Ein Albtraum wurde wahr

Weihnachten 1944

Erich Nöll, Pelm

Mein Vater Anton Nöll aus Pelm nahm an beiden Weltkriegen teil. Die Kriegserlebnisse prägten sein gesamtes Leben. Er konnte sich zeitlebens gut an Einzelheiten erinnern und berichtete häufig darüber. Während des letzten Krieges führte er ein Tagebuch, in das er besondere Ereignisse eintrug. Am 23. Dezember 1944 hatte er Nachtwache beim Wachdienst in Gol/Norwegen. Nach dem Nachtdienst legte er sich hin und schlief ein. Am 24. Dezember gegen 15.00 Uhr wurde er sehr unruhig, sprach und gestikulierte im Traum und erwachte schweißgebadet. Seine Kameraden waren sehr verwundert und fragten ihn, was mit ihm los sei. Er erwiderte: er habe geträumt, sein Wohnhaus in Pelm wäre bombardiert worden, und seine Frau und seine beiden Töchter lägen unter den Trümmern begraben. In den kommenden Stunden und Tagen war er sehr beunruhigt, denn nachfragen konnte er nicht, da niemand ein Telefon besaß. Zur gleichen Zeit, am Heiligen Abend 1944, geschah in Pelm folgendes:

Gegen 15.00 Uhr kündigten Sirenen Fliegeralarm an. Am klaren Winterhimmel erschienen Lichtkerzen, auch Christbäume genannt, die Vorboten eines Bombenangriffs. Meine Mutter, meine beiden Schwestern, unsere Nachbarn und acht Soldaten rannten in unseren Gewölbekeller, der als sicher galt, um sich vor den Bomben zu schützen. Eine schwere Bombe traf unser Haus und hinterließ einen fürchterlichen Trümmerhaufen. Meine Familie, unsere Nachbarn und die acht Soldaten wurden später tot geborgen. Noch viele andere Pelmer Bürger starben an diesem Tag und wurden unter schwersten Bedingungen auf dem Pelmer Friedhof beigesetzt. Alles war genau so passiert, wie mein Vater es geträumt hatte. Mein Vater und ich - ich war ebenfalls als junger 19-jähriger Soldat eingezogen -erhielten Heimaturlaub vom 18.01. bis zum 27.01.1945 und standen nun in Pelm vor dem Nichts.

Wir gaben jedoch die Hoffnung nicht auf und begannen sofort nach Kriegsende mit dem Wiederaufbau unseres Hauses. Unsere Nachbarn, Familie Hahn, vermieteten uns ein Zimmer, damit wir anfangs wenigstens ein Dach über dem Kopf hatten. Unsere Verwandten und viele Pelmer Bürger unterstützten uns beim Aufräumen und Aufbau unseres Hauses. Für diese Hilfsbereitschaft, die wir damals erfahren haben, bin ich noch heute sehr dankbar.

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