Mit Dampf in die Zukunft

Der Wiederaufbau der Eisenbahn im Kreis Daun

Hans-Peter Kuhl, Gerolstein

Der Wiederaufbau des gesamten Bahnwesens in der Eifel ist ein schwieriges Unterfangen gewesen. Die Probleme lagen insbesondere darin, dass

a) alle Lokomotiven und Waggons mit sämtlichen noch brauchbaren Maschinen und Ersatzteilen auf der Flucht vor den näher an die Reichsgrenzen heranrückenden alliierten Truppen abgezogen und im wesentlichen auf die andere Rheinseite geschafft worden waren.

b) Die Zerstörungen im Eifel-bereich waren besonders schlimm, einerseits weil die Eifel als Aufmarschgebiet für die Ardennenoffensive vorrangiges Angriffsziel der Fliegerverbände war und andererseits die deutschen Truppen beim Rückzug „verbrannte Erde" hinter sich zurück ließen, das heißt, es wurde alles an Gebäuden, technischen Einrichtungen, Brücken, Tunnels und Schienen zerstört, was noch brauchbar gewesen. Umso bewundernswerter ist die Aufbauleistung, die hier mit einfachsten Mitteln von den verbliebenen Bahnbediensteten geleistet wurde. Im Folgenden soll kurz und schlagwortartig die Geschichte des Wiederaufbaus zusam-mengefasst werden.

Umfang der Zerstörungen im Bundesbahn-Betriebsamt Gerolstein

Das Bundesbahn-Betriebsamt Gerolstein umfasste alle Bahnstrecken im Kreis Daun, in der Westeifel bis Neuerburg und die Eifelstrecke bis Erdorf. In diesem Bereich waren zerstört:

* 37 km zweigleisige Strecke

* 58 km eingleisige Strecke

* 46 km Bahnhofsgleise

* 687 Weichen

* 99 Brücken

* 7 Tunnel

* 40 Bahnhöfe und Haltepunkte mit circa 110 Bauwerken

Alle brauchbaren Lokomotiven und Waggons aus dem gesamten Eifelbereich waren bis Mayen und weiter östlich des Rheins abgefahren worden.

Ende Februar erging die Aufforderung, alle noch betriebsfähigen Loks über den Rhein zu evakuieren. Reichsbahnrat Piepenbrink (Leiter des Maschinenamts Gerolstein) widersetzte sich dem Befehl; die Gerolsteiner und Mayener Loks wurden nur bis zum Pol-cher Tunnel zurückgefahren. Auch dem Befehl, das Betriebswerk Mayen zu sprengen, wurde nicht Folge geleistet, was sich später positiv für den Wiederaufbau der Eifeler Eisenbahn auswirkte. Als im März 1945 die Amerikaner in Mayen einrückten, war dies das offizielle Ende des Reichsbahnbetriebs in der Eifel.

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Übersichtskarte der Eisbahndirektion Saarbrücken

Wiederaufbau der Bahnstrecke Mayen - Gerolstein

Am 20.3.1945 wurde die erste Lok in Mayen wieder aufgegleist und unter Dampf gesetzt. Damit begann auch für den Kreis Daun der Wiederaufbau der Bahn. Eine in Ho-henfels beschädigt stehen gebliebene Dampflok wurde repariert und übernahm erste Fahrdienste für die Bahnbaustellen.

Als Ende 1945 der Mayener Viadukt wieder hergestellt war, konnte der Personenzugverkehr abschnittsweise bis Daun, Dockweiler, Hohenfels und bis zum Behelfshaltepunkt „Kyllbrücke" bei Pelm aufgenommen werden. In Daun wurde eine Lokstation eingerichtet und elektrisches Licht nach „Pelm Kyllbrücke" verlegt, wo bis zu 80 Mann am Wiederaufbau der zerstörten Kyllbrücke eingesetzt waren. Am 26.8.1945 erreichte die erste Zugfahrt von Mayen aus Gerolstein und drei Tage später erfolgte die offizielle Einweihung der Brücke.

Wiederaufbau der Eifelstrecke Köln - Trier

Mitte Mai 1945 begannen die Aufräumarbeiten im Gerol-steiner Bahnhof; vorher hatte dies die amerikanische Besatzung verboten. Die Eisenbahner brachten eigenes sowie von Baufirmen geliehenes Werkzeug zur Arbeit mit. Zu deren Versorgung wurden eine Gemeinschaftsküche und eine eigene Schuhmacher-Werkstatt eingerichtet. Im August war die Strecke zwischen Oberbettingen und Birresborn bereits notdürftig repariert und die ersten Fernsprechleitungen funktionierten wieder.

