Die Wutz in der Waschküche
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Anita Becker, Daun
Onkel
Martin aus dem Nachbardorfwollte ein Schwein für die Familie halten,
aber es gab bald Viehzählung unter der französischen Besatzung. Was
tun? Meine Mutter hatte Mitleid. Wir Kinder waren bereits vom Krieg
her zum Schweigen erzogen. Das Schwein kam nach Daun zu uns. Und es
hielt Einzug in unserer Waschküche. Eine Ecke wurde artgerecht
hergerichtet. Ich glaube, es war der sauberste Schweinestall in der
Welt. Aber mir war nicht bewusst, dass Schweine anhänglich sein können.
So wusste unser Schwein genau, wer es fütterte und wer ihm gut gesinnt
war. Kam meine Mutter die Treppe hinunter, stand das Schwein auf den
Hinterbei-
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nen, grunzte lautstark und freute sich auf baldiges Fressen.
Sauber
war unser Schwein auch. Es durfte ja keine Geruchsbelästigung geben,
weil sonst jemand gemerkt hätte, dass es bei uns Vieh gab. Zig Jahre
später habe ich einmal eine Schweinemästerei besucht und festgestellt,
dass es tatsächlich stubenreine Schweine gibt. Diese wurden in großen
Mengen gehalten und hatten eine Wasserrinne als Toilette. Sie wussten
genau, dass sie nur diese mit Wasser durchspülte Rinne zum täglichen
„Geschäft" benutzen durften! Sie waren stubenrein wie Hunde. Jeden Tag
erhielt unser Nug-ges gekochte Kartoffelschalen
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mit
anderen Gemüseabfällen. Ein Verschlag hielt unseren Mitbewohner in
seinem Bereich. Unsere Wutz war Familienmitglied. Weder mein Bruder
noch ich haben jemals darüber gesprochen, denn wir wussten, dass das
gefährlich gewesen wäre. Leute, die ein Tier nicht gemeldet hatten,
wurden hart bestraft. Onkel Martin musste seine sieben Kindermäuler
stopfen. So blieb das Schwein bis nach der Viehzählung bei uns. Wir
alle haben es später vermisst. Ich mag gar nicht daran denken, dass es
nicht vor dem Schlachten bewahrt wurde. Aber noch heute denke ich an
dieses namenlose Schwein, das uns allen viel Anhänglichkeit
entgegenbrachte.
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