Illusion auf Zelluloid

„Die Eifel-Film-Bühne" - ein Geschenk für Hillesheim

Felicitas Schulz, Hillesheim

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Die Nachkriegszeit war für Hans und Maria Runge mit ihrem erst 1943 gegründeten Lichtspieltheater eine Zeit fortwährender Veränderungen, aber auch Verbesserungen. Mit der Eröffnung im dicht besetzten Saale Michels kam die große, weite Welt in das kleine Hillesheim, was jedoch durch die Kriegswirren und fehlenden Strom zu einer Zwangspause führte. Kurz nach Kriegsende im November 1945 warf Hans Runge als geprüfter Filmvorführer mit Erlaubnis der französischen Direction le'information Section Cinema seine geliebte Kinomaschine wieder an. Und die Menschen strömten von weither nach Hillesheim, um bei Vorkriegs-filmen mit Marika Röck, Otto Gebühr, Margot Hielscher, Adele Sandrock, Heinz Rühmann und anderen Ufa-Stars Kriegsschrecken und Nachkriegsnot zu verdrängen. Das Ehepaar Runge träumte von einem Kinosaal mit Sperrsitz und Parkettreihen und so wurde 1948, damals noch am Rande von Hillesheim, der Grundstein für einen geräumigen Saal nebst Wohn- und Geschäftshaus gelegt. Günter Runge erinnert sich: „Wenn andere Kinder in den Kindergarten gingen, so hieß es bei uns: spielt im Kino!" Da die Bestuhlung geringer als heute war und die Besucher zwangsläufig enger beieinander saßen, half dies im Winter der von Opa Franz Runge betriebenen Koksheizung zu niedrigerem Verbrauch, wie die heutige Kinochefin Christine Runge beim 60-jährigen Jubiläum 2003 erzählte. Der Kinobetrieb blühte und nebenher liefen Vertrieb und Reparatur von Radiogeräten. Das Heranschaffen der Kinokopien gestaltete sich in der Nachkriegszeit oftmals recht schwierig. Meist hingen schon die Plakate in Hillesheim und in den Dörfern aus, aber der aus Koblenz, Bonn oder Köln angeforderte Film lag noch nicht vor. Dann schwang sich Hans Runge auf sein Motorrad, Marke NSU, fuhr über notdürftig reparierte Straßen und holte ihn eben selbst ab. Gleich neben der Küche war und ist noch heute der Vorführraum; und klatschte der Opa in die Hände, dann wus-sten alle in dem Familienbetrieb Bescheid: Achtung, die Vorstellung beginnt. Allemal hungrig kamen die Busfahrer in der Zwischenzeit in die Küche, um sich von Maria Runge mit Bratkartoffeln, Eier und Speck beköstigen zu lassen und es war nicht verwunderlich, dass sie auch bei Überlänge des Films stets gut gelaunt waren.

„Und hatte einer von uns Kindern vergessen, dass heute ja Kinotag ist, so wurden wir rechtzeitig am durchdringenden Geruch der gebratenen Schromperen (= Kartoffeln) im Haus daran erinnert", berichtet Günter Runge. Praktisch war, dass die Tongeräusche des Films neben der geräumigen Küche gut zu hören waren und die Fahrer rechtzeitig nach unten zu ihren Bussen gelangten, um die Kinobesucher wieder nach Hause zu bringen. Zur Kinofa-milie von Maria und Hans Runge gehörten neben deren drei Töchtern noch die Vorführerin Maria Allmang und Annemie Faber als Kassiererin. Opa Franz fungierte besonders in den heizungsfreien Monaten als Platzanweiser, wobei ihm sein flinker Enkel zu kontrollieren half, ob die Besucher auch tatsächlich auf den vorderen, preiswerten Plätzen sich niederließen oder oben im Parkett saßen. In fünf Preisklassen, von 90 Pfennig bis 1,80 DM, waren die 330 Sitze eingeteilt Und lief nach der Wochenschau dann endlich der Film, stimmten Vorführerin und Kassiererin überein, dass die Kinotage die interessantesten der Woche seien. „Wir liefen von Steffeln mit unseren ausgetretenen Schuhen bis an den Bahndamm, dor versteckten wir sie und holten aus Rucksack oder Tasche die Besseren, um nur nicht aufzufallen", so erzählte eine älter gewordene Frau. Sie verhehlte nicht, dass es jedes Mal ein Ausflug in eine andere, eine bessere Welt gewesen sei, im Kinostuhl zu sitzen, auf den Film zu warten und zu schauen, wer denn noch da ist. Der ehemalige Hillesheimer Bürgermeister Alfred Pitzen kann sich noch sehr gut an jene Zeit erinnern: „Wir liefen nur Abkürzungen, die so genannten Schleichwege und fanden den Weg von Kirchweiler nach Hillesheim ins Kino nicht sonderlich weit". Parkprobleme kannte man damals noch nicht. Nur ganz wenige kamen mit Autos, die Mehrzahl jedoch zu Fuß, mit Fahrrädern oder später vermehrt mit Mofas. Herta Caspers, geborene Runge erinnert sich daran, was es jedes Mal für eine Rennerei vom Bahnhof zum nahe gelegenen Kino gab, da der Erste an der Kasse sich den Film ohne Eintrittsgeld anschauen durfte. Als Ende der 1950-er Jahre „Die Brücke am Kwai" auf dem Programm stand, mussten in den Gängen noch zusätzlich Sitzgelegenheiten geschaffen werden. Der Traum vom eigenen Filmtheater war Realität geworden. Der Gründer Hans Runge verstarb. Mit Sohn Günter, Schwiegertochter Christine und ihren drei Kindern geht die „Eifel- Film- Bühne" nun schon in die dritte Generation. Wenn auch nicht mehr so wie früher vor Beginn in die Hände geklatscht wird, so weiß doch ein jeder, was er zu tun hat und das Woche für Woche.

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