Auch ungewöhnliche Arbeiten waren zu verrichten; so hatten Arbeiter des Betriebswerkes Gerolstein von Juni 46 bis Mai 47 für die französische Besatzung einen Holzeinschlag vorzunehmen. Bis zum Dezember 1947 war die Eifelstrecke in vielen kleinen Einzelabschnitten wieder eröffnet und durchgängig befahrbar.

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Nicht nur die Eifelstrecke Köln-Trier, auch die Westeifelbahn nach Prüm war bis 1945 zweigleisig. Nach der Sprenung wurden an der Brücke beim Rasbach in Gerolstein nur noch die Richtungsgleise nach Trier und Prüm wieder aufgebaut. Von den beiden anderen Gleisen bleiben nur die Widerlager stehen.

Wiederaufbau im Bereich der Westeifel

Die Westeifelstrecken von Gerolstein Richtung Prüm gehörten mit zu den Abschnitten, die am stärksten zerstört worden waren. Im April 1946 wurde zunächst eine Omnibusverbindung von Gerolstein nach Prüm beziehungsweise über Waxweiler nach Neuerburg aufgenommen. Der Beginn des Wiederaufbaus ab Jünkerath erfolgte erst ab dem Sommer 1947, gleichzeitig von Jünkerath und Losheim her mittels eines Gleisbauzugs aus Belgien. Am 08.12.1947 ging die Strecke Jünkerath - Losheim wieder in Betrieb. Im Mai 1948 begann schließlich der Wiederaufbau der Verbindung Gerolstein -Prüm, wo unter anderem dreizehn Brücken zerstört waren. Hier fuhr der erste Zug nach einer feierlichen Zeremonie am 22.11.1948, ab 1949 bis Belgien, ab 1950 bis Waxweiler und ab 1952 auch wieder bis Neuerburg.

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Moderner „Talent-Triebwagen" vor nicht wieder aufgebautem 2. Brückengleis in Oberbettingen

Wiederaufbau der Mosel-Maare-Bahn

Kurz vor Kriegsende wurde der Dauner Viadukt zur Sprengung vorbereitet, ein Dauner Ehepaar konnte aber den von Schalkenmehren kommenden Zug mit dem Sprengkommando stoppen und zur Aufgabe bewegen. Amerikanische Soldaten entfernten die bereits gelegten Sprengladungen. Zerstört wurde jedoch der Pleiner Viadukt.

Bis 1949 gelang es, den Zugverkehr von Daun bis zur „Umsteigestelle" vor dem Pleiner Viadukt wieder aufzunehmen; ab dort mussten einige hundert Meter zu Fuß zurückgelegt werden, ehe in den Zug nach Wengerohr eingestiegen werden konnte. Der Deutsche Bundestag stellte 1951 auf Drängen der Abgeordneten der Eifelregion endlich Finanzmittel („Grenzlandkredite") für den Wiederaufbau des Pleiner Viaduktsbereit. Nach dessen Wiederherstellung war ab dem 5.12.1953 die Bahnstrecke bis Wittlich als letzte Bahnverbindung im ganzen Regierungsbezirk Trier wieder durchgehend befahrbar.

Wiederaufbau im Bereich der Ahr

Bereits Mitte Mai 1945 gelang die Wiederinbetriebnahme der oberen Ahrstrecke von Düm-pelfeld/Ahr bis Niederehe. Eine Behelfshaltestelle „Nohner Mühle" wurde eingerichtet, weil dort der Viadukt gesprengt war. Nach dessen Wiederaufbau war ab 1947 die gesamte Strecke von der Ahr über Hillesheim bis Lis-sendorf wieder hergerichtet. Nicht wieder aufgebaut wurde der Verbindungsbogen Glaadt - Niederkyll (von Losheim unter Umfahren von Jünke-rath direkt nach Blanken-heim); 1954 wurden auch die restlichen Gleisanlagen zwischen Gerolstein und Hillesheim abgebaut, da kein Wiederaufbau dieser Strecke wegen des gesprengten Viadukts in Hillesheim erfolgte. Abschließend sei noch erwähnt, dass neben dem Herrichten von Gleisanlagen, von Gebäuden und Telegrafenleitungen insgesamt rund 800 entgleiste und beschädigte Waggons im Großraum Daun / Gerolstein / Jünkerath geborgen und für den Abtransport hergerichtet wurden. Hierbei wurden in Jünkerath pro Tag circa vier Waggons mit einfachsten Mitteln wieder hergerichtet.