1946 - Demokratischer Neubeginn in den Kommunen Wahlen zu den Gemeinderäten und der Kreisversammlung im Amt Daun Friedbert W i ß k i r c h e n , Daun Die Grundlage zur Schaffung der Demokratie nach dem II. Weltkrieg wurde durch die Siegermächte in der Konferenz von Potsdam am 2. August 1945 gelegt, die Gründung demokratischer Parteien war wieder erlaubt. Dennoch bestand bei den Besatzungsmächten große Angst vor nationalsozialistischen Strukturen und Denkweisen in den neuen Parteien. Vor allem die französischen Besatzer misstrauten den Deutschen und zögerten die Zulassung von Parteien hinaus. Erst am 21.12.1945 wurde durch Er-lass des Befehlshabers der französischen Besatzungsmacht, General Pierre Koenig, die Bildung von Parteien und Wählergruppen auch im jetzigen Gebiet von Rheinland-Pfalz - und damit auch im Kreis Daun - möglich. Mit Verordnung Nr. 57 vom 30.8.1946 wurde Rheinland-Pfalz (d'un Land Rheno-Pala-tin) geschaffen und nur wenige Wochen später waren bereits Kommunalwahlen angesetzt. Der demokratische Aufbau des Landes sollte auf der untersten Ebene beginnen. In Sonderausgaben des „Amtsblatt für das Oberpräsidium von Rheinland - Hessen - Nassau und für die Regierung in Koblenz und Monta-baur" vom 7. Juli 1946 bis 13. September 1946 über „das Aufstellen der Wählerlisten", „das Wahlgesetz", „die Durchführung der Gemeindewahlen", „die Wahlen zu den Kreisversammlungen" wurden die Behörden durch Verfügungen des Chefs des französischen Generalkommandos angewiesen, Wahlen zu den Gemeinderäten und der Kreisversammlung vorzubereiten und durchzuführen. Wahlberechtigt waren alle, die am Stichtag (1. Mai 1946) das 21. Lebensjahr vollendet hatten, in der Gemeinde wohnten und denen die Wählbarkeit und das Wahlrecht nicht aberkannt worden war, weil sie in der SS, der SA oder der NSDAP oder anderen nationalsozialistischen Einrichtungen oder Funktionen tätig oder mit einem Berufsverbot belegt waren. Von diesem Wahlverbot waren im Amt Daun 160 Personen betroffen. Für die Prüfung waren in jeder Gemeinde entsprechende Wahlprüfungsausschüsse eingerichtet worden. Gegen den Wahlaus-schluss gab es die Möglichkeit der Berufung, über die ein so genannter „Berufungsaus-schuss" - der auf Kreisebene unter dem Vorsitz von Hans Herterich, Daun, gebildet wurde - entschied. Durch dieses Gremium wurden weitere 12 Bürger von der Wahl ausgeschlossen. Der Berufungs-ausschuss kritisiert in einem Schreiben vom 15.8.1946 an die Amtsbürgermeister, dass dem Geiste der Verbotsverfügung Nr. 44 für „Parteigenossen und Angehörige der Gliederungen der NSDAP" in manchen Gemeinden durch persönliche Erwägungen nur unzureichend Rechnung getragen wurde. Auf die sonstigen Bestimmungen zur Durchführung der Wahl einzugehen erübrigt sich; sie entsprachen weitgehend den heutigen Anforderungen an freie, geheime, gleiche und demokratische Wahlen. Die ersten Gemeinderatswahlen fanden am 15. September 1946 statt. Im Amtsblatt Nr. 49 wurde die Zahl der Gemeinderatsmitglieder je nach Größe der Gemeinde festgelegt und bestimmt, dass am Sonntag nach der Wahl (22. September 1946) der neu gewählte Gemeinderat zusammentreten und den Ortsbürgermeister und die Beigeordneten wählen musste. Es konnten Wahlvorschläge von Parteien und Wählergruppen eingereicht werden, sie mussten von 10 Wahlberechtigten Unterstützungsunterschriften erhalten. Wurde nur ein Wahlvorschlag eingereicht, waren nur die Namen der Bewerber aufzuführen. Bei den Wahlen zu den Kreisversammlungen - dem heutigen Kreistag - bestand sogar die Möglichkeit, dass Bewerber auf den Wahlvorschlägen gestrichen werden