Der Neuanfang
Es schweigen endlich langsam die Gewehre, und der Kanonendonner war verhallt. Viel Blut geflossen auf dem Feld der Ehre, dann endlich Frieden, das Ende der Gewalt.
All´ denen aber, die im Feld geblieben, galt Sehnsucht und der Tränen bittre Not. Doch Hoffnung wurde wieder groß geschrieben, hob sich aus Trümmern wie das Morgenrot.
Nun galt es, wieder etwas aufzubauen, das ganze Leben ward zum Provisorium. Auf alles musst´ man achten, sorgsam schauen, auf jeden Nagel, rostig oder krumm.
Geteilt ward alles, was sich teilen ließe,
das karge Brot und auch der gute Rat.
Kein Stückchen Stoff und Faden wurde weggeschmissen,
weil man es morgen wieder nötig hat.
Es traten Fähigkeiten da zutage, geboren allesamt aus großer Not. Sie auszubauen, das war ohne Frage, jener Zeiten oberstes Gebot.
Da wurden aus Patronenhülsen Schrankscharniere, gefeilt mit find´gem Kopf und fleiß´ger Hand. Und aus der Futtergerste für die Tiere, ward auf dem Küchenherde der Kaffee gebrannt.
Zum Bohnenkaffee war der Weg beschwerlich, meist Schmugglerware aus dem Nachbarland. Weshalb auch Mutter sehr genierlich, ein ganzes „achtel" Pfund davon erstand.
Strickeisen waren nirgends zu erheischen, sogar der „schwarze Markt" gab sie nicht her. Doch Vater meint´: „Es gibt doch Fahrradspeichen, und daraus welche machen, ist nicht schwer."
Bucheckern sammeln, waren Kinderpflichten, wir zogen morgens mit der Klasse aus. Dann ab zur Mühle, der Lehrer konnt´ es richten, mit ein paar Flaschen Öl ging´s stolz nach Haus.
So manches Beispiel wäre noch zu nennen vom Miteinander und von Menschlichkeit. Die es erlebten, werden all das kennen, ´s war eine harte, doch keine schlechte Zeit.
Ich denk´, wenn ich heut durch die Läden streife, alles ist fertig, alles so perfekt. Und so wird mancher Zeitgenosse nie begreifen, was so an Fähigkeiten in ihm steckt.
Thekla Heinzen, Feusdorf