Einbindung der Bundeswehrangehörigen in die Bevölkerung

Michael Gotthardt, P r e s s e o f f i z i e r F e r n m e l d e b e r e i c h 93

Blickt man in die Historie des Bundeswehrstandortes Daun, so fällt das Jahr 1957 ins Auge. Die kleine Kreisstadt Daun hatte die Phase des Wiederaufbaus mit Bravour und vielfältiger Unterstützung gemeistert. Man war dabei, die Augen auf künftige Entwicklungen zu richten, und kluge Leute hatten erkannt, dass es nun nötig wurde, konzentrierte Anstrengungen zur Verbesserung der Arbeits- und Wohnmöglichkeiten zu unternehmen. Neben der steten Verbesserung der Lage auf dem Sektor des Fremdenverkehrs hatte die Schaffung von Arbeitsplätzen höchsten Stellenwert. So beriet der Stadtrat unter Vorsitz des Amtbürgermeisters in einer Sitzung, der Kreisort Daun solle sich als Standort einer Bundeswehrgarnison bewerben. Man erhoffte sich Anstöße zu einer schnelleren städtischen Entwicklung, die neben der Schaffung einer zugehörigen Infrastruktur vor allem auch die Zunahme der Einwohnerzahl nach sich zöge. Bei dieser Betrachtung gab es viele Zweifler und Pessimisten. Es wurde oft darüber diskutiert, ob das alles der Kreisstadt zum Guten gereichen könnte. Man war auch sehr gespannt über die noch ausstehende Entscheidung des Verteidigungsministeriums, welche Waffengattung in Daun stationiert werden sollte. Mit Argwohn und Schrecken dachte man an eine motorisierte Truppe, gar eine Panzereinheit oder Artillerie.

Die endgültige Entscheidung, eine Nachrichteneinheit in Bataillonsstärke zusammen mit dem zugehörigen Regimentsstab nach Daun zu entsenden, wurde sehr begrüßt und als optimal empfunden. Man war davon überzeugt, dass der dem Fremdenverkehr zugewandten Stadt Daun nichts Besseres geschehen konnte. 1965 hielt dann die Truppe mit klingender Marschmusik und strammen Tritt ihren Einzug. Bald empfand es jeder als selbstverständlich, dass nun endlich die Garnison mit Leben erfüllt wurde. Schon im Vorfeld hatte es bei der Auswahl des Kasernenstandortes, den nachfolgenden Arbeiten zum Errichten der Kasernenanlage und vielen anderen Maßnahmen zur Herstellung der Heinrich-Hertz-Kaserne (benannt nach dem gleichnamigen Naturwissenschaftler -1857 bis 1894 -) mannigfaltige Kontakte mit der Dauner Bevölkerung, den Betrieben und dem Gemeinderat gegeben. Der auf dem Marktplatz angetretenen Einheit wurde dann auch ein sympathischer Empfang bereitet, den alle Beteiligten bis heute nicht vergessen haben!

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Appell auf dem Marktplatz in Daun am 27.10.1965

Nach einigen Umbenennungen und Umgestaltungen der in Daun stationierten Verbände im Zuge der Strukturreformen der Bundeswehr beheimatet die Heinrich-Hertz-Kaserne heute den Fernmeldebereich 93 und den unterstellten Fernmeldeaufklärungsab-schnitt 931 als Nachfahren des damaligen Fernmeldestab 60 bzw. Fernmeldebataillon 51.

Der Auftrag des Fernmelde-aufklärungsabschnitts 931 besteht darin, in Friedens-wie auch in Krisenzeiten ständige Fernmeldeaufklärung zu betreiben. In vorgegebenen Zielgebieten werden militärische Funkverkehre (seien es Tast-, Schreibund Sprechfunkverkehre oder moderne Datenübertragungs-verfahren) erfasst, ausgewertet und besondere Erkenntnisse in Form von Lagebeiträgen weiter gemeldet. Speziell in Daun wird der Frequenzbereich der Kurzwelle aufgeklärt, der eine weltweite Truppenführung ermöglicht. Und dies im ständigen Auftrag -rund um die Uhr - 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr. Gesteuert und koordiniert werden alle Informationen durch den Fernmeldebereich 93 und dem Kommando Strategische Aufklärung in Rheinbach bei Bonn gemeldet.

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Die Heinrich-Hertz-Kaserne 2004


Der Vollständigkeit halber sei hier noch erwähnt, dass dem Fernmeldebereich 93 zusätzlich noch das Bataillon Elektronische Kampfführung 932 aus Frankenberg/Eder untersteht. In diesem Bataillon versehen insgesamt circa 1100 Soldaten aller Dienstgradgruppen ihren Dienst. Durch die Einbindung der Bundeswehr in internationale Auslandseinsätze stellt der Fernmeldebereich 93 seit dem 15. Dezember 1996 Kontingente für den SFOR - Einsatz der Bundeswehr in Bosnien und seit 2002 noch zusätzlich Kontingente für den ISAF -Einsatz in Afghanistan. In beiden Einsatzländern kommen mobile Aufklärungsmittel und Soldaten aus Frankenberg und Daun zum Einsatz. Traurige Bekanntheit erlangte der Fernmeldebereich 93 durch einen hinterhältigen Bombenanschlag auf einen Bus mit Soldaten in Kabul. Dabei starben vier Angehörige, 29 weitere wurden zum Teil schwer verletzt. In vielerlei Hinblick hat bis heute durch die Soldaten und ihre Familien gerade das für jeden sichtbare Wirtschaftsleben Dauns einen ansehnlichen Aufschwung genommen. Neue Geschäfte konnten eingerichtet werden, bestehende mussten auf die Kundenwünsche ihrer neuen Mitbürger eingehen. Damit wurde das Leben in Daun wie auch das Ortsbild wesentlich attraktiver und das hat ohne Frage manchen zusätzlichen Gast nach Daun gezogen, darüber hinaus vielleicht auch manchen Entscheidungsberechtigten der Industrie, zumindest mittelbar, zugunsten dieser Stadt beein-flusst. Hierbei sollte verstärkt auch erkannt werden, dass zum einen die örtlichen Wirtschaftskraft gesteigert wird, durch die dann manche fremdenverkehrsfördernde Maßnahme erst möglich wurde, zum anderen, dass auch der eine oder andere Soldat - wie auch Pensionär - oder Familienangehörige wegen seiner beruflichen Fertigkeiten für Wirtschaft und Industrie ein Gewinn war und ist. Insgesamt also ein Wirtschaftsfaktor, der nicht zu verachten ist. Hierdurch ist die Bundeswehr als Arbeitgeber und Auftraggeber für die Stadt von nicht unerheblicher Bedeutung für die heimischen Betriebe und für die Finanzverwaltung. Mit seinen fast 1300 Soldaten und zivilen Mitarbeitern, die überwiegend mit ihren Familien auch im näheren Umfeld von Daun leben, ist die Bundeswehr ein bedeutender Teil des Gemeindelebens. Es gibt kaum eine Schule, einen Kindergarten, einen Verein oder eine Gemeindevertretung, wo nicht ein Familienangehöriger eines Soldaten integriert ist.

Aufgrund der langen Stehzeiten am Standort Daun, fassen die Soldaten und ihre Familien hier in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens Fuß. Offiziere, Unteroffiziere, Mannschaften und zivile Mitarbeiter haben sich durch vielfältige Aktivitäten beispielhaft und uneigennützig in den Dienst der Allgemeinheit gestellt und damit gezeigt, dass sie sich als Teil der Stadt oder der Ortsgemeinden innerhalb der Verbandsgemeinde verbunden und verpflichtet fühlen. Die kommunalpolitische Tätigkeit der Soldaten im Verbandsgemeinderat, im Stadtrat, in den Ortsgemeinde- und Pfarrgemeinderäten zeigt auf, wie sehr die Soldaten in den Gemeinden verwurzelt sind. Die stetige Regeneration der ausscheidenden Soldaten mit jungen Soldaten, bewirkt, dass viele Soldaten jünger als der Durchschnitt der örtlichen Bevölkerung sind. Dadurch ergibt sich möglicherweise auch, dass das militärische Element in den jeweiligen Ortsvereinen stark vertreten ist und sich Soldaten dort durch reges Mitwirken auszeichnen, denn neben dem spezifischen Interesse am jeweiligen Vereinsziel sind diese Vereine ebenfalls ein guter Weg, nach einer Zuverset-zung an den Standort Daun, schnell in den Kreis der zivilen Bevölkerung zu finden. Auch die Sportvereine profitieren einerseits von den Soldaten als aktive Sportler andererseits aber auch von deren Mitarbeit in den Vorständen. Selbst damals unbekanntere Sportarten (z.B. Handball) wurden durch die Soldaten mitgebracht. Der Schießsportclub rekrutierte sich zu einem Großteil aus Bundeswehrangehörigen, aber auch andere Vereine von Angelsport, über Fußball, Karneval, Tennis bis hin zum Eifelver-ein, um nur einige zu nennen, haben zahlreiche Mitglieder aus dem Bereich der Bundeswehr.

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Oberst Woycke und Stadtbürgermeister Jenssen bei der Verlosung der Preise der Aktion »Hilfe für Freunde« im Rahmen der Dauner Kirmes 2003 zu Gunsten der Kabulopfer


Die reibungslose Zusammenarbeit mit den Behörden, sei es bei militärischen Übungen, bei der Unterstützung zum Aufbau des Weihnachtsmarktes oder bei gemeinsam geplanten und durchgeführten Aktionen wie dem Tag der Umwelt oder dem Tag der Rettungsdienste, wird von allen Seiten positiv bewertet. Die Soldaten werden von der Bevölkerung als Staatsbürger in Uniform mit Sympathie aufgenommen. Beweis dafür ist nicht zuletzt die rege Beteiligung an den öffentlichen Gelöbnissen und gesellschaftlichen Veranstaltungen, die von der Bundeswehr ausgerichtet werden und so immer wieder neue Akzente für ein gutes und harmonisches Miteinander setzen. Die Bevölkerung steht der Bundeswehr insgesamt sehr aufgeschlossen und positiv gegenüber, deutlich erkennbar ist dies auch durch die Anteilnahme und die bis dato in der Bundeswehr einzigartige Unterstützung im Zuge der Hilfsaktion für die im Einsatz durch einen Terroranschlag getöteten und verletzten Soldaten des Verbandes.

Alles in allem gehört der Soldat zum Stadtbild in Daun und Umgebung, er ist überall integriert, ein gern gesehener Gast und zuverlässiger Partner. Im Jahr 2005 begeht der Fernmeldebereich 93 als Nachfolgeverband der Fernmelde- und Elektronischen Aufklärung am Standort Daun sein 40 -jähriges Bestehen.