konnten. Für den Kreis Daun mit unter 50.000 Einwohnern waren 18Mitglieder zu wählen. Bei Aufstellung der Wahlvorschläge war zu berücksichtigen, dass Beamte und Angestellte, ja sogar Arbeiter des öffentlichen Dienstes (Bahn, Post, Forstamt, Gesundheitsamt, Amtsverwaltung und Landratsamt, Kreissparkasse, Lehrer), nicht kandidieren durften. Sie waren lt. Anordnung der französischen Militärregierung von den Wahlvorschlägen zu streichen. Gewählt werden konnten nur Wahlvorschläge (Parteien, Wählergruppen), keine Einzelpersonen. Vom Verbot der Wählbarkeit des öffentlichen Dienstes ausgenommen waren die Amtsbürgermeister, die vor ihrer Einsetzung durch die Besatzungsmacht auf ihre nationalsozialistische Vergangenheit eingehend überprüft worden waren. Die Wahlvorschläge für die Wahl der Gemeinderäte am 15. September 1946 erbrachten eine Dominanz für die Christlich-D emokratische Partei (CDP - später CDU), denn in den Orten Beinhausen, Boverath, Boxberg, Brück, Gefell, Hörschhausen, Katzwinkel, Kirchweiler, Kradenbach, Mehren, Neichen, Nerdlen, Neunkirchen, Rengen, Sarmersbach, Steinborn, Utzerath und Waldkönigen kandidierte nur die CDP mit ihren Kandidaten. In Darscheid war neben der CDP die freie Liste „Peter Diederichs" angetreten. In Daun kandidierten CDP und SPD, in Dockweiler gab es drei Wahl-vorschläge: CDP, Listen „Lex Peter" und „Braun Michael". In Dreis bewarben sich neben Kandidaten der CDP auch die Listen „Schneider Albert-Bo-we" und „Mathey Johann" um Sitze im Gemeinderat. In Hörscheid war neben der CDP die Liste „Daun" angetreten, in Pützborn waren nur die Wahlvorschläge „Nikolaus Müller" und „Josef Gehend-ges" vertreten. In Schalkenmehren konnten die Wähler nur der Wählergruppe „Schmitz Jakob I" ihre Stimme geben. Auch in Schönbach gab es neben der CDP eine freie Liste „Nikolaus Müller". Die Wahlen am 15. September 1946 erbrachten folgendes Ergebnis: Gemeinderatswahlen 15. September 1946 - Landkreis Daun -Amt Daun |
Gemeinden |
Einwohnerzahl (letzte Volksz. am 26.1.1946) |
Wahlberechtigtwaren insgesamt: |
Abgegebene Stimmen insgesamt |
Von den gültigen Stimmen entfielen auf |
|||||
Christi. Demokr. Partei (CDP) |
Sozial-Demokr. Partei (SPD) |
Sonstige |
Christl. Demokr. Partei (CDP) Sitze |
Sozial-Demokr. Partei (SPD) Sitze |
(Wählergruppen) Sitze |
||||
Beinhausen |
95 |
56 |
52 |
52 |
_ |
_ |
6 |
_ |
_ |
Boverath |
162 |
84 |
73 |
67 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Boxberg |
159 |
97 |
96 |
96 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Brück |
343 |
190 |
170 |
154 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Darscheid |
456 |
241 |
218 |
101 |
- |
81 |
3 |
- |
3 |
Daun |
2036 |
1 179 |
1.058 |
641 |
277 |
- |
7 |
3 |
- |
Dockweiler |
415 |
263 |
224 |
132 |
- |
67 |
4 |
- |
2 |
Dreis |
509 |
312 |
285 |
145 |
- |
128 |
4 |
- |
2 |
Gefell |
100 |
57 |
54 |
54 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Hörscheid |
109 |
71 |
67 |
33 |
- |
33 |
3 |
- |
3 |
Hörschhausen |
136 |
86 |
76 |
65 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Katzwinkel |
144 |
81 |
80 |
80 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Kirchweiler |
445 |
260 |
238 |
225 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Kradenbach |
95 |
52 |
36 |
36 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Mehren |
885 |
448 |
354 |
345 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Neichen |
138 |
84 |
78 |
75 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Nerdlen |
129 |
72 |
65 |
51 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Neunkirchen |
353 |
207 |
175 |
126 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Pützborn |
206 |
114 |
103 |
- |
- |
91 |
- |
- |
6 |
Rengen |
354 |
178 |
162 |
145 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Sarmersbach |
155 |
85 |
79 |
79 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Schalkenmehrer |
485 |
264 |
191 |
- |
- |
164 |
- |
- |
6 |
Schönbach |
234 |
117 |
99 |
62 |
- |
29 |
4 |
- |
2 |
Steinborn |
309 |
188 |
173 |
165 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Utzerath |
229 |
134 |
109 |
91 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Waldkönigen |
366 |
204 |
177 |
166 |
- |
- |
6 |
- |
- |
Summe |
9.047 |
5.124 |
4.492 |
3.186 |
277 |
593 |
133 |
3 |
24 |
Das Amt Daun hatte 9.047 Einwohner, 5.125 Bürger waren stimmberechtigt, 4.492 gingen zur Wahl. Die Wahlbeteiligung lag bei 87,6 % - 9,7 °/o der Stimmen waren ungültig. Eine besonders hohe Wahlbeteiligung (99 %) verzeichneten Boxberg und Katzwinkel. Von den 97 bzw. 81 Wahlberechtigten gingen 96 bzw. 80 zur Wahl. Auf die CDP entfielen 79 %, auf die SPD - die nur in der Kreisstadt kandidierte - 7 % und auf die Wählergruppen 14 % der Stimmen. Die französischen Besatzer verlangten auch Angaben zum Wahlverhalten der jungen Generation zwischen 21-25 Jahren. Von 186 Männern und 407 Frauen gaben 164 Männer (88 %) und 359 Frauen (88,2 %) ihre Stimme ab. Beim Vergleich der wahlberechtigten Frauen und Männer dieser Altersgruppe wird deutlich, wie viele junge Männer im Krieg gefallen oder aber noch in Gefangenschaft waren. Das Ergebnis der Wahl zur Kreisversammlung am 13. Oktober des gleichen Jahres ergab im Amt Daun bei 5.166 Wahlberechtigten eine Wahlbeteiligung von 85,6 %. Die Stimmverteilung erbrachte folgendes Ergebnis:
Die CDP zog mit 16, die SPD mit 2 Mitgliedern in den ersten Dauner Kreistag (Kreisversammlung) ein. Als nächstes erfolgte am 18. Mai 1947 die Wahl des Landtages von Rheinland-Pfalz, verbunden mit der Volksabstimmung über die Landesverfassung (Wahlbeteiligung 77,7 % - 53 % Zustimmung) und der Volksabstimmung über die Schulbestimmungen, hier vor allem über die Frage: Bekenntnis- oder Simultanschule (Die Zustimmungsquote für die Schulartikel der Verfassung betrug 52,4 %). In den ersten rheinland-pfälzischen Landtag wurde Amtsbürgermeister Friedrich Hartmann (Daun) gewählt. Sein Abgeordnetenportrait aus „Franz-Josef Heyen -Rheinland-Pfalz entsteht": „Hartmann Friedrich, CDU, Amtsbürgermeister, Daun *26.8.1899 in Daun, Volksschule, höhere Schule in Daun, Kreissparkasse Daun, 1921 Beamter, 1934 in den Ruhestand versetzt, seit 1939 Buchprüfer, ab 1942 Helfer in Steuersachen, 1946-47 Amtsbürgermeister in Daun, 1955-1974 Steuerbevollmächtigter. Seit 1919 Mitglied der Zentrumspartei, 1919-1934 Mitglied des Gemeinderates Daun; 1946 Mitglied der CDU, Mitglied des Kreistages und des Kreisausschusses, Mitglied der Beratenden Landesversammlung und des rheinland-pfälzischen Landtages 1. und 2. Wahlperiode. Lebt (1983) in Daun." Seine Stimme entschied mit über das rheinland-pfälzische Selbstverwaltungsgesetz (Gemeindeordnung - Amtsordnung - Kreisordnung) vom 29.9.1948 und das Gemeindewahlgesetz vom 27.9.1948, auf dessen Grundlage am 14.11.1948 die Gemeinderäte, Amtsvertretungen und Kreistage neu gewählt wurden. Die Demokratie hatte drei Jahre nach Kriegsende endgültig -jetzt auch auf der Grundlage deutscher Gesetze - in den Kommunen Einzug gehalten.
MdL Friedrich Hartmann an seinem Schreibtisch im Koblenzer Landtag Foto: Prof. Waldemar Hartmann Quellen: Archiv Verbandsgemeindeverwaltung Daun Franz -Josef Heyen, Rheinland-Pfalz entsteht, Boppard 1984 |