mehr Schwierigkeiten mit den neu besohlten Schuhen. Klos biss auf die Zähne und war froh, dass er sich im Jungholz auf einem Holzstapel ausruhen konnte. Endlich in Ellscheid im Haus der Schwiegereltern angekommen, beklagte er sich über die neubesohlten Schuhe, die an allen Ecken und Kanten drückten und ihm den Weg nach Ellscheid so schwer machten. Nach einer Stunde dachte er wieder an den Heimweg, aber sein Schwiegervater bot ihm seine eigenen Schuhe an. Nix, sagte der Klos, ich bin mit den Schuhen gekommen und gehe mit den Schuhen auch wieder heim. Und so hat er den beschwerlichen Weg nach Mehren wieder zurückgelegt mit dem Gedanken, die Schuhe beim Philipp auf die Leisten spannen zu lassen.

Zu Hause angekommen, war er nicht mehr imstande, den Weg zum Pinne Philipp zurückzulegen. Also schickte er seine Frau Christine in die Schusterei. Sie stellte die Schuhe neben den Ofen, wo noch andere standen. Da fragte der Philipp: „Welches Paar Schuhe hast du mir denn jetzt zurück gebracht?" Christine zeigte darauf. Da entrüstete sich Philipp: „Bös dou da varreckt, dat sein doch däm Hostisch Marie säin Schoon von Schalkemerre!" („Bist du denn verrückt!? Das sind doch die Schuhe der ‚Ho-stisch Maria von Schalken-mehren!") Christine ging heim und hat ihrem Klos die Verwechslung mitgeteilt. Und Klos antwortete in seinem trockenen Humor: „Ech hon beim Barras maniche Marsch jemach, awa keene su schrecklich wie mot Frauleitsschoon." („Ich habe beim Militär schon manchen Marsch gemacht, aber keiner war so schrecklich wie dieser mit Frauenschuhen